Mettwurst ist kein Smoothie
gut!») oder ihn einfach aus dem Bild scheucht («Wolltest du uns nicht einen leckeren Wein zum Essen aussuchen? Hol den doch mal. Aber nicht hetzen!»). Der Moritz merkt das trotz aller Dödeligkeit irgendwann (zum Beispiel, wenn ihm auffällt, dass für das gesamte Essen keine zerdrückten Koriandersamen benötigt werden) und versucht, doch noch einen Beitrag zu leisten. Dann streut er völlig sinnlos Koriander in Martinas Bolognese oder schüttet literweise Dornfelder ins Gulasch, und der Schrei, den Martina dann loslässt, holt auch den letzten Schwarzwaldkauz aus seiner Asthöhle.
Stefan und ich sind nicht so. Noch nicht. Aber es war höchste Zeit, ein paar präventive Maßnahmen zu ergreifen.
Als ich kürzlich mal wieder eine durch und durch gut gemeinte Bemerkung zu seiner Pastasauce absonderte («Ui, da kommt aber viel Sahne rein, was?» – sagen Sie nichts, ich schäme mich ja selbst), hat Stefan drei neue Regeln aufgestellt, die ich gerne weitergeben möchte.
Erstens: Wenn wir gemeinsam kochen, kümmert sich jeder um einen Gang und NUR um diesen Gang.
Zweitens: Niemand kommentiert die Kochkünste des anderen.
Drittens: Wer gegen Punkt 1 oder 2 verstößt, wird in den nächsten Zug in den Südschwarzwald gesteckt und muss zwei Wochen in Moritz’ Dornfelder-Keller mit der bloßen Hand Koriandersamen zerdrücken.
Ich habe sofort zugestimmt. Ich weiß zwar, dass das schwierig wird, aber ich weiß auch, dass Stefan recht hat. Wenn wir uns an diese Regeln halten, sage ich uns und unserer Beziehung ein langes Leben voraus.
Es sei denn natürlich, Stefans unfassbar fette Pastasauce bringt uns vorher noch ins Grab.
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Sidewalk Rage
Gott sei Dank, die Amis haben ein neues Psychoproblem! Ich dachte schon, nachdem mittlerweile jeder zweite Vierjährige in den Staaten sediert wird, weil er unter ADHS leidet (die Krankheit, die früher «Lebhaftes Kind» hieß), und allen über Vierjährigen ein Burnout attestiert wird, gingen den US -Psychologen allmählich die Ideen aus. Aber nix da, so sind sie die Amis: Zack, wurde ein neues Problem erfunden und auch direkt benannt: «Sidewalk Rage» – auf Deutsch in etwa: Gehsteig-Wut.
Wer es nicht glaubt, kann gerne im Internet recherchieren, das ist voll mit Blog-Beiträgen darüber. Und wir wissen alle: Wenn irgendjemand Ahnung vom Leben hat, dann sind’s ja wohl die Blogger.
Sidewalk Rage, das ist das Gehweg-Pendant zum Verkehrsrowdy: Leute, die aggressiv werden, wenn Mitfußgänger ihnen zu langsam, zu schnell oder einfach zu doof vor den Füßen herumlaufen. Einige werden jetzt wahrscheinlich schon schreien: «Ha, das hab ich auch!» Aber seien Sie vorsichtig mit solchen Äußerungen, sonst schnippt ihnen schon der erste US -Psychiater eine Ritalin-Pille in den offenen Mund. Beantworten Sie lieber erst die Fragen im Internet, mit deren Hilfe man die Krankheit angeblich zweifelsfrei diagnostizieren kann. Zum Beispiel: «Haben Sie abschätzige Gedanken über andere Fußgänger?» Oder: «Weigern Sie sich, Passanten auszuweichen?» Oder: «Schnauzen Sie andere Fußgänger häufig an?» (Wo ich das gerade so schreibe – kann es sein, dass Sidewalk Rage nicht in Amerika erfunden wurde, sondern in München? Das entspricht jedenfalls alles meinen Erfahrungen bei einem Samstagsspaziergang durch die «Weltstadt mit Herz».)
Übrigens ist auch eine Mitgliedschaft in der Facebook-Gruppe «I Secretly Want to Punch Slow Walking Poeple in The Back Of The Head» ein ganz guter Hinweis darauf, dass Sie nicht gerade ein Gehweg-Gandhi sind. Oder wenn Sie generell nur noch mit einer Taschenlampe durch die Fußgängerzone laufen, um hinter langsam gehenden Passanten eine Lichthupe zu imitieren. Und falls Sie schon mal zu einem japanischen Touristen gegangen sind, der mit einer Straßenkarte in der Hand auf dem Gehweg stand, und ihn gefragt haben: «Entschuldigung, kann ich Ihnen vielleicht auf die Nase schlagen?» – na, dann aber ab in die Selbsthilfegruppe!
Aber wie kriegt man Sidewalk Rage in den Griff? Eigentlich haben die Amerikaner ja zwei universelle Problemlösungsstrategien: Krieg führen oder Pillen draufschütten. Da die Pillen aber schon alle von den Vierjährigen geschluckt werden und die meisten Panzer nicht auf einen Bürgersteig passen, muss man sich beim Sidewalk Rage etwas anderes einfallen lassen. Amerikanische Experten haben sich deshalb eingehend mit dem Problem beschäftigt und nach jahrelanger Forschung nun die
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