Michael - der Beschützer
aus Zypressenholz bestaunen. Ihre Mutter hatte Michael zwar nie gemocht, aber sein Haus würde ihr sicher gefallen.
“An guten Tagen ist es wirklich eine Herzensangelegenheit”, bestätigte er. “Dann gibt es Zeiten, in denen ich an meinem Verstand zweifle, weil ich meinen Pensionsfonds in dieses Haus gesteckt habe.”
“Vermutlich ist das Geld hier besser aufgehoben als auf einem Sparbuch.” Sie schob sich an den Holzböcken vorbei, auf denen eine Eichentür lag, die er abgeschliffen hatte, und ging durch einen Torbogen in den Innenhof.
“Der Innenhof war einer der Gründe, aus denen ich mich zum Kauf entschlossen habe”, sagte er, als sie einen begeisterten Ruf ausstieß.
“Wäre mir genau wie dir ergangen.” In dem dreieckig geschnittenen Patio wucherten subtropische Pflanzen, ein Springbrunnen plätscherte. Eine etwa dreihundert Jahre alte Eiche warf Schatten auf die Terrasse aus roten Ziegeln. Lorelei war in dieser Stadt aufgewachsen, die für ihre malerischen Innenhöfe und Gärten berühmt war. Dies war einer der schönsten Innenhöfe, die sie jemals gesehen hatte. “Was für eine wundervolle Oase der Ruhe.”
“Freut mich, dass es dir gefällt.” Michael fühlte sich wieder wie ein verlegener Junge, dem die Worte fehlten. Es sollte ihn eigentlich nicht berühren, dass ihr das Haus gefiel, in das er sich auf den ersten Blick verliebt hatte. Es sollte ihm sogar völlig egal sein, was sie dachte.
“Ich bin restlos begeistert.”
Lorelei ließ sich von ihm herumführen und bestaunte ein Zimmer nach dem anderen. Der achteckige Raum neben dem Schlafzimmer, in dem Michael zurzeit sein Arbeitszimmer untergebracht hatte, wäre für ein Kind perfekt gewesen. Auf einmal gefiel ihr die Vorstellung, Michaels Kinder in diesem entzückenden Haus großzuziehen.
Er sah zu, wie Lorelei über das handgeschnitzte Kopfteil seines Bettes strich. Es war aus Pinie mit vier hohen Pfosten. Er war darin geboren worden, und seine Mutter hatte es ihm für sein Haus geschenkt. Jetzt stellte er sich vor, wie er Lorelei in diesem Bett liebte, wie sie hier seine Kinder zur Welt brachte, wie sie beide ihr Leben lang sonntags im Bett frühstückten.
Doch solche Gedanken waren nicht nur gefährlich, sondern vor allem voreilig. Im Moment musste er für Loreleis Sicherheit sorgen. Und dafür brauchte er einen klaren Kopf. Er durfte sich keinen romantischen Fantasien hingeben, mochten sie auch noch so reizvoll sein.
“Wahrscheinlich willst du das Drehbuch lesen, das Wilder dir geschickt hat”, sagt er.
“Ja, wenn du nichts dagegen hast. Ich will zwar nach diesem Film eine Zeit lang ausspannen, aber Brian wird mich bestimmt fragen, ob ich es mir angesehen habe.”
“Und wir wollen ihn doch nicht enttäuschen”, bemerkte Michael. Er mochte den Drehbuchautor nicht. Und er war eifersüchtig auf Wilders Freundschaft mit Lorelei, ganz zu schweigen von seinem guten Aussehen, das jede Frau ansprechen musste.
“Wenn es dir lieber ist, dass ich es nicht lese …”
“Nein, lass dich nicht aufhalten. Ich sollte ohnedies einige Berichte schreiben.”
In der nächsten Stunden hielten sie sich im Hof auf. Lorelei seufzte, als sie das Drehbuch zu Ende gelesen hatte.
Michael blickte von seiner Schreibarbeit hoch. “Entspricht es nicht deinen Vorstellungen?”
“O doch, es sogar sehr gut. Aber ich fürchte, wir haben schon zu viele Filme zusammen gemacht. Er gerät allmählich auf ein eingefahrenes Gleis.”
“Aha”, erwiderte Michael, obwohl er keine Ahnung hatte, was sie meinte.
“Es geht wieder um eine Frau, die in Gefahr gerät. Und es spielt hier in New Orleans.”
Michael verstand zwar ihre Sorge, auf einen bestimmten Typ festgelegt zu werden. Es gefiel ihm jedoch, dass ihre Arbeit sie wieder zu ihm zurückbringen würde. “Ich habe in der Zeitung gelesen, dass New Orleans für Dreharbeiten immer beliebter wird.”
“Stimmt, aber diese Geschichte ist schrecklich düster. Nach allem, was ich durchgemacht habe, reizt es mich nicht sonderlich, in einer ehemaligen Sklavenunterkunft gefangen gehalten zu werden.”
“Ich kann mir gut vorstellen, wieso du diese Rolle nicht spielen willst”, meinte Michael vorsichtig. Er hatte das Gefühl, sich genau wie draußen im Bayou auf unsicherem Boden zu bewegen.
Eigentlich wollte er ihr erklären, dass sie hierher nach New Orleans und zu ihm gehörte. Irgendwie würden sie es schon so einteilen können, dass sie zusammenleben konnten. Doch dann erinnerte er sich daran,
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