Michael - der Beschützer
gegessen. Heute hatte sie Erdbeeren mit Sahne und ein Croissant bestellt, das so locker war und so köstlich nach Butter schmeckte, dass es bestimmt unglaublich viele Kalorien enthielt. Es machte ihr nichts mehr aus.
Michael besaß einen gesunden Appetit. Lorelei sah ihm zu, wie er Rührei, Bratkartoffeln und Schinken mit Pepperoni verschlang. Nachdem er letzte Nacht so viel Energie verbraucht hatte, brauchte er eine reichhaltige Mahlzeit.
“Wohin fahren wir?” fragte sie.
“Zu mir, würde ich vorschlagen. Hier bist du wirklich eine Zielscheibe, da der Verfolger mit Sicherheit zur Filmmannschaft gehört.”
“Zu dir?” fragte sie und schob sich eine Erdbeere in den Mund. “Ins Bayou?”
“Nein. Die Hütte steht zwar noch, aber es dauert zu lange, dort hinzukommen und da du ja morgen weiterdrehen musst …”
“Dann hast du also nichts dagegen”, stellte sie fest.
“Wogegen?”
“Ich dachte schon, du könntest mich daran hindern, den Film fertig zu stellen.”
“Es gefällt mir gar nicht, dich wieder einem Risiko auszusetzen”, gab er zu und legte das Besteck auf den Teller. “Aber ich verstehe, dass du deinen Vertrag erfüllen willst.”
“Danke, das ist sehr rücksichtsvoll von dir.”
“Ich bin eben gar nicht so schlecht.”
Sie wusste, dass sie sich auf gefährliches Gebiet wagte. Trotzdem brauchte sie Klarheit. “Was ist, wenn der Film abgedreht ist?”
“Dann kehrst du nach Los Angeles in dein gewohntes Leben zurück.”
Das wollte Michael zwar nicht, aber er hielt den Zeitpunkt für falsch, um über eine gemeinsame Zukunft zu sprechen. Außerdem hatte Lorelei hart für ihre Karriere in Hollywood gearbeitet. Warum sollte sie alles aufgeben? Nur weil sie beide zusammen im Bett einfach großartig waren?
Lorelei hatte sie auf eine Diskussion eingestellt. Sie hatte sich sogar schon zurechtgelegt, was sie über die Schwierigkeiten sagen wollte, wenn sie ihre Karriere in Hollywood verfolgte und er hier in New Orleans arbeitete. Sie wollte erklären, dass sie beide intelligente Menschen waren, die sich auf einen Kompromiss einigen konnten. Dass er sich jetzt so gleichgültig gab, schmerzte sie.
“Willst du mich wieder fallen lassen?”
“Natürlich nicht. Ich wollte nur sagen, dass … Was heißt denn ‚wieder’?”
“Also, ich bin zwar nicht nachtragend, aber du musst doch zugeben, dass du damals Schluss machen wolltest.”
“Ich? Mein Schatz, du hast ein sehr schlechtes Gedächtnis. Ich bin nicht derjenige, der keinen Brief beantwortet hat. Und ich bin auch nicht derjenige, der sich zu Thanksgiving geweigert hat, ans Telefon zu kommen.”
Zu Thanksgiving hatte er ihr einen Verlobungsring schenken wollen. Der Diamant war winzig gewesen, aber Michael hatte dafür drei Monate lang auf das Mittagessen verzichtet und in den Docks zwei Schichten gearbeitet, um ihn bezahlen zu können. Zornig spießte er Bratkartoffeln auf und schob sie in den Mund, um Lorelei nicht zu sagen, wie sehr sie ihn verletzt hatte.
“Von welchen Briefen sprichst du?”
Er legte die Gabel weg und nahm einen Schluck Kaffee. “Ich habe nicht täglich geschrieben, wie wir uns geschworen hatten, aber ich habe dir geschrieben, und zwar oft.”
“Aber ich habe nie … Das muss Julie gewesen sein.”
“Wer ist Julie?”
“Meine Zimmergefährtin im Wohnheim der Uni. Ihre Mutter und meine Mutter waren zusammen auf dem College. Die beiden haben bestimmt einen Plan ausgeheckt, damit ich keine Briefe von dir bekommen.”
Das überraschte ihn nicht sonderlich. Es machte ihn wütend, aber er konnte sich gut vorstellen, dass Maureen Longstreet zu einer solchen List gegriffen hatte.
“Bleibt immer noch die Tatsache, dass du meine Anrufe nicht entgegengenommen hast, als du zu Thanksgiving daheim warst.”
“Ich habe gar nicht gewusst, dass du angerufen hast”, behauptete sie.
Damals war jedes Mal ihre Mutter, ihr Vater oder die Haushälterin ans Telefon gegangen. Zuletzt hatte ihre Mutter kühl erklärt, Lorelei wollte ihn nicht sehen und nicht mit ihm sprechen. Michael glaubte ihr jetzt, dass sie nichts erfahren hatte. Trotzdem …
“Vermutlich warst du zu sehr mit deinen Kommilitonen an der Uni beschäftigt, um mir zu schreiben”, bemerkte er betont lässig und nahm noch einen Schluck Kaffee, obwohl er etwas Stärkeres hätte vertragen können.
“Ich habe dir geschrieben!”
Sie sah ihn mit großen Augen an. Ihre Hand zitterte. Michael hatte genug Verdächtige verhört, um zu erkennen, wenn jemand
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