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Mich hat keiner gefragt - Mich hat keiner gefragt

Titel: Mich hat keiner gefragt - Mich hat keiner gefragt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ayse
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wir genug Platz. Nachdem ich es gefunden hatte, war alles sehr schnell gegangen. Auch Mutter hat sich nicht mehr gewehrt. Sie sah wohl ein, dass sie uns ziehen lassen musste. Mitten im Winter sind wir also umgezogen. Unser Auszug war ein ziemliches Fiasko. Es war bitterkalt, und draußen lag viel Schnee. Die Kinder waren ständig im Weg. Gott sei Dank hat mir Mutter das Baby abgenommen, sonst hätte ich nicht helfen können. Während ich unsere Habseligkeiten in Kisten verpackte, beluden die Männer den LKW. Mustafa musste nur einmal fahren, dann war alles in der neuen Wohnung. Zuvor hatten er und Vater vom Sperrmüll alte Möbel besorgt, weil wir so gut wie keine eigenen Möbel hatten. Auch Geschirr oder sonstige Haushaltsutensilien fehlten uns. Die Hochzeitsgeschenke, die wir vor vielen Jahren bekommen hatten, waren alle in Mutters Haushalt eingegangen. Ich sah keinen Sinn darin, sie danach zu fragen. Aber sie muss wohl eingesehen haben, dass wir ein paar Sachen brauchten, und hat uns eine Kiste mit dem Nötigsten gepackt.
    Am Abend waren wir fertig und saßen völlig erschöpft zwischen den alten Möbeln, den Kartons und Kisten. Ich hatte den Ofen befeuert und machte uns was zu essen. Während die Suppe vor sich hin köchelte, suchte ich die Kiste mit den Küchenutensilien. Aber ich fand nur zwei Teller, zwei Messer, zwei Gabeln und zwei Löffel. Alles für zwei Personen! Aber wir waren doch zu dritt. So blieb uns nichts anderes übrig, als in Schichten zu essen. Und das nicht nur am ersten Abend. Monatelang haben erst Mustafa und Can gegessen und dann ich. Ich bin überhaupt nicht auf die Idee gekommen, in den nächsten Laden zu gehen, um Geschirr und Besteck zu kaufen. Ich war es einfach nicht gewöhnt, mit Geld umzugehen.
    Wir verfügten ja auch nach unserem Auszug immer noch nicht über unser eigenes Geld. Ich wusste zwar, wo die Bank war, aber hingehen und Geld abheben konnte ich nicht. Mutter hat esnicht erlaubt. Sie hat nach wie vor für uns alle eingekauft und mir dann die Lebensmittel gebracht. Ich kochte für meine Familie das, was sie eingekauft hatte. Wenn ich für eines der Kinder ein Paar Schuhe oder einen Pullover brauchte, musste ich zu ihr betteln gehen.
    Es dauerte Monate, bis ich – endlich – den Mund aufmachte. Ich sagte zu Mustafa: »So geht das nicht weiter. Wir arbeiten jetzt beide und verdienen Geld, aber wenn ich etwas kaufen will, muss ich zu Mutter gehen und sie fragen. Wir können uns nicht mal eigenes Geschirr leisten. Ich muss euch beim Essen zuschauen, weil wir nur zwei Teller und zwei Gabeln haben.« Er hörte sich alles an, stand auf und ging zu Mutter . Dort sprach er ein Machtwort, und am nächsten Tag wurde unser Geld tatsächlich getrennt.
    Ich kann mich gut erinnern, wie ich das erste Mal zur Bank ging, um Geld abzuheben. Endlich konnte ich über mein Konto selbst verfügen. Mustafa ist mitgekommen, und es dauerte etwa eine halbe Stunde, bis alle Formalitäten erledigt waren. Wir veranlassten einen Dauerauftrag für die Miete und zahlten fällige Rechnungen. Dann nahm ich die Vollmacht, die ich Mutter vor vielen Jahren erteilt hatte, zurück. Als wir alles erledigt hatten und ich mein erstes Geld in der Tasche wusste, ging ich wie auf Wolken. Von dem Tag an habe ich die Finanzen unserer Familie geregelt. Mustafa kümmerte sich nicht mehr darum. Er half mir lediglich beim Lesen der verschiedenen Rechnungen, aber beim Rechnen konnte er mir bald nichts mehr vormachen. Obwohl ich es in der Schule nicht wirklich gelernt hatte, beherrschte ich inzwischen das Einmaleins. Und auch schwierige Aufgaben verstand ich. Endlich war ich selbstständig, brauchte sie nicht mehr zu fragen, um nichts mehr zu bitten. Das war eine große Genugtuung für mich.
    Aber es war nicht einfach, einen eigenen Haushalt zu führen. Das große Kind in die Schule bringen, das Baby versorgen, die Heimarbeit, dann Einkaufen, Wohnung putzen, Wäsche waschen. Am Anfang war ich ziemlich überfordert. Nein, es lagnicht daran, dass es zu viel Arbeit gewesen wäre. Denn arbeiten konnte ich ja. Das war es nicht. Ich wusste und konnte viele Dinge einfach noch nicht. Alles war neu für mich. Ich wusste ja nicht einmal, wo es Brot und Milch zu kaufen gab. So ist Mustafa in den ersten Wochen immer mitgekommen. Er hat mir die einzelnen Läden gezeigt oder ist mit mir ins nächste Dorf gefahren, wo es inzwischen einen großen Supermarkt gab. Aber natürlich habe ich auch das schnell gelernt, und nach einiger Zeit hatte

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