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Mettwurst ist kein Smoothie

Mettwurst ist kein Smoothie

Titel: Mettwurst ist kein Smoothie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Barth
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ist.»
    «Was liest du denn da eigentlich?»
    Stefan zeigte mir den Buchtitel: «
Die Tierwelt Kanadas
. Hat mir die Reichardt mitgegeben.»
    Diese hinterhältige Kuh, dachte ich. Jetzt versucht sie schon meinen Freund gegen mich auszuspielen.
    Ich wollte das Thema möglichst schnell abhaken und sagte nur: «Alles klar. Nicht hupen, ich merk’s mir.»
    Aber Stefan war noch nicht fertig. «Leider steht hier nicht, was man stattdessen tun soll.»
    «Wie bitte?»
    «Na ja, wenn man nicht hupen darf, was soll man denn sonst machen?»
    «Vielleicht mit der flachen Hand auf die Nase schlagen?»
    Stefan schaute mich stumm an.
    Dann vertiefte er sich kommentarlos in sein Buch. Als ich gerade wieder wegnicken wollte, sagte er: «Und wir sollten uns so ein Glöckchen kaufen.»
    «Ein was?»
    «Ein Glöckchen fürs Hosenbein. Wegen der Bären.»
    Ich verstand noch immer nicht.
    Stefan erklärte: «Hier steht: Wenn man sich Glöckchen an die Hosen macht, hören die Bären das und hauen ab.»
    Ich musste lachen. «Und woher wissen die Bären, dass sie abhauen sollen? Die haben das Buch schließlich nicht gelesen. Vielleicht machen sie genau das Gegenteil! Vielleicht sind sie so neugierig wie die Rentiere und kommen extra aus dem Wald raus, um zu gucken, wer da bimmelt! Oder sie rennen uns mit Kleingeld entgegen, weil sie glauben, der Eismann kommt!»
    Stefan verdrehte die Augen.
    Ich ruderte etwas zurück. «Reicht es nicht vielleicht, wenn wir uns einfach laut unterhalten? Oder was singen?»
    «Was willst du denn singen?»
    «Was weiß ich, irgendwas Lustiges von früher, ausm Zeltlager … ‹Negeraufstand ist in Kuba›, oder in der Art. Macht man doch so beim Wandern.»
    «Genau», nickte Stefan. «Zwei glatzköpfige Deutsche ziehen durch den kanadischen Wald und singen rassistische Lieder. Da stehen die Kanadier drauf.»
    Diesmal hatte wohl ich unsere Frisuren vergessen.
    «Ich kann auch ‹Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad›», versuchte ich es kleinlaut.
    Stefan schüttelte den Kopf. «Ich kauf mir ein Glöckchen.»
     
    Um den Urlaubsfrieden zu wahren, habe ich mir natürlich auch ein Glöckchen besorgt. Und sogar getragen. Zwei Wochen lang wanderten wir damit durch die Wälder und bimmelten wie die Weihnachtsschlitten. Tiere haben wir nicht gesehen. Keine Bären, keine Pumas, keine Rentiere. Nicht mal rote, grüne oder blaue Vögel. Sogar die haben wir weggebimmelt.
    Das war er – mein persönlicher Urlaubs-Totalausfall.
     
    Das heißt – er wäre es fast geworden. Denn nach unserer letzten Wanderung, als wir gerade im Auto saßen und nach Vancouver zurückfuhren, ist etwas passiert. Genau in dem Moment, als Stefan meinte, es wäre doch fast ein bisschen schade, dass wir so gar kein wildes Tier gesehen hätten. Und als ich überlegte, ob ich mein Hosenbeinglöckchen vielleicht Frau Reichardt an die Stirn tackern soll. Genau da sahen wir ihn: den Bären. Unseren Bären. Er saß einfach so am Straßenrand und fischte Krümel aus einer weggeworfenen Chipstüte. Als hätte er auf uns gewartet. Es war ein Moment, der mir noch immer nur in Zeitlupe in Erinnerung ist: Stefans offener Mund, mein Finger an der Fensterscheibe, der Bär, die Krümel. Ein Moment vollkommener Stille und Harmonie. Zumindest, bis mir der entgegenkommende Truck mittels Hupe verdeutlichte, ich solle bei aller Begeisterung doch besser auf meiner Seite der Straße bleiben.
     
    Als der Truck vorbei war, schaute ich noch mal in den Rückspiegel. Und ich schwöre: Der Bär blickte uns hinterher. Er guckte und hob sogar eine Tatze. Als wollte er uns etwas hinterherrufen. Vermutlich: «Entschuldigung … habt ihr den Eismann gesehen?»

[zur Inhaltsübersicht]
    Respekt
    Am Strand.
    Ein zirka vierjähriges Kind rennt zu seinem Vater, der einige Meter neben mir liegt, und brüllt aus voller Kehle: «Papa, Papa, du musst unbedingt mitkommen! Da drüben liegt etwas, so was habe ich noch NIE in meinem ganzen Leben gesehen!»
    Der Vater richtet sich interessiert auf und fragt seinen Sohn: «Okay. Was ist es denn?»
    Der Junge kann vor Aufregung kaum sprechen. «Ich bin mir nicht sicher, aber es sieht ein bisschen aus wie ein …»
    Er ringt nach Worten: «… wie ein …»
    Dann reißt er die Augen auf und ergänzt: «Wie ein … Stock!»
     
    Kurze Pause. Der Mann schaut sein Kind an und scheint zu überlegen, was er antworten soll.
    Dann steht er auf, nimmt den Jungen an der Hand, geht mit ihm los und sagt: «Na, dann schauen wir uns das mal

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