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Mexiko, mein anderes Leben (German Edition)

Mexiko, mein anderes Leben (German Edition)

Titel: Mexiko, mein anderes Leben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Klimm
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waren im Kofferraum sicher verstaut. Vorbei an Vancouver und über einen verschneiten Höhenpass fuhren wir dann fünfhundert Kilometer bis nach Kelowna durch die kalte Nacht. Mal redend und mal schweigend war jeder in seine Gedanken vertieft. Erschöpft und doch so neugierig, was die Zukunft für uns bringen würde. Bald waren wir auf dem Highway nach Kanada fast allein und Robert kämpfte sich Stück für Stück durch die Dunkelheit. Wieder in unserem Jeep zu sitzen, war das erste kleine Gefühl der Vertrautheit nach so vielen Stunden einer langen Reise.
           Vor Erschöpfung war ich schließlich eingeschlafen und wurde erst wieder wach, als unser Jeep stehengeblieben war. Er stand ganz still auf dem Highway und vor dem Auto stand genauso still ein Kojote. Es war unheimlich, aber auch unheimlich schön. Auf dem Coquihallo Pass, mitten im tiefen Schnee konnte ich dem Kojoten in die Augen blicken. Das war so faszinierend, doch die Freude hielt nicht lange an. Noch nie zuvor hatte ich einen Kojoten gesehen. Ich hatte mir diese Tiere unheimlich groß und angsteinflößend vorgestellt, aber das war zumindest dieser nicht. Er war eher klein, aber trotzdem kräftig und muskulös. Der Kopf ähnelte einem Fuchs und der Körper einem jungen Schäferhund. Nun stand also ein solcher Kojote vor uns. Nicht direkt, denn wir saßen ja noch im sicheren Auto und nie wäre ich auf die Idee gekommen, dieses zu verlassen. Aber irgendetwas stimmte nicht mit ihm. Warum sonst war er nicht weggelaufen? Trotz der Gefahr musste Robert die Autotür aufmachen und sich ganz langsam, Stück für Stück an diesen Kojoten heranschleichen. Dann sah er es: Der weiße Schnee um das Tier herum war rot von seinem Blut. Die Verletzung war so schwer, dass der Kojote nicht mehr weiterlaufen konnte. Er hatte einen Streifschuss am linken Hinterbein. Die Angst in seinen Augen war deutlich zu sehen und sein Knurren nicht zu überhören. Genauso langsam, wie Robert sich an ihn ran geschlichen hatte, schlich er wieder zurück. Das Heulen der anderen Kojoten im Wald rückte beängstigend nahe. Wir konnten dem verletzten Kojoten nicht helfen und ganz langsam im Schritttempo machten wir einen großen Bogen um das arme Tier und fuhren weiter.
           Kelowna war noch weit weg. Der Schneesturm wurde immer dichter und die Scheibenwischer schafften es kaum noch, die Sicht frei zu halten. Es schneite immer heftiger und der aufkommende Wind verwehte den Schnee. Unser Auto stand wieder still, diesmal weil die Schneeverwehungen eine Weiterfahrt unmöglich machten. Um Mitternacht waren wir gänzlich eingeschneit. Da nicht mehr viel Benzin im Tank war, konnten wir auch nicht die ganze Zeit den Motor laufen lassen und so kam nun auch noch die erbärmliche Kälte dazu. Es blieb uns nichts anderes übrig, als zu warten, bis die erste Schneeraupe den Weg frei machte. Wir fühlten uns so ausgelaugt und schrecklich müde. Trotzdem empfand ich das alles als großes Abenteuer und manchmal dachte ich: Das kann nur ein Traum sein. Aber es war die Realität! Irgendwann kam der ersehnte Schneeflug und wir erreichten in den frühen Morgenstunden Kelowna.
           Für zwei Wochen mieteten wir ein Zimmer in einer kleinen Pension. Die Zeit musste ausreichen und dann sollte es mit dem Jeep weitergehen nach Mexiko, nach Cabo San Lucas. Meine Wohnung hatten wir aufgelöst bis auf die kleine Insel im Dachzimmer meiner Eltern. Bei Robert war es anders, denn er hatte keine Wohnung mehr. Nachdem seine Frau sich von ihm getrennt hatte, hatte er bei seiner ältesten Tochter gelebt. Seine Habseligkeiten, ein paar Möbel, persönliche Sachen, vieles, was ihm wichtig gewesen war, jetzt aber an Bedeutung verloren hatte, befanden sich in einem Lagerraum auf einem Industriegelände. Und diesen Raum mussten wir nun auflösen.
           Die Trennung von meinem ersten Mann hatte sich wie ein schleichender Prozess, wie eine lange, schwere Krankheit vollzogen. Ein Jahr lang hatte ich um meine Ehe gekämpft, um dann doch zu verlieren. Als es vorbei war, war es schrecklich. Bei Robert dagegen ging es abrupt und es war ein Schock, als seine Frau ihn plötzlich verließ. Er kam eines Tages von der Arbeit nach Hause und sie war nicht mehr da. Auch die drei geliebten Hunde nicht. Das Haus war leer und ausgeräumt, Strom und Wasser abgestellt. Von einem Tag auf den anderen hatte sich alles verändert. Es war vorbei, aber nicht wie nach einer langen Krankheit, sondern wie bei einem

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