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Metropolis brennt

Metropolis brennt

Titel: Metropolis brennt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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Schwerbrüstige Astronautengattinnen, die längst schon der Treue abgeschworen haben und wahllos mit jedem Pinkel von den Hängen schlafen, um die Wartezeit bis zur Überweisung der Witwenrente zu überbrücken. Kein Wunder, daß unsere tapferen Raumfahrer reihenweise den kühlen Kopf verlieren und unflätige Funksprüche zur Erde senden.
    Zelter hat Tods Bierfaß erreicht und bleibt stehen. Mehrmals schnieft er gegen S.S. Winters allabendlichen Kommentar an, holt ein eselsohriges Pin-up-Foto aus der Gesäßtasche seiner zerfledderten Hose hervor und starrt die knackige Blondine knappe fünf Sekunden mit einem schweinischen Grinsen an.
    „Ich hab’ Lust, ’ne Pinkel-Schnalle aufzureißen“, erklärt Zelter ungefragt. „Eine, die nach Dr. Knöters Moschusdeo duftet und die sogar ihr Frühstücksei nur mit Mineralwasser kocht. Eine richtig dralle Pinkel-Schnalle von geradem Wuchs und mit anständigen Manieren. Eine, die selbst bei der Morgentoilette schamhaft den wohlfrisierten Kopf abwendet und Bumsen für ein chinesisches Tiefkühlgericht hält.“
    Was für ein Scheiß, denkt Pike angewidert. Von solcher Art sind die Gespräche, die einen normalen Menschen in den Wahnsinn treiben.
     
    Das Barometer zeigt ein Zehntel Mikrobar an. Es ist finster, und die dünne Schwefeldioxid-Atmosphäre läßt sich noch immer nicht ohne schwerwiegende Folgen für die Gesundheit atmen. Wie seit sechseinhalb Monaten brodeln Gase und Flammen aus dem Krater des Kaiser-Wilhelm-Vulkans. Schwefelschmelze strömt dunkel die Hänge hinab. Die Temperatur liegt bei minus einhundertneunundsiebzig Grad Celsius.
    „Die Kälte ist unser größter Feind, ihr dickärschigen Affen dort unten“, sagt der Astrogeologe vorwurfsvoll in das Mikrofon des Funkgerätes. „Es besteht die Gefahr, daß wir allein wegen dieser verdammten Kälte nicht nur den Verstand, sondern auch das Leben verlieren. Heute morgen verzehrten wir die letzten Eierwaffeln. Begreift ihr unsere Lage jetzt? Die Raumfahrtbehörde ist ein einziger Sauhaufen. Vermutlich werden unsere Anforderungslisten direkt an irgendeinen Altpapierhändler verhökert. Das Wartungspersonal sieht seit zwei Wochen nur noch die russischen Propagandasendungen, die von Ganymed ausgestrahlt werden. Der Tod des Kommandeurs hat der Disziplin endgültig den Rest gegeben. Hört ihr mich? Die Chemiker haben sich in den Laboratorien eingeschlossen und stellen illegale Drogen her.“
    Der Astronom gibt einen obszönen Fluch von sich. „Das beeindruckt diese Wichser nicht im mindesten. Selbst wenn wir die ekelhaftesten Auswüchse pedantisch auflisten und zur Erde funken würden – die Bürohengste wischen sich damit nicht einmal den Arsch ab.“
    „Ein weiteres Schweigen“, droht der Astrogeologe in das Mikrofon hinein, „wird auf Io nur zu einer weiteren Radikalisierung führen. Wer übernimmt dafür die Verantwortung? Der Direktor der Raumfahrtbehörde? Der Verteidigungsminister? Vielleicht der Kanzler selbst? Gott?“
    „Diese Bastarde“, sagt der Astronom finster, „hocken doch jetzt in ihrem garantiert atombombensicheren Bunker und lassen sich von ihren Sekretärinnen die Hoden massieren. Jesus Christus, ich kann es mir direkt vorstellen.“
    Natürlich steht der Astronom unter Drogen.
    In der Station auf Io ist nur noch der Astrogeologe nüchtern. Allerdings läßt seine Sehkraft immer mehr nach. Das Bad mit dem defekten Raumanzug im nahen Schwefelozean ist ihm erwartungsgemäß nicht bekommen, und er muß immer den Kopf drehen, wenn der Astronom vor sich hin brabbelt, denn auf dem linken Ohr ist er taub.
    Die Lage der schneidigen jungen Männer von Io ist tatsächlich prekär.
     
    „Und wenn ich keine Pinkel-Schnalle krieg“, murmelt Zelter, „wenn keine freiwillig ihrem Pinkel-Kerl abschwört, dann krall ich mir eine mit Gewalt.“
    Zelter ist alt und dünn und kleinwüchsig. Pike kichert bei dem Gedanken, wie eine der Pinkel-Schnallen ihm mit der Handtasche den Schädel einschlägt.
    „Ein völlig abwegiger Gedanke“, sagt Tod. Er hustet, füllt Schnaps aus dem Kanister in die Konservenbüchse, die ihm als Trinkbecher dient, und nimmt einen kräftigen Schluck. Zelter ignoriert das Video. Er weiß, daß es keine Riechsensos besitzt.
    „Völlig abwegig“, wiederholt Tod. „Kein Pinkel wagt sich ohne militärischen Begleitschutz hinunter ins Tal und eine Pinkel-Schnalle schon gar nicht. Die hocken doch alle hinter der Mauer, trinken diätgesüßten Tee und gegen Abend ein Gläschen

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