Michael - der Beschützer
jüngsten Brief erfuhr.
“Ich engagiere sofort einen Leibwächter, der dich rund um die Uhr beschützt”, erklärte er. “Das hätte ich sofort machen sollen.”
“Das ist nicht nötig”, wehrte Lorelei auch jetzt wieder ab.
“Du hast das nicht mehr zu entscheiden.”
“Es geht aber um meinen Beruf und mein Leben.”
“Es geht zwar um dein Leben”, entgegnete der Regisseur. “Falls dir aber etwas vor Beendigung der Dreharbeiten zustößt, wird dieser Film zur Pleite. Also habe ich ein berechtigtes Interesse an deinem unvergleichlichen Luxuskörper. Und darum werde ich für ausreichenden Schutz sorgen.”
“Wie schön du dich doch ausdrückst”, entgegnete sie gereizt.
“Wenn du jemanden suchst, der sich gewählt ausdrückt, geh zu Wilder. Ich bin nichts weiter als ein entnervter und überarbeiteter Regisseur. Und ich will verhindern, dass irgendwelche kleinkarierten Erbsenzähler mir den Auftrag für diesen Film entziehen.” Er wandte sich an Gerard, der mit verschränkten Armen an der Wand lehnte. “Könnten Sie dieser dickköpfigen Magnolie aus Stahl erklären, dass ein Leibwächter die perfekte Lösung wäre? Ganz besonders, weil wir so viele Außenaufnahmen haben?”
“Ein Bodyguard könnte wirklich nicht schaden”, bestätigte der Detective.
2. KAPITEL
M ichael gab nun schon seit einer Woche auf einem Kasinoschiff beim Black Jack die Karten. Seine Kleidung roch nach Zigarettenrauch, und er konnte den Alarm, wenn ein Jackpot getroffen wurde, nicht mehr hören. Wie freute er sich bereits auf die relative Ruhe in seinem Büro!
Nachdem er den Dienst bei der Polizei von New Orleans quittiert hatte, war er selbstständiger Privatdetektiv geworden. Die Arbeit bei der Mordkommission hatte ihm gefallen. Allerdings war er in einen politischen Streit geraten, der von verschiedenen Interessensgruppen im Tourismusgeschäft ausgetragen wurde. Es sollte vertuscht werden, dass ein Mann, der im Französischen Viertel mehrere Frauen vergewaltigt hatte, zum Mörder geworden war.
Michael hatte seine Pflicht erfüllt und den Killer unschädlich gemacht. Danach hatte er jedoch einem System, das Geld über unschuldige Menschen stellte, den Rücken gekehrt. Er hatte die Polizei verlassen und die Blue-Bayou-Detektei eröffnet. Allerdings reizte es ihn nicht, für den Rest seines Lebens Ehemänner auf Abwegen aufzuspüren. Daher hatte er sich auf Personen- und Firmenschutz spezialisiert.
Angesichts der unsicheren Zeiten bekam er mehr Aufträge, als er annehmen konnte. Das war einer der Gründe gewesen, aus denen er seinen Bruder Shayne liebend gern als Partner aufgenommen hatte. Shayne war erst vor kurzer Zeit nach New Orleans zurückgekehrt, nachdem er ein Jahrzehnt für den Geheimdienst gearbeitet hatte.
Shayne begrüßte ihn mit einem Lächeln, als er das Büro betrat, das sich im Französischen Viertel über einem Antiquitätenladen befand.
“Vermutlich hast du deinen Mann geschnappt”, sagte Shayne.
“Ich bin immer erfolgreich. In diesem Fall war es allerdings eine Frau.”
Michael sah sich um. Auch nach drei Monaten Zusammenarbeit mit seinem Bruder hatte er sich noch nicht an die Veränderungen gewöhnt. Früher war das Büro behaglich gewesen. Jetzt war es mit modernsten Geräten und Computern ausgestattet. Michael vermisste zwar die geliebte Unordnung, musste aber zugeben, dass Shaynes Buchhaltungssystem viele Probleme löste.
Er holte aus der Kühltasche zwei Flaschen Bier, öffnete sie und reichte seinem Bruder eine.
Shayne nahm einen langen Schluck. “Das hat mir wirklich bei meinen Reisen im Ausland gefehlt”, meinte er und betrachtete genussvoll die Flasche.
Michael setzte die Flasche an die Lippen. “Ich dachte, Europa wäre ein Paradies für Biertrinker.”
“Da drüben fließt das Bier wie Wasser”, bestätigte Shayne. “Ich habe mich allerdings in Kreisen bewegt, die Champagner bevorzugen.”
“Muss hart für dich gewesen sein, so viele Jahre die Rolle eines Playboys im Jetset zu spielen”, meinte Michael.
“Richtig”, stimmte Shayne amüsiert zu. “Aber jemand musste sich opfern, damit Amerika frei bleibt.”
Michael ließ sich auf das neue Ledersofa fallen, legte die Füße auf den Tisch und trank. Im Sommer lastete die Schwüle schwer auf der Stadt. Die Klimaanlage schaffte es nicht, für die nötige Abkühlung zu sorgen, und das Hemd klebte ihm bereits am Rücken.
Shayne dagegen wirkte in seinem weißen Seidenhemd wie aus dem Ei gepellt. Michael konnte keine
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