Mexiko, mein anderes Leben (German Edition)
war
es endlich geschafft und ich hielt meinen Aufhebungsvertrag in den Händen. Ein langer und wichtiger Abschnitt meines Lebens hatte sich vollendet.
Kapitel 4
Schließlich war im September 2004 der letzte Tag in meinem Kindergarten gekommen. Diesen werde ich nie vergessen. Dreißig Jahre lang waren jeden Tag immer zwanzig oder mehr Kinder um mich herum gewesen. Ich hatte mit ihnen gesungen, gemalt, Geschichten vorgelesen, gebastelt, den Po abgewischt, die Nasen geputzt, Streit geschlichtet, getröstet, Essen ausgeteilt, Betten gemacht, viel Schönes erlebt, aber auch sehr viel Nervenaufreibendes. Jahrelang hatte ich alles gegeben! Immer hatte ich jedes Kind wie mein eigenes gesehen und versucht es so zu erziehen und auf das Leben vorzubereiten. Das hatte viel Kraft gekostet und ich hatte gemerkt, dass diese sich langsam aufbrauchte! Oft hatte ich davon geträumt, aus diesem Beruf auszusteigen. Schon lange wollte ich etwas ganz anderes machen. Und nun war es geschehen! Robert war vom Himmel gesegelt und wie ein Engel in meinem Herzen gelandet. Durch ihn bekam ich die Chance und den Mut, meinem Leben eine andere Richtung zu geben.
Und nun war also endlich dieser letzte Tag im Kindergarten gekommen. Aber so einfach, wie ich gedacht hatte, fiel es mir nicht, von den Kindern und meinen Kolleginnen Abschied zu nehmen. Den Kindern erzählte ich alles von meinem neuen Leben und warum ich nicht mehr bei ihnen sein konnte. Ich erzählte auch von dem fremden Land Mexiko. Sie waren sehr neugierig und ich konnte ihnen Vieles so erklären, dass sie es verstanden. Außerdem musste ich ihnen versprechen, sie zu besuchen, wenn ich einmal wieder hier wäre, und ihnen alles von meiner neuen Heimat zu berichten. Als Dankeschön wurde ich mit vielen kleinen selbst gebastelten Geschenken überhäuft. Damit ich immer zu ihnen zurückfliegen könnte, übergaben sie mir einen Papierflieger, dazu Girlanden, Ketten und unzählige Bilder.
Das berührte mich sehr und ich konnte die Tränen nicht zurückhalten. Auch die Eltern der Kinder bedankten sich mit Blumen und herzlichen Worten für alles, was ich für ihre Kinder getan hatte. Es war schon ein tolles Gefühl zu wissen: Meine Arbeit war nicht umsonst und hinterlässt Spuren. Am Nachmittag hieß es dann, von meinen Kolleginnen Abschied zu nehmen. Das war nicht einfach, denn viele waren jahrelang an meiner Seite und einige waren mir zu Freundinnen geworden. Das hatte ich besonders in der schmerzvollen Zeit meiner Trennung gespürt, als es Tage gab, an denen ich nicht unbeschwert mit den Kindern arbeiten konnte.
Sie gaben mir Kraft und machten mir Mut, um die schwere Zeit zu überstehen und dafür bin ich ihnen heute noch dankbar.
All die kleinen Geschenke der Kinder habe ich aufgehoben als schöne Erinnerung an meine Zeit in diesem Kindergarten. Meine beste Freundin Andrea, die meine Wohnung mit renoviert und auch an der Ausstellung gearbeitet hatte, fand keine richtigen Worte zum Abschied. Sie war auf einmal verschwunden. Als ich dann meinen Schreibtisch noch mal überprüfte, ob ich auch alles mitgenommen hatte, lag dort ein wunderschönes Abschiedsgeschenk von ihr. Es war eine weiße Rose mit einem Brief, in dem stand: „Ich werde dich vermissen und du fehlst mir jetzt schon.“ Da war es um meine Beherrschung geschehen, denn ich wusste, dass es mir genauso gehen würde. Die weiße Rose habe ich getrocknet und mitgenommen auf meine lange Reise. Heute ist sie nicht mehr weiß, aber sie hat einen Ehrenplatz bekommen und erinnert mich immer an meine Freundin Andrea.
Die Kinder und Erzieherinnen hatten das Haus schon verlassen und ich nutzte die aufkommende Abenddämmerung, um still und für mich ganz allein durch die Räume zu gehen. Viele Erinnerungen wurden wieder wach und ich ließ sie an mir vorbeiziehen. Als es dunkel geworden war, schloss ich die Tür mit dem Gedanken, dass sich nun eine neue Tür öffnen würde.
Mein Leben stand vor einer endgültigen Veränderung. Unsere Flüge nach Mexiko waren schon gebucht und am 17. Oktober 2004 sollte unsere Reise in eine andere Welt beginnen. Am nächsten Morgen wachte ich in Roberts Armen auf und wäre am liebsten so liegengeblieben. Da war ich bei Robert aber an den Falschen geraten, denn durch seine neuen Pläne wurden meine Tagträume abrupt unterbrochen. Er ist der Zielstrebige, während ich die Träumerin bin. Ich brauche
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