Mia - Gefangene des Schicksals (Buch 2) (German Edition)
Schicksal
schien mir gnädig...
Ich gab mir noch
einen Moment, betrachtete mein Spiegelbild. Hatte ich Angst vorm Sterben? Nein!
Denn die Liebe schien mir die nötige Kraft zu geben, um dem Tod ohne Angst
entgegenzutreten.
Machte ich mir
Sorgen um die, die ich zurückließ? Ja! Denn Lucien würde aus Instinkt handeln,
aus Schwäche, und er würde sich das nie verzeihen. Niemals!
"Du bist die
einzige Hoffnung, dass er dies lebend übersteht, auch wenn er daran
zerbricht!" ,
flüsterte Iljas in meinen Gedanken.
Obwohl ein Moment
des Schreckens vor mir lag, zitterte meine Hand nicht. Weder in dem Augenblick,
als sie meinen Dolch aus dem Brusthalfter an meinem Körper zog, noch als sie
die Klinge auf meiner Haut am Handgelenk ansetzte, sich die Spitze in mein
Fleisch bohrte und einen langen, tiefen Schnitt Richtung Ellenbogen zufügte.
Blut quoll aus der
Wunde, erfüllte den Raum mit meinem Duft, tropfte stetig zu Boden.
Seine Schwäche,
sein Durst nach Blut, wären dein Tod!
"Ja. Doch er
wird leben!", flüsterte ich, durchquerte das Badezimmer und schwor mir, in
dem Moment, wo es soweit sein würde, an den Mann zu denken, den ich liebte. An
den, der er wirklich war.
Nicht an das
instinktgesteuerte Raubtier, das seinem Durst nicht wiederstehen konnte. Dessen
Augen vor Hunger glühen würden.
Sondern an meinen
Seelengefährten! Meine zweite Hälfte!
Noch einmal atmete
ich tief durch, nahm meinen ganzen Mut zusammen und griff nach der Türklinke.
Doch bevor ich diese
öffnen konnte, erfasste mich pure Energie. Es schien, als würde ich durch die
Luft gewirbelt, von einer Macht, die mit Zorn erfüllt, durch meinen Körper
rauschte, bevor ich abrupt auf meinen Füßen landete.
Ich brauchte eine
gefühlte Ewigkeit, um mich zu orientieren. Um zu verstehen, dass nicht Lucien
vor mir stand, und mich aus tiefschwarzen Augen anstarrte, sondern Yunus. Um zu
verstehen, dass nicht Durst seine Augen Schwarz und seine Fänge riesig wirken
ließen, sondern Wut. Unbändige Wut, die mir in tosenden Energiewellen
entgegenschlug.
Und ich brauchte
noch länger, um zu verstehen, was er gerade getan hatte. Was er gerade
verhindert hatte!
"Was fällt dir
ein?", zischte ich wütend, doch es klang eher wie ein Flehen.
"Was mir
einfällt?" Ein tiefes unmenschliches Knurren trat aus seiner Kehle.
"Was zum Teufel noch mal glaubst du, was du da tust?"
"Das
Richtige!"
"Er wird dich
töten!"
"Dafür wird er
leben!"
"Das werde ich
nicht zulassen!" Zorn sprach aus seiner Stimme, stand in seinen Augen, die
wie schwarze Schatten auf mir ruhten, und doch hatte ich das Gefühl, dass seine
Antwort nicht meiner Aussage, dass Lucien leben würde, galt, sondern, dass er
eher zu sich selbst sprach.
"Wie kannst du
es wagen!", stieß ich hervor. "Du, der du vom Weg des Schicksals
sprichst? Du, der du sagst, du richtest nicht! Du, dem Gerechtigkeit innewohnt
und der behauptet, er wisse was Gnade ist? Gerade du stellst dich mir in den
Weg! Gerade du brichst meinen freien Willen!"
Er starrte mich nur
an. Starrte mich nieder, als könne er das alles gerade nicht glauben. Als
wüsste er selbst nicht mehr, was er da gerade getan hatte.
"Mein Tod ist
ein geringer Preis für das Leben vieler!", sagte ich eindringlich.
"Nein, der
Preis ist zu hoch!"
"Was kümmert es
dich, ob ich sterbe?!", schrie ich voller Verzweiflung.
Die nächste Woge der
Energie stieß mich rückwärts, wo ich hart auf dem Boden aufkam, bevor Yunus vor
mir kniete, seine Hand mein immer noch blutendes Handgelenk umfasste, während
sein Blick, den ich nicht deuten konnte, auf mir lag.
"Was, bei allen
Schicksalsgöttern, ist es, was dich noch kämpfen lässt?"
"Liebe,
Zuneigung, Freundschaft, Glück!", flüsterte ich. "Ich will nicht,
dass Lucien stirbt! Ich will nicht, dass alle vergehen. Sie liegen mir am
Herzen. Es sind meine Gefühle für sie, und ihre Hoffnung in mich, was mich
kämpfen lässt. Es sind ihre Blick, die auf mir ruhen, ihre Worte, die sie mir
schenken, ihre Taten, die sie vollbringen, ... Und wenn ich ihr aller Leben
retten kann, indem ich meines gebe, dann ist das ein geringer Preis!"
Stumme Tränen liefen
über meine Wangen, während ich spürte, wie Yunus meine Wunde heilte, ohne sich
darauf zu konzentrieren.
"Ich höre deine
Worte!", sagte er eindringlich. "Aber ich verstehe sie nicht!"
"Dann hast du
nie geliebt!", flüsterte ich. "Und wenn du nie geliebt hast, dann
hast du nie gelebt! Denn sonst wüsstest du, dass es nichts Schöneres im Leben
gibt,
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