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Metropolis brennt

Metropolis brennt

Titel: Metropolis brennt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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ei­gen­sin­ni­ge Tie­re, die nie­mals mit et­was zu­frie­den sind.“
    Car­mo­dy stieg in sein Au­to ein und ließ den Mo­tor an.
    „Aber na­tür­lich“, sag­te die Stadt nach­denk­li­cher, „seid ihr auch nie un­zu­frie­den mit et­was. Die Mo­ral ist wahr­schein­lich, daß ei­ne Stadt Ge­duld ler­nen muß.“
    Car­mo­dy wen­de­te den Wa­gen in die King’s High­bridge Ga­te Road und fuhr nach Os­ten, Rich­tung New York.
    „Gu­te Rei­se!“ rief Bell­wether hin­ter ihm her. „Und ma­chen Sie sich mei­net­we­gen kei­ne Sor­gen. Ich wer­de auf Sie war­ten.“
    Car­mo­dy wünsch­te sich wirk­lich sehr, er hät­te die­se letz­te Be­mer­kung nicht ge­hört.

 
Horst-Günter Rubahn
Die Pro­zes­si­on
     
    Sie leg­te das Strick­zeug für einen Mo­ment bei­sei­te und sah auf ih­re Fin­ger hin­ab, die fal­tig und vol­ler Le­ber­fle­cken wa­ren, ge­zeich­net durch ein lan­ges Le­ben vol­ler Ar­beit und Mü­hen. Ih­re Mund­win­kel zuck­ten leicht, als sie ih­re Bril­le flüch­tig putz­te und durch das ho­he Fens­ter­kreuz auf die Stra­ße hin­aus­blick­te. Ein mor­gend­lich lee­res, grau­es Be­ton­band schlän­gel­te sich vor ocker­far­be­nen Hoch­häu­sern ent­lang, die ihr Blick­feld auf die nächs­ten drei­ßig Me­ter ein­grenz­ten. Un­ten, auf dem schma­len Bür­ger­steig, ent­deck­te sie ein Kind, das mit ei­nem rot­weiß ge­punk­te­ten Ball spiel­te. Der Ball prall­te auf, wur­de von der har­ten Ober­flä­che zu­rück­ge­schleu­dert und ver­schwand in ei­ner ecki­gen Tor­ein­fahrt. Das Kind rann­te ihm hin­ter­her.
    Die Fin­ger der al­ten Frau nah­men ih­re Hand­ar­beit wie­der auf. Fast an­dert­halb Me­ter moch­te der grün­blaue Schal jetzt lang sein, den sie strick­ten, und in ein paar Ta­gen wür­de er fer­tig sein. Er wür­de zu all den an­de­ren Schals und Hand­schu­hen und Pull­overn wan­dern, in einen knor­ri­gen, al­ten Ei­chen­schrank, in dem sie die Sa­chen auf­zu­be­wah­ren pfleg­te, die sie für ih­ren vor lan­gen Jah­ren ver­stor­be­nen Mann an­fer­tig­te. Der Ge­dan­ke an ih­ren Mann ließ sie seuf­zen.
    Auf der ge­gen­über­lie­gen­den Sei­te des Zim­mers er­hell­te sich pünkt­lich zu den Neun-Uhr-Mel­dun­gen die Bild­schirm­wand. Bun­te Bil­der­ket­ten flim­mer­ten zwi­schen zwei ehr­wür­di­gen Stuck-En­geln und an ei­ner dun­kel­brau­nen Glas­kom­mo­de vor­bei. Die da­zu­ge­hö­ri­ge Stim­me drang mur­melnd in die Oh­ren der al­ten Frau. „… hat un­se­re Sta­ti­on auf Ga­ny­med end­lich die La­ger ge­fro­re­nen Sau­er­stoffs ent­deckt“, er­klär­te sie ge­ra­de, um sich gleich dar­auf in mi­nu­ten­lan­gen Lob­prei­sun­gen des Wun­ders christ­li­cher Raum­fahrt zu er­ge­hen. „Man kann“, sag­te die Stim­me, „nicht oft ge­nug dar­an er­in­nern, daß all un­se­re Raum­fahr­ter­fol­ge, aber auch der Wohl­stand und die Si­cher­heit, die wir hier auf der Er­de ge­nie­ßen, letz­ten En­des auf die er­folg­rei­che Nut­zung der Kern­fu­si­on zu­rück­ge­hen. Es scheint un­glaub­lich, daß es noch vor we­ni­gen Jahr­zehn­ten Krei­se auf der Er­de gab, die der Kern­fu­si­on kei­ne Chan­ce …“ Die al­te Frau blick­te wie­der aus dem Fens­ter hin­aus, wäh­rend das Mur­meln hin­ter ihr zu ei­nem un­ver­ständ­li­chen Wort- und Satz­ge­men­ge wur­de.
    Je­den Mo­ment muß­te er jetzt kom­men, dach­te sie, und die­se paar Stun­den, die­se kur­z­en paar Stun­den in der end­los lan­gen Wo­che wür­den viel zu schnell vor­bei­ge­hen. Sie warf einen flüch­ti­gen Sei­ten­blick auf das klei­ne Päck­chen, das auf ei­nem nied­ri­gen Tisch­chen un­ter dem Fens­ter stand. Das leb­haf­te, gel­be Ge­schenk­pa­pier leuch­te­te, die ro­te Schlei­fe wieg­te sich fröh­lich. Es war nicht leicht ge­we­sen, das Ge­schenk­pa­pier zu er­hal­ten. Da­für war heu­te kein Be­darf mehr vor­han­den.
    Aber er wür­de sich freu­en, dach­te sie. Der net­te jun­ge Mann, der sie ein­mal in der Wo­che auf­such­te, um mit ihr ein we­nig auf sei­ne freund­li­che Art zu plau­dern, er wür­de sich freu­en. Sie war ganz si­cher. Er ver­stand sie.
    Auf der Stra­ße tauch­te der Be­ginn ei­nes Pro­zes­si­ons­zu­ges auf, drei dun­kel

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