Metropolis brennt
Schwärze.
Dann tauchte irgendwo weit über ihm ein überdimensionaler Topf auf, der sich wie von unsichtbarer Hand bewegt langsam nach vorn senkte. Erst fielen nur Tropfen des Inhalts über den Rand des Topfes, dann aber ergoß sich sein Inneres wie eine Flut über ihn. Als er spürte, was ihn da ertränken wollte, versuchte er zu schreien, aber kein Laut löste sich aus seiner Kehle.
Es war Spinat. Ekelhafter, stinkender, giftgrüner Spinat. Er haßte nichts auf der Welt mehr als Spinat.
Er war froh, als die Schwärze, in die er fiel, schließlich ganz von ihm Besitz ergriff und den Schmerz und den Ekel von ihm nahm.
… irgendwann hörte er wieder die Stimme, meilenweit entfernt.
Aber was die Stimme sagte, war gut und richtig.
Das blaue Licht tauchte wieder vor seinen Augen auf, es war jetzt groß geworden wie eine Kinoleinwand und strahlte eine intensive Wärme aus, wie die Sonne im Zenit. Gesichter erschienen, aber er kannte sie nicht mehr. Er schwebte über ruhigem Wasser und dachte: Wie schön doch die Welt ist.
Nichts quälte ihn mehr, er war ein Teil der Dinge, und die Dinge waren ein Teil von ihm. Er war glücklich. Die Stimme sprach immer noch zu ihm, und er empfand sie als beruhigend, schön und kraftvoll.
Alles, was die Stimme sagte, war gut und richtig.
Sie sagte etwas von einer Tür und einer Ziffer, und das war ein Befehl: Ziffer 883.
Der Flur draußen, der sich zu beiden Seiten endlos lang hinzog, war menschenleer und dunkel. Lediglich die Lichtspur auf dem nackten Steinfußboden zeigte den Weg. Aber Gerold benötigte diese Orientierungshilfe nicht, er wußte auch so, wohin er zu gehen hatte. Er verspürte eine starke innere Unruhe, irgend etwas Wichtiges war zu tun, und zwar hier und jetzt. Wie ein Roboter setzte er einen Fuß vor den anderen. Das leise Echo seiner Schritte brach sich an den kahlen Wänden des schmalen Ganges, doch Gerold hörte das nicht. Statt dessen glaubte er eine Art innere Stimme zu hören, die ihm befahl, auf dem schnellsten Weg dorthin zu gehen, wohin ihn seine Füße auf unerklärliche Weise trugen. Er hielt vor einem hellerleuchteten Fahrstuhl an, dessen stählerne Türen offenstanden, als hätte er nur auf ihn gewartet. Er drückte den obersten Knopf und wartete, bis sich die Türen fauchend schlossen. Seine Unruhe wuchs noch mehr, als der Fahrstuhl unterwegs angehalten wurde.
Ein älterer, kleiner Mann in einem schmuddeligen Overall trat aus dem Dunkel in das helle Licht des Fahrstuhls.
„Oberster Stock?“ fragte er.
„Ja“, bestätigte Gerold, „oberster Stock.“
Der Mann stellte sich neben Gerold und zündete sich umständlich und nervös eine Zigarette an. Eine Zeitlang schwiegen sie.
„Ich bin auf der Straße zusammengebrochen“, sagte der Mann plötzlich übergangslos. „Komme vom Bau und breche auf der Straße zusammen. Stellen Sie sich das mal vor! Letzte Woche war ich noch beim Arzt, da war ich noch kerngesund.“
„Ich bin auch auf der Straße zusammengebrochen“, sagte Gerold.
„Ach was“, erwiderte der Mann erstaunt.
Damit war das Gespräch beendet. Gerold hatte keine Lust, sich weiter zu unterhalten und der Arbeiter offensichtlich auch nicht. In Gedanken zählte Gerold die Sekunden, denn er wollte raus aus diesem fahrenden Käfig, der sich viel zu langsam fortbewegte. Als er bei neun angelangt war, stoppte der Fahrstuhl und gab den Weg frei in einen Flur, der sich in nichts von dem unterschied, von dem aus er seinen Weg durch das Gebäude angetreten hatte.
Der Arbeiter verschwand wortlos nach rechts, und bald hatte die Dunkelheit die Umrisse seiner kleinen, gedrungenen Gestalt verschluckt. Nur noch seine hektischen, trippelnden Schritte verrieten seine Anwesenheit.
Gerold wandte sich nach links und stieß auf einen in
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