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Meuterei auf der Elsinore

Meuterei auf der Elsinore

Titel: Meuterei auf der Elsinore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack London
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macht die Beschlagseisinge schon fest.«
    Noch nie während der ganzen Fahrt habe ich die Mannschaft mit solcher Schnelligkeit arbeiten sehen. Eile war aber auch vonnöten, um unsere Takelung zu retten. Sie konnten nichts tun, als die schäbigen Reste des Mitteluntermarssegels mit ihren Scheidemessern abzuschneiden; dann rissen sie das Großoberbramsegel aus dem Liek.
    »Was hilft es eigentlich?« sagte ich zu Margaret, als die Segel ordentlich getrimmt und die Rahen angebraßt waren. »Dreihundertfünfzig Meilen von Land sind genauso gut wie dreitausendfünfhundert, wenn es darum geht, die Leute auszuhungern.«
    Statt die Elsinore die Räumte suchen zu lassen, ließ ich sie deshalb mit Steuerbordhalsen beidrehen und nur durch die Abtrift nach Südwest treiben.
    Unsere tüchtigen Aufrührer bekamen aber trotz allem im Laufe der Nacht ihren Willen. In der Dunkelheit hörten wir sie in der Takelung arbeiten, hörten, wie sie Rahen herunterholten, Schoten fliegen ließen, Segel halten und festmachten. Ich gab aufs Geratewohl einige Schüsse ab, aber alles, was ich damit erreichte, war, daß eine ganze Salve von Revolverschüssen gegen die Wände des Kartenhauses prasselte. Es ist wirklich eine höchst seltsame Situation. Wir haben die Steuerung in der Hand, während die Leute vor dem Mast die Bewegungskraft in ihrer Gewalt haben. Das einzige Segel, das sich ganz in unserer Gewalt befindet, ist der Besan. So aber scheint mir die Meuterei, die wir hier erleben, einfach lächerlich. Bei den guten alten Meutereien, den klassischen Meutereien, hätten die Matrosen längst wie wilde Tiger die Kampanje gestürmt, hätten die meisten von uns getötet oder wären zum größten Teil gefallen. Margaret aber schüttelt den Kopf und bleibt dabei, daß die menschliche Natur sich nicht ändere. Sie weist auf die Zahl bereits erfolgter Todesfälle hin und erklärt, wir würden sicher früher oder später in einer dunklen Nacht erleben, daß unsere Banditen, wenn der Hunger sie erst bisse, die Kampanje zu stürmen versuchten.
    Romantisch ist es ja zweifellos, Tag und Nacht mit einer Frau zu wachen, die man liebt. Jede Ablösung ist ein Liebeserleben, das man nie vergessen wird. Nie gab es eine Brautzeit wie die unsere… mit den geflüsterten Ahnungen über Wetter und Wind, den leise gemurmelten Ratschlägen, den brennenden Küssen, den verwegenen Liebkosungen, die das Dunkel der Nacht verbirgt.
    Wahrlich, wie oft habe ich, seit diese Reise begann, die Bücher zum Teufel gewünscht. Und doch stehen die Bücher hinter meinem Leben und dem meiner Vorfahren. Mein Ich ist zusammengesetzt aus zehntausend Generationen von meinesgleichen. Wer wollte dies widerlegen? Ich habe einen Mann getötet – Steve Roberts. Wäre ich ein urwäldlicher wilder Krieger gewesen, ich würde es ohne Bedenken getan haben. Als ein des Lesens und Schreibens kundiger Mann habe ich in der Notwehr getötet. Die Kultur hat mich also nicht verweichlicht. Ich bin vollständig ruhig geblieben. Es gehörte zu meiner Pflicht, es war eine harte Notwendigkeit. Die Männer meiner Art haben zu allen Zeiten ihre Pflicht getan, wie und wo es auch sein mochte, als kühne Abenteurer oder als zähe Pflüger, und sie tun es noch immer. Ich würde unter denselben Umständen Steve Roberts wieder töten. Wenn ich sage, ich bin von diesem Ereignis unberührt, dann meine ich es nicht ganz so. Ich bin schon davon berührt. Ich bin mir jedoch bewußt, daß ich etwas getan habe, was ich tun mußte, wie jeder aufrechte Mann tut, was er als seine Pflicht erkennt.
    Ja, ich bin ein Kulturmensch und doch, wie ich jetzt täglich feststellen kann, bereit und imstande, unter den schwierigsten Verhältnissen meinen Mann zu stehen. Vielleicht auch deshalb, weil ich ein Liebender bin, der eine herrliche Frau sein eigen nennen wird.

    Margaret hat recht gehabt. Die Meuterei widerspricht durchaus nicht den alten Regeln und Erfahrungen auf diesem Gebiet. Wir haben einige Tage und Nächte lang genug zu tun gehabt. Ditman Olansen, der Berserker mit den verrückten Augen, ist von Wada getötet worden, der Junge vom Schulschiff ging mit einem Sack Kohlen an den Füßen über Bord. Die Kampanje ist Gegenstand eines heftigen Angriffs gewesen, meine selbsterfundene Beleuchtung hat ihre Probe bestanden.
    Der Angriff auf die Kampanje fand vor zwei Nächten statt. Nein, zuerst muß ich erzählen, daß ich eine Erfindung gemacht habe, mit dem Steward, der etwas von Feuerwerk versteht. Das Material entnahm ich

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