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Metropolis brennt

Metropolis brennt

Titel: Metropolis brennt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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ge­klei­de­te Män­ner, die mit ge­senk­ten Köp­fen ein­her­schrit­ten. Ein flüch­ti­ger Schau­er streif­te die Frau. Sie strick­te has­tig wei­ter. Man sah in letz­ter Zeit oft Pro­zes­sio­nen, und im Grun­de war es ei­ne gu­te Sa­che. Die Stadt küm­mer­te sich um ih­re Ein­woh­ner bis in den Tod. Es wur­de nie­mand mehr na­men­los ver­scharrt. Erst vor we­ni­gen Wo­chen hat­te die Frau ge­hört, daß die Stadt ei­ne Un­zahl zu­sätz­li­cher Be­am­ter ein­ge­stellt hat­te, da­mit für das wür­di­ge Be­gräb­nis ei­nes je­den Bür­gers Sor­ge ge­tra­gen wer­den konn­te. Trotz­dem frös­tel­te es sie, wenn sie die Pro­zes­sio­nen sah. Viel­leicht, daß der Tod ih­res Man­nes ihr all­zu deut­lich wie­der ins Ge­dächt­nis ge­ru­fen wur­de, viel­leicht …
    Sie wand­te sich ab und starr­te krampf­haft auf den brum­meln­den Bild­schirm. Wenn er nur schon da wä­re!
    Nach ei­ner Wei­le blick­te sie wie­der auf die Stra­ße. Jetzt muß­te der Zug ei­gent­lich vor­bei­ge­wan­dert sein. Ih­re Au­gen wei­te­ten sich, als sie ent­deck­te, daß die Pro­zes­si­on halt­ge­macht hat­te. Der lee­re, of­fe­ne Sarg lag ru­hig auf den ge­dul­di­gen Hän­den von sechs Ro­bo­tern und schi­en ihr höh­nisch zu­zu­blin­zeln. Jetzt lös­te sich aus der Rei­he der Schwarz­ge­klei­de­ten ein be­son­ders di­cker, mit pelz­ge­füt­ter­ter Ro­be be­han­ge­ner Mann und schritt wür­dig den schma­len Weg zu ih­rem Haus em­por.
    Ihr Herz setz­te für einen Schlag aus. Die al­te Frau schluck­te krampf­haft. Was woll­te der Pro­zes­si­ons­füh­rer von ihr? Nein, das war un­mög­lich. Ne­ben ihr, ne­ben … ja, jetzt er­in­ner­te sie sich. We­ni­ge Me­ter vor ih­rem Ein­gang ga­bel­te sich der Weg und führ­te zu ih­rem Nach­barn, ei­nem al­ten, kränk­li­chen Mann, der mit sei­ner Hand­voll Kat­zen so lan­ge sie den­ken konn­te das Ne­ben­haus be­wohnt hat­te. Das muß­te es sein. Der Al­te, dem schon ihr Mann we­gen sei­ner un­ge­sun­den Le­bens­wei­se einen bal­di­gen Tod pro­phe­zeit hat­te, zu der Zeit, als sie noch Freun­de ge­we­sen wa­ren – der Al­te muß­te ge­stor­ben sein. Die­se Er­kennt­nis durch­ström­te sie wie ei­ne be­frei­en­de Wo­ge.
    Sie bück­te sich und such­te ihr Strick­zeug wie­der zu­sam­men, das ihr im ers­ten Schreck zu Bo­den ge­fal­len war. In dem flau­schi­gen Tep­pich hat­ten sich die lan­gen Na­deln gut ver­steckt.
    Es klin­gel­te.
    Sie er­starr­te in ih­rer ge­bück­ten Hal­tung.
    Es klin­gel­te wie­der.
    Jetzt ras­te ihr Puls­schlag. Nein, das war kein Irr­tum mehr. Sie woll­ten zu ihr. Sie woll­ten zu ihr! Sie er­hob sich ängst­lich und späh­te aus dem Fens­ter. Er­neu­tes Klin­geln. In der Pro­zes­si­on be­gann sich Un­ru­he aus­zu­brei­ten. Selbst die Ro­bo­ter, die den Sarg tru­gen, schau­kel­ten leicht. Zu den Tod­ge­weih­ten ka­men erst die Ro­bo­ter, dach­te sie. Und: Lie­ber Gott, bit­te hilf mir. Laß es nicht … Hat­te man nicht ge­mun­kelt, daß man­cher Tod von der Stadt im In­ter­es­se al­ler an­de­ren Bür­ger ge­plant wer­de? Sie ball­te ih­re Hän­de zu Fäus­ten und grub ih­re Zäh­ne hin­ein. Klin­geln. Sie wür­de nicht auf­ma­chen. Nie­mals! Wenn er nur end­lich …
    Der Pro­zes­si­ons­füh­rer war un­ten ein paar Schrit­te zu­rück­ge­tre­ten und blick­te jetzt di­rekt in ihr Fens­ter. Schnell ver­steck­te sie sich hin­ter dem schwe­ren Vor­hang aus ro­tem Samt. Aber er hat­te sie schon ge­se­hen. Sie sah es an dem tri­um­pha­len Blit­zen in sei­nen Au­gen, der sie­ges­be­wuß­ten Be­we­gung, mit der er den Kopf her­um­warf und sein Ge­wicht ver­la­ger­te, um ih­re Tür ein­zu­ren­nen. Ih­re Ar­me zit­ter­ten und lie­ßen das Strick­zeug er­neut fal­len. Wür­den Sie sie bei le­ben­di­gem Lei­be be­gra­ben? Oder wür­de er sie …
    Ei­ne Frau mit schwar­zem Schlei­er brach aus der Pro­zes­si­on aus. Sie zog ih­ren Schlei­er zu­rück und rann­te mit blei­chem Ge­sicht zu dem Pro­zes­si­ons­füh­rer. Die al­te Frau am Fens­ter sah, daß sie auf­ge­regt auf ihn ein­re­de­te, da­bei die Stra­ße hin­un­ter deu­te­te. Schließ­lich zuck­te der Pro­zes­si­ons­füh­rer mit den Schul­tern

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