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Meuterei auf der Elsinore

Meuterei auf der Elsinore

Titel: Meuterei auf der Elsinore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack London
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setze zehn Pfund gegen fünf, daß wir in einer Woche noch nicht um das Kap herum sind, zwanzig Pfund gegen fünf, daß wir heute in vierzehn Tagen noch nicht den fünfzigsten Grad im Pazifik erreicht haben.«
    Kapitän West hatte sich wieder mit seiner Zigarre in den Klubsessel gesetzt. Er verlor überhaupt kein Wort über die Sache, obgleich Margaret und ich strahlender Laune waren und während der ganzen Plattfußwache Duette sangen.

    Heute morgen lag Kap Hoorn mehr als sechs Meilen nördlich von uns. Wir waren also da, waren an der gefährlichen Stelle und eilten weiter nach Westen.
    »Was kostet der Tabak heute?« neckte ich Mellaire.
    »Der Preis steigt«, gab er zurück. »Ich möchte tausend Wetten von der Sorte laufen haben.«
    Ich sah mir den Himmel an, konnte aber nichts finden, was seine Bemerkung irgendwie begründete. Das Wetter war einwandfrei.
    Auf der Kampanje traf ich Pike. Als Gruß ließ er nur ein Grunzen hören.
    »Es geht ja herrlich vorwärts«, wagte ich fröhlich zu bemerken.
    Er antwortete nicht, sondern starrte mit einem Ausdruck, der noch säuerlicher als sonst war, auf den grauen Himmel im Südwesten. Dann knurrte er: »Es zieht auf. Können Sie nicht sehen?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Warum, glauben Sie denn, holen wir die Fetzen ein?« knurrte er.
    Ich blickte hinauf. Die Obersegel waren bereits eingeholt; jetzt kam die Reihe an die Reuel. Die Bramrahen wurden heruntergenommen, während Geitaue und Gordingen die Segel blähen ließen. Dabei erschien es mir, als ob die nördliche Kühlte uns jetzt noch günstiger wäre als bisher.
    »Der Teufel soll mich holen, wenn ich etwas merken kann«, sagte ich.
    »Dann gucken Sie sich mal das Barometer an«, grunzte er, drehte sich um und entfernte sich.
    Im Kartenraum zog Kapitän West sich schon die Seestiefel an, das allein hätte mir mehr sagen können als das Barometer, wenn das auch beredt genug war. Letzte Nacht hatte es auf 30,10 gestanden, jetzt zeigte es 28,64. Nicht einmal während des Pamperos war es so tief gefallen.
    »Das übliche Kap-Hoorn-Programm«, meinte Kapitän West lächelnd, während er die Hand nach seinem Ölrock ausstreckte. Und doch konnte ich es immer noch nicht glauben.
    »Ist es noch weit weg?« fragte ich.
    »Gleich geht es los«, sagte er. Und dann hörte ich Pike seine Befehle brüllen, während sich in meinem Herzen eine leise Ehrfurcht vor Kap Hoorn zu regen begann.
    Eine Stunde darauf liefen wir mit Backbordhalsen und gerefftem Fock- und Großsegel. Der Wind war nach Südwest gedreht, und wir trieben gegen das Land. Kapitän West gab dem Steuermann Befehl, alles zum Halsen bereitzumachen. Beide Wachen blieben an Deck, um die nötigen Manöver vorzunehmen.
    Es war erstaunlich, wie grob die See im Lauf so kurzer Zeit geworden war. Der Wind war schon zu einem Sturm angewachsen, der in gewaltigen Stößen daherkam. Wir waren in graue Finsternis gehüllt. Die Lampen in den Kajüten waren schon angezündet. Die Seen brachen sich an der Luvreling, brausten ständig über sie hinweg und hielten das Deck halb unter Wasser. Auf den Decken der beiden Hütten und auf der Kampanje stand die ganze Besatzung in mehrere Gruppen geteilt – alle in Ölzeug. Vorn führte Mellaire das Kommando. Pike leitete die Gruppe auf dem Mittschiffshaus und auf der Kampanje. Kapitän West schlenderte auf und ab, sah alles, sagte nichts. Was es jetzt zu tun gab, war Sache der Steuermänner.
    Der Sturm, der immer steifer wurde, brüllte jetzt, als ob die Hölle losgelassen wäre. Immer und immer wieder wurden die Leute auf dem Mittschiffshaus, die sich mit gesenkten Köpfen gegen den Sturm beugten, in den Gischt der Wellen eingehüllt, die sich an der Reling brachen. So furchtbar waren die Windstöße, daß die Elsinore nicht vor ihrem Ruder aufkommen wollte. Sie krängte stark über, der Sturm schüttelte und peitschte sie, aber ihr Bug fiel nicht ab, und immer näher trieben wir der furchtbaren, eisernen Küste. Wir warteten. Alle drei Gruppen von Männern warteten. Ruhelos und erregt wartete auch Pike – seine grauen Augen waren ebenso hart wie die eisige Kälte, sein Mund ebenso rauh wie die Elemente, die er bekämpfte. Der Kapitän wartete ruhig, gleichgültig, fern. Auch Kap Hoorn wartete, wartete auf das Schiff und unsere Knochen.
    Aber da fiel die Elsinore ab. Der Winkel, in dem die Stoße des Sturmes unsere Segel trafen, änderte sich, und bald flogen wir mit furchtbarer Schnelligkeit vor dem Winde dahin. Das Manöver war

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