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Metropolis brennt

Metropolis brennt

Titel: Metropolis brennt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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ei­ner Ni­sche ste­hen­den Kor­ri­dor­rol­ler. Es war ei­ner von der Sor­te, die man neu­er­dings in al­len öf­fent­li­chen Ge­bäu­den ein­ge­führt hat­te, da­mit die hil­fe­su­chen­den Bür­ger die manch­mal ki­lo­me­ter­lan­gen Flu­re schnel­ler durch­que­ren konn­ten. Ge­rold such­te zwar kei­ne Hil­fe, aber er hat­te es ei­lig.
    Er griff sich das Ge­fährt und rol­ler­te durch die Dun­kel­heit, im­mer streng an der Leucht­spur auf dem Fuß­bo­den ent­lang. Er rol­ler­te schnel­ler und schnel­ler. Schweiß trat ihm auf die Stirn, er hör­te sei­nen un­re­gel­mä­ßi­gen, keu­chen­den Atem und das an- und ab­schwel­len­de, sin­gen­de Schnur­ren der klei­nen Rä­der des Rol­lers und das Klat­schen sei­ner Trit­te auf dem nack­ten Bo­den. Er trieb sei­nen Kör­per vor­wärts wie ein Be­ses­se­ner, als gel­te es, ein Ren­nen zu ge­win­nen.
    Und dann kam die Tür am En­de des Tun­nels in Sicht, die Tür mit der weit­hin leuch­ten­den Zif­fer 883. Das war die Tür, die er such­te.
    Ge­rold ließ den Rol­ler schep­pernd in ei­ne Ecke fal­len, riß die Tür auf, stürm­te in den Raum. Hin­ter ihm fiel die Tür kra­chend ins Schloß.
    Der Raum war klein, schwach be­leuch­tet und kärg­lich ein­ge­rich­tet. Ein Stuhl und ein Schreib­tisch, ein Ka­me­ra­au­ge oben im Eck, das ge­nau auf den Schreib­tisch jus­tiert war. Auf dem Schreib­tisch la­gen drei wei­ße Blatt Pa­pier und ein alt­mo­di­scher Füll­fe­der­hal­ter.
    Ge­rold setz­te sich an den Schreib­tisch, er­griff den Füll­fe­der­hal­ter und be­gann zu schrei­ben. Er fühl­te sich so ru­hig und ge­löst wie ein Mensch sich nur füh­len kann.
    Er schrieb drei Brie­fe: einen an die Par­tei, einen an die Ge­werk­schaft und einen an Mo­ni­que.
    Im ers­ten schrieb er, die Par­tei ha­be ihm und an­de­ren Men­schen nur Un­glück ge­bracht, er glau­be nicht mehr an ih­re Zie­le und wol­le des­halb ein neu­es Le­ben be­gin­nen. Sein letz­ter Satz lau­te­te: „… und dar­um er­klä­re ich hier­mit mei­nen Aus­tritt.“
    Im zwei­ten schrieb er, die Ge­werk­schaft ha­be ihm und an­de­ren Men­schen nur Un­glück ge­bracht, er glau­be nicht mehr an ih­re Zie­le und wol­le des­halb ein neu­es Le­ben be­gin­nen. Sein letz­ter Satz lau­te­te: „… und dar­um er­klä­re ich hier­mit mei­nen Aus­tritt.“
    Im drit­ten schrieb er, sie, Mo­ni­que, ha­be ihm nur Un­glück ge­bracht, er glau­be nicht mehr an die Zu­kunft ih­rer Be­zie­hung und wol­le des­halb ein neu­es Le­ben be­gin­nen. Sein letz­ter Satz lau­te­te: „… und dar­um muß ich mich von Dir tren­nen.“
    Und un­ter je­den Brief setz­te er sau­ber sei­ne Un­ter­schrift und das Da­tum: Gün­ter Ge­rold, 4. 12. 2004.
     
    „Er hat es ge­macht“, brumm­te der Mann be­frie­digt und lehn­te sich auf­at­mend in den aus­la­den­den Ses­sel zu­rück. „Fräu­lein Kör­ner, schal­ten Sie das Ding aus und las­sen Sie ihn her­kom­men. Und sei­ne Brie­fe so­fort zum Text­über­mitt­ler!“
    „Ja, Dr. Hes­se“, sag­te das Fräu­lein brav. Sie be­rühr­te einen Licht­punkt an ih­rem Steu­er­pult, und der große Wand­mo­ni­tor, der einen ein­sa­men, an ei­nem Schreib­tisch in ei­nem lee­ren Raum sit­zen­den Mann zeig­te, er­losch.
    „Der letz­te für heu­te“, sag­te Hes­se leut­se­lig. „Bin ge­spannt, wie er sich ver­hält. Nach den Ak­ten ein schwe­res Ka­li­ber.“
    „Ja, Dr. Hes­se.“
    „Kör­ner­chen, ich ha­be Sie schon tau­send­mal ge­be­ten, nicht im­mer ‚Ja, Dr. Hes­se’ zu sa­gen.“
    Kör­ner­chen schwieg. Sie tat, als ha­be sie den Vor­wurf ih­res Chefs über­hört und check­te statt des­sen die Funk­tio­nen ih­res Steu­er­pul­tes durch.
    „Sei­ne Lieb­lings­mu­sik, was war das noch mal?“
    „Ei­ne klei­ne Nacht­mu­sik, Dr. Hes­se.“
    „Wirk­lich? Klas­sisch-hu­ma­nis­ti­scher Ge­schmack so­zu­sa­gen. Hät­te ich dem gar nicht zu­ge­traut, nach den Ak­ten.“
    „Ja, Dr. Hes­se.“
    Hes­se seufz­te und fuhr sich mit ei­ner Ge­bär­de ko­mi­scher Ver­zweif­lung durch sei­ne kur­z­en grau­en Haa­re. „Al­so gut, spie­len Sie es schon mal an. Er muß ja gleich da sein. Ei­ne klei­ne Nacht­mu­sik, kaum zu fas­sen.“
    „Ja, äh …“
    Der

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