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Meuterei auf der Elsinore

Meuterei auf der Elsinore

Titel: Meuterei auf der Elsinore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack London
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zusammenballen. Sie sagte mir, daß wir bald einen Sturm zu erwarten hätten.
    Aus diesem Grunde hißte ich die weiße Flagge. Bert Rhine und Charles Davis kamen achteraus bis zum Mittschiffshaus. Während wir miteinander sprachen, tauchten viele Köpfe über dem Rand der Back auf, und mehrere Gestalten schlichen sich an beiden Seiten des Hauses entlang.
    »Na, seid ihr jetzt mürbe?« begrüßte mich Bert Rhine in seiner unverschämten Art. »Können wir Ihnen irgendwie gefällig sein?«
    »Jawohl«, antwortete ich barsch. »Ihr könnt eure Köpfe in Sicherheit bringen, so daß genügend Hände übrigbleiben, wenn ihr mal wieder an die Arbeit zurückkehrt.«
    »Wenn Sie drohen wollen…«, begann Charles Davis, aber der Zuchthäusler brachte ihn zum Schweigen.
    »Na, was gibt’s denn?« fragte Bert Rhine. »Heraus damit!«
    »Es ist nur zu eurem eigenen Besten«, lautete meine Antwort. »Es wird bald zu wehen beginnen. Die Segel, die nicht festgemacht sind, werden euch die Rahen an den Kopf schmeißen. Wir achtern sind in Sicherheit. Ihr allein lauft Gefahr dabei, es ist deshalb eure Sache, aufzuentern und die Dinger zu beschlagen.«
    »Und wenn wir es nicht tun?« knurrte der Bandit.
    »Dann müßt ihr eben selbst die Folgen tragen«, sagte ich gleichgültig. »Ich wollte euch nur darauf aufmerksam machen, daß eine von den stählernen Rahen herunterfallen kann und dann die Decke der Logis zerschmettern wird wie eine Eierschale.«
    Bert Rhine guckte Charles Davis an, und Davis nickte bestätigend. »Wir werden die Sache besprechen«, sagte er.
    »Ich gebe euch zehn Minuten«, antwortete ich. »Wenn ihr dann nicht angefangen habt, die Segel zu bergen, ist es zu spät. Dann schieße ich jedem, der sich zeigt, eine Kugel in den Leib.«
    »Schön, wir werden die Sache besprechen.«
    Als sie sich umdrehten, um voraus zu gehen, rief ich ihnen nach: »Einen Augenblick.«
    Sie blieben stehen und drehten sich um.
    »Was habt ihr mit Herrn Pike gemacht?« fragte ich.
    Selbst der sonst so hartgesottene Bert Rhine konnte seine Überraschung nicht verbergen.
    »Was habt ihr mit Herrn Mellaire gemacht?« erwiderte er. »Erzählt ihr zuerst!«
    Ich bin überzeugt, daß seine Überraschung echt war. Die Meuterer haben offenbar geglaubt, daß wir schuld am Verschwinden des Untersteuermanns sind, so wie wir uns einbildeten, daß sie mit dem Verschwinden des Steuermannes zu tun hätten. Je mehr ich darüber nachdenke, desto klarer wird mir, daß die beiden Offiziere sich gegenseitig umgebracht haben.
    »Noch eins«, sagte ich. »Wo habt ihr euren Proviant her?«
    Bert Rhine lachte sein lautloses Lachen, während Charles Davis eine Miene geheimnisvoller Überlegenheit aufsteckte.
    Ich zog meine Uhr und sagte: »Ich gebe euch also zehn Minuten.«
    Sie machten wieder kehrt und gingen voraus. Es dauerte nicht einmal zehn Minuten, so waren schon alle Hände dabei, die Segel zu bergen. Inzwischen begann es aus Nordwest zu wehen. Die vertrauten Harfentöne, die den kommenden Sturm verkündeten, summten schon durch die Takelung, aber die Männer schienen mir heute ganz besonders langsam zu arbeiten – vielleicht nur aus Mangel an Übung.
    »Es würde richtiger sein, gleich die Ober- und Untermarssegel zu setzen, so daß wir besser beidrehen können«, schlug Margaret vor.
    Ich griff den Gedanken auf und brachte ihn zur Ausführung.
    »Es ist besser, daß ihr die Ober- und Untermarssegel gleichzeitig setzt, damit das Schiff wieder dem Ruder gehorcht«, rief ich dem Banditen zu, der breitspurig an der Decke des Mittschiffshauses stand und kommandierte, als ob er Steuermann wäre.
    Er überlegte und gab dann die notwendigen Befehle; der Malteser-Londoner mit Nancy und Sundry Buyers führten sie aus. Ich hieß Tom Spink das Ruder nehmen, das so lange ledig gestanden hatte, und gab ihm den Kurs an – hart Ost nach dem Strichkompaß. Die Segel füllten sich, die Elsinore begann wieder durch die See zu laufen. Margaret, die neben mir stand, drückte mir in der Dunkelheit stumm, sanft und liebevoll die Hand.
    »Ich hatte nie gewünscht, einen Seemann zu heiraten«, sagte sie, »und ich dachte, in dieser Beziehung mit dir sicher zu gehen, du Landratte! Und jetzt stehst du hier, und alles, was zur See gehört, lebt und pulst in deinen Adern. Es wird nicht lange dauern, so sehe ich dich mit einem Sextanten die Sonne peilen oder die Sternhöhe nehmen.«
    Wieder sind vier Tage vergangen. Der Sturm ist schon abgeflaut, und wir sind nur noch

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