Mia - Gefangene des Schicksals (Buch 2) (German Edition)
die zwanzig Grad war, sondern
an der aufziehenden Kälte in seinem Inneren.
Ich konnte sie
spüren. Nun wo ich um sie wusste, vernahm ich sie deutlicher denn je. Die
schwindende Kraft, die die Leere mit sich brachte. Seine zunehmende Schwäche,
die auch unsere Verbindung schwächte.
"Ich wollte sie
dir zeigen.", flüsterte er. "Ich wollte dir sovieles zeigen. Doch nie
schien Zeit für gewöhnliche Dinge zu sein. Nie schien Zeit nur für uns zu
sein."
Eine Träne stahl
sich aus meinem Augenwinkel. "Hast du dich je gefragt, wofür du lebst?
Hast du je dein Leben infrage gestellt?"
Sein Griff um meine
Hände wurde merklich fester, als wolle er seinen folgenden Worten dadurch mehr
Gewicht verleihen. "Ich wusste wofür ich existiere. Und ja, ich habe diese
Existenz infrage gestellt, doch nie mein Leben. Denn mein Leben hat erst
begonnen, als ich dich traf. Du zeigtest mir was Leben ist, Mia!"
Leben, dachte ich,
wie lange hatte ich bis jetzt gelebt?
Die Summe unseres
Lebens, sind die Stunden in denen wir liebten!
"Ich habe Yunus
gesehen.", flüsterte ich aus heiterem Himmel. "In meinen
Träumen."
Ich war auf Luciens
Ausbruch vorbereitet. Wappnete mich innerlich dagegen. Doch er kam nicht. Im
Gegenteil.
Er strich nur eine
Haarsträhne hinter mein Ohr und berührte kurz meine Wange, als wolle er sagen:
Das ist OK.
"Er wird uns
nicht helfen.", setzte ich nach, während erneute Tränen aus meinen Augen
traten. "Er wird den Bund nicht wieder schließen, da er an eurer, an
unsrer aller Existenz zweifelt!"
"Ich
weiß.", kamen die erschreckenden Worte, die mich dazu brachten, meinen
Blick von diesem dummen Fussel zu lösen und stattdessen in Luciens Gesicht zu
sehen.
Seelenschmerz vermochte den Ausdruck, der in
seinen Augen lag, nicht im Geringsten zu beschreiben.
"Du
weißt?", wisperte ich mit erstickter Stimme.
"Nachdem mir
klar wurde, dass nicht Yunus hinter dir her ist, fragte ich mich, warum er
nicht zu mir kam. Warum ich ihn nicht finden konnte. Und die einzige Antwort
darauf ist: Weil er es nicht will!
Er war der Denker
von uns beiden. Immer stellte er alles infrage. Machte sich Gedanken über
Dinge, die wir anderen einfach nur hinnahmen. Und schließlich begann er unsere
Existenz zu hinterfragen. Nicht nur die der schwarzen Krieger, oder der
Vampire, sondern die allumfassende Existenz. Und eines Tages, sagte er zu mir,
dass die Apokalypse kommen wird, hervorgerufen durch jeden einzelnen, doch sie
sei nicht unser Untergang, sondern unsere Erlösung." Schwer wiegten
Luciens Worte, genauso wie seine Gefühle.
"Ich erinnerte
ihn daran, dass wir unsterblich sind.", sagte er weiter und betrachtete
dabei meine Hände, die so klein in den seinen wirkten. "Doch er meinte:
Dass das Schicksal nicht grausam sei und der freie Wille es einem ermöglichen
würde, dem Fluch der Ewigkeit zu entfliehen. Nun scheint er einen Weg gefunden
zu haben, um unsere Erlösung einzuleiten."
"Dazu hat er
kein Recht!", flüsterte ich eindringlich. "Er darf nicht Gott
spielen!"
Luciens Finger
strichen über meine Wange. "Er spielt nicht Gott, Mia. Er trifft nur eine
Entscheidung, was sein gutes Recht ist. Was danach kommen wird, liegt nicht in
seiner Macht."
"Krieg wird
herrschen! Marian wird herrschen! Er wird die Menschheit tyrannisieren, sie
knechten..." Das kurze Aufflackern in Luciens Augen, ließ mich verstummen,
während mein Magen sich in einen Klumpen des Unwohlseins verwandelte. "Was
ist?"
"Marian wird
nicht herrschen, denn Marian wird es nicht mehr geben!", flüsterte er so
leise, dass ich seine Worte fast nicht verstand.
Ich brauchte einen
Moment, bis seine Aussage meine Gedanken erreichte, doch schließlich traf sie
mich wie ein Speer.
"Mit eurem Tod,
vergehen die Krieger?!", stieß ich hervor, entzog ihm meine Hände und
setzte mich auf.
"So ist
es.", sagte er kühl.
"Du musst dich
irren.", brachte ich ein. "Das kann nicht sein. Marian würde nicht
versuchen dich zu töten, wenn dem so wäre!"
"Marian weiß um
diesen Umstand nicht! Er glaubt, da er vor uns erschaffen wurde, würde ihn
unser Tod nicht betreffen!"
Meine zu Fäusten
geballten Hände begannen zu zittern. "Deshalb greift er nicht an! Deshalb
bleibt er im Verborgenen!"
Lucien nickte.
"Warum sollte er einen Kampf riskieren, wenn er nur darauf warten muss,
bis wir das Feld räumen."
Das Zittern, das in
meinen Händen begonnen hatte, breitete sich in Sekundenschnelle über meinen
ganzen Körper aus. "Du hast es immer geahnt, nicht war? Du wusstest,
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