Mias verlorene Liebe
führte.
„So schlimm?“ Ihre Beine fühlten sich plötzlich bleiern schwer an, als sie die Treppe hochzusteigen begann.
Ziemlich schlimm dachte Ethan bei sich. Es hätte ihm klar sein müssen, dass es keine schmerzlose Art gab, ihr das mitzuteilen, weswegen er gekommen war.
Und wenn ich einfach noch ein paar Tage warte? Ich muss es ihr ja nicht ausgerechnet heute sagen.
„Okay, Ethan.“ Einige Minuten später gab Mia Ethan, der etwas verloren im Wohnungsflur stand, eines der beiden Gläser mit Weißwein, die sie gerade in der Küche eingeschenkt hatte. „Heraus mit der Sprache! Worüber willst du mit mir reden?“
„Diese Wohnung ist … ist ein bisschen klein, oder?“
„Du meinst im Vergleich zu den stattlichen Herrenhäusern, in denen ich bis zu meinem zwanzigsten Lebensjahr überall auf der Welt gewohnt habe?“, gab Mia zurück.
„Äh – ja.“
„Ich muss sagen, hier habe ich bis jetzt die glücklichste Zeit meines Lebens verbracht.“
„Du willst doch nicht etwa behaupten, du würdest hier auch backen?“ Zweifelnd blickte Ethan sich in der kleinen Küche um.
Sie war wirklich eng, gab Mia zu, während sie Ethans Blick folgte. Eigentlich gab es hier nur Platz für eine Person. Auf keinen Fall konnte sie hier aber die riesigen Mengen an Gebäck herstellen, die sie täglich verkaufte – wie Ethan ganz richtig feststellte. All das war jetzt aber eigentlich völlig unerheblich.
„Ich backe natürlich in der großen Küche unten im Coffeeshop“, antwortete sie. „Verzögerungstaktik wird die bittere Pille nicht versüßen, die du mir verabreichen willst, Ethan. Egal welche es ist.“
Wahrscheinlich nicht, seufzte Ethan innerlich. Wie sehr er sich wünschte, Mia das Kommende ersparen zu können. Aber das war nicht möglich …
Er atmete tief durch. „Ich muss mit dir darüber sprechen, was den Herzinfarkt deines Vaters verursacht hat …“
„Ach weißt du: Ich habe es mir anders überlegt. Ich glaube, du gehst doch besser“, fiel Mia ihm ins Wort.
Aber Ethan wich keinen Zentimeter. „Nicht, bevor wir darüber geredet haben.“
„Dann werde ich eben weggehen.“ Fast streifte sie ihn, als sie an ihm vorbeihastete. „Lass mich in Ruhe!“, rief sie aus, als er ihr ins Wohnzimmer folgte.
Der Raum war geschmackvoll und gemütlich eingerichtet. Der cremefarbene Teppich, die rostrote Couchgarnitur und die Buchenmöbel verliehen ihm eine freundliche, leichte Atmosphäre, die durch einzelne Aquarelle an den schlichten weißen Wänden unterstrichen wurde.
Mit einem flüchtigen Blick nahm Ethan dies alles auf, aber letztlich galt seine ganze Aufmerksamkeit der zarten, so angespannt wirkenden Person, die dort neben dem Kamin stand. Sie schien sich förmlich an ihrem Weinglas festzuhalten und gab sich Mühe, entschlossen und tapfer auszusehen.
Mia sah schöner aus denn je!
Ihr blasses Gesicht mit den dunklen Augenringen und den vor Anspannung deutlich hervortretenden Wangenknochen wirkte, umspielt von einigen weichen, blonden Haarsträhnen, sehr apart. Ethans Blick glitt über die wohlproportionierten Rundungen ihres Körpers, die schmale Taille … die langen Beine – ein Reh, das jeden Augenblick zur Flucht ansetzt, dachte er.
Sein eiserner Entschluss kam deutlich ins Wanken. Stattdessen spürte er das altvertraute Verlangen, das für ihn untrennbar mit Mia verbunden war. Ethan rief sich energisch zur Ordnung. „Ob dir das jetzt angenehm ist oder nicht, ist unerheblich. Wir müssen über Williams Herzinfarkt reden.“
„Ich muss über gar nichts mit dir reden. Und schon gar nicht über meinen Vater.“
„Doch, das musst du.“
„Es ist mir egal, wie du das siehst. Ich will einfach nichts über dieses Thema hören!“
„Ich wünschte wirklich, ich könnte es dir ersparen.“ Frustriert schüttelte Ethan den Kopf. „Vielleicht sollte ich es dir einfach zeigen …?“
„Zeigen? Was denn?“
„Ich habe hier ein paar Fotos …“
„Noch mehr! Ich habe wirklich keine Lust auf traute Familienfotos!“
„Leider haben diese Bilder hier ganz und gar nichts mit Familienfotos zu tun.“ Ethan zog einen Umschlag aus der Tasche.
Mia erstarrte, als sie seinen Gesichtsausdruck sah, der zwischen eiserner Entschlossenheit und tiefem Mitgefühl schwankte. Ihre Hand zitterte, als sie das Glas hob und einen Schluck Wein trank. „Und um was für Fotos handelt es sich dann?“ Sie betrachtete den Umschlag, als fürchte sie, er enthielte eine Briefbombe.
Angesichts Ethans Miene
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