Metropolis brennt
die wir gerne näher untersuchen möchten.“
„Welche Art von Unregelmäßigkeiten?“ fragte Gordell. Die Schwäche in seinen Beinen wurde unvermittelt manifest; sie gaben unter ihm nach, und die Männer trugen ihn wie eine Puppe zu einem Stuhl.
Er stand unter einer Batterie verstellbarer Lampen und trug eine Reihe zusätzlicher Armaturen.
Sie nötigten Gordell, sich hinzusetzen.
Aus den Seitenlehnen des hochbeinigen Stuhles schoben sich plastikgepolsterte Stahlbänder, die sich um seine Handgelenke schlossen. Dann spürte er, wie der Schweigsame sich an seinen Knöcheln und später am Hals zu schaffen machte.
„Ich sagte Ihnen schon, daß wir nicht wissen, was mit Ihnen los ist“, sagte der andere, „aber wir werden es schon herausbekommen. Verhalten Sie sich ruhig, dann überstehen Sie es schneller. Wir benachrichtigen dann Ihr Original; er wird Sie abholen.“
Gordell begriff, daß seine Audienz damit beendet war; der Trost, den er bisher aus der Tatsache geschöpft hatte, daß man überhaupt mit ihm sprach, entfiel ab jetzt.
Aus der Kopfstütze des Stuhles entfalteten sich zwei schalenförmige Auswüchse, die sich eng an seine Ohren legten und seinen Kopf fixierten.
Die Männer standen in seinem Blickfeld; er sah, wie sie die Lippen bewegten, konnte aber nichts verstehen. Nach kurzer Unterhaltung – die eine Art Absprache zu sein schien – ging der Schweigsame zu einem Schaltkasten an der Wand, aus dem einige Hebel und Knöpfe ragten, und machte etwas mit ihnen.
Im nächsten Augenblick hörte Gordell Musik – ein wuchtiges Orgelstück, das zu Beginn unerträglich laut dröhnte, aber sofort auf einen fast normalen Pegel heruntergeregelt wurde.
Der Schweigsame verließ die Stereoanlage und ging zu einer der Vitrinen. Gordell strengte sich an, um zu sehen, was er ihr entnahm, aber es gelang ihm nicht.
Erst als der Mann direkt vor ihm stand, erkannte er ein Skalpell in seiner Hand.
Sein Peiniger senkte das Werkzeug, und Gordell verlor es erneut aus den Augen.
Sein Hemd wurde aufgeknöpft, und er spürte eine kühle, seidige Berührung an seinem Oberbauch.
„Was machen Sie denn mit mir?“ fragte er außer sich. Aber er konnte sich selbst nicht hören, und keiner der beiden gab zu erkennen, ob er ihn verstanden hatte.
Ein Streicheln über seine Bauchhaut und etwas Warmes, das darüber rann, ließ seinen Körper sich aufbäumen und sofort danach erstarren; in tödlichem Entsetzen erfaßte er, daß man ihm den Bauch aufgeschnitten hatte.
Die Orgel wiederholte ihr Thema in Form einer Spiegelfuge.
Gordell hatte keine Schmerzen, aber er spürte, wie seine Bauchdecke einer Tasche gleich auseinanderklaffte und Finger sich in seinem Magen bewegten.
Dort war etwas – eckig und kalt …
3
„Du erwartest im Ernst von mir“, sagte Larkos und stellte das Glas Rose auf den Tisch zurück, „daß ich wieder anfange, wie ein Kind mit dir zu spielen?“
In diesem Moment ging die Tür des Séparées auf, Mr. Minopoulos trat ein, gefolgt von einem befrackten Kellner, der zwei mächtige Tabletts auf den Händen balancierte und triumphierend lächelte.
Der Angestellte setzte seine Last geschickt auf dem Tisch ab, während der Wirt einem Wandschrank Teller und Bestecke entnahm.
„Selbst wenn ich dazu bereit wäre“, fuhr Larkos fort und verfolgte zerstreut die Vorbereitungen, die um sie her getroffen wurden, „müßte ich meinen inzwischen angesammelten Erfahrungen Rechnung tragen. Sie haben zu einem wesentlich komplexeren Weltbild geführt, als ich es damals hatte. Du selbst wirst von dieser Entwicklung ja auch nicht verschont geblieben sein.
Schon aus diesem Grund kann ich unsere kindliche Spieltradition nicht so ohne weiteres wieder aufnehmen – die im übrigen fast zwanzig Jahre zurückliegt. Und meine letzte psychologische Einzelberatung liegt auch schon über vier Jahre zurück.“
„Dann wirst du nichts verlernt haben, und ich bitte dich hiermit offiziell, meinen Fall zu übernehmen.“
Die Teller waren inzwischen gefüllt, der Kellner hatte den Raum schon verlassen, und Mr. Minopoulos trat an den Tisch. Er verbeugte sich lächelnd und sagte: „Das Mahl der Herren beinhaltet eine kleine Aufmerksamkeit des Hauses. Sie gehört Ihnen, falls Sie werden fündig. Ich wünsche Ihnen gesegneten Appetit.“
Er verbeugte sich erneut und verließ das Séparée.
„Also gut“, sagte Larkos und nahm sein Besteck in die Hände, „da ich dich nicht für einen akuten Psychotiker halte, kannst
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