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Meuterei auf der Elsinore

Meuterei auf der Elsinore

Titel: Meuterei auf der Elsinore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack London
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geglückt. Die Rahen wurden straff eingebraßt, die Bulinen angezogen, die Luvbrassen festgesetzt. Und die Elsinore, die jetzt auf Steuerbordhalsen lag, hatte viele tausend Meilen des Südmeeres in Lee.
    Bevor ich hinunterging, hörte ich Kapitän West zum Steuermann sagen, daß die beiden Wachen, da sie ja sowieso jetzt an Deck wären, auch gleich noch ein Reff am Focksegel einstechen könnten, ehe sie es festmachten. Ich konnte die schwarzen Gestalten der Männer auf der Fockrahe sehen. Sie schienen mit dem Reffen gar nicht weiterzukommen.
    »Zwei Wachen auf einer einzigen Rahe und werden nicht mal mit so ‘nem Handtuch fertig«, knurrte Pike. »Was soll werden, wenn wir einen ganzen Monat hier liegen müssen?«
    »Einen ganzen Monat?« rief ich erschrocken.
    »Ein Monat ist gar nichts für das schlimme Vorgebirge«, sagte er barsch. »Ich habe sieben Wochen hier gelegen, dann mußten wir kehrtmachen und den andern Weg nehmen.«
    »Um die Erde herum?« japste ich.
    »Das war die einzige Möglichkeit, nach San Francisco zu kommen«, antwortete er. »Kap Hoorn ist eben Kap Hoorn, hierher macht man keine Badereisen.«

    »Haben Sie Lust, mit aufzuentern?« fragte Margaret mich, kurz nachdem wir vom Tisch aufgestanden waren.
    Sie stand verführerisch im Türrahmen meiner Kabine und hatte schon Ölzeug, Südwester und Seestiefel an.
    »Solange wir unterwegs sind, habe ich noch nie erlebt, daß Sie über Deck waren«, fuhr sie fort. »Sind Sie schwindelfrei?«
    Ich legte ein Lesezeichen in mein Buch, sprang aus der Koje, wo ich es mir mit Kissen auf allen Seiten bequem gemacht hatte, und klatschte in die Hände, um Wada zu rufen.
    »Wollen Sie wirklich?« rief sie eifrig.
    »Wenn Sie einverstanden sind, daß ich die Führung übernehme«, antwortete ich überlegen. »Und wenn Sie mir versprechen, sich gehörig festzuhalten. Wohin geht es denn?«
    »Auf den Kreuzmasttopp, das ist der leichteste. Was das Festhalten betrifft, so erinnern Sie sich bitte freundlichst, daß ich schon oft oben gewesen bin. Denken Sie lieber an sich!«
    »Schön«, sagte ich, »meinetwegen können Sie vorangehen. Ich werde mich schon festhalten…«
    Sie sah mich prüfend an, während ich die Hand nach meinem Ölrock ausstreckte.
    Auf der Kampanje war es wundervoll, schrecklich und düster. Der ungeheure Weltraum war uns greifbar nahe. Er hüllte uns in einen Mantel von stürmischem Wind und schäumendem Gischt. Graue Finsternis umgab uns. Über das große Deck konnte man überhaupt nicht kommen, die Ablösung am Steuer mußte deshalb über die Laufbrücke gehen. Es war jetzt zwei Uhr, seit mehr als zwei Stunden hingen die armen durchfrorenen Geschöpfe auf der vereisten Rahe, immer noch entkräftet und hoffnungslos. Kapitän West blieb einen Augenblick in Lee des Kartenhauses stehen und beobachtete die Leute.
    »Wir wollen das Reffen lieber aufgeben«, sagte er zu Pike. »Machen Sie nur das Segel fest. Sie können ja meinetwegen doppelte Seisinge anlegen.« Mit seinen schleppenden Schritten ging der Steuermann nach vorn. Hin und wieder mußte er stehenbleiben, wenn der Gischt oder die Seen über ihm zusammenschlugen. Und als er das Vorderkastell erreicht hatte, begann er seiner Verachtung über die jämmerliche Mannschaft Luft zu machen, die so elend war, daß nicht einmal beide Quartiersvölker zusammen ein Focksegel reffen konnten.
    Er hatte natürlich recht. Sie konnten es nicht schaffen, so gut ihr Wille auch sein mochte – denn das habe ich erkannt, die Leute tun ihr Bestes, wenn der Befehl zum Bergen der Segel gegeben wird. Wahrscheinlich haben sie einfach Angst. Es fehlt ihnen der eiserne Charakter Pikes, die Weisheit und der stählerne Wille des Kapitäns. Das Fehlen dieser Eigenschaften ist ja eben der Grund, daß sie im Schweinekoben des Schiffslogis leben müssen.
    Margaret hielt es nicht für unter ihrer Würde, sich auf meinen Arm zu stützen, als sie auf die Finknetzreling an der Leeseite der Kreuzmastwanten kletterte. Aber es war nur eine Anerkennung meiner ritterlichen Höflichkeit, denn in der nächsten Sekunde schwang sie sich kühn außenbords auf die Wewelinge. Dann begann sie zu entern. Ich folgte ihr, fast ohne daran zu denken, wie gefährlich dieser Ausflug für einen Neuling war – so regte mich ihr Beispiel und meine Verachtung der Jammergestalten des Vorderkastells an. Was andere Männer konnten, konnte ich auch. Und keine Kapitänstochter sollte das Vergnügen haben, mich zu übertreffen.
    Aber es war eine

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