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Michael, der Finne

Michael, der Finne

Titel: Michael, der Finne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Waltari
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Rettung?«
    Der Jüngling schien etwas schwer von Begriff; er kratzte sich hinterm Ohr.
    »Hm?« sagte er. Aber gleich ermannte er sich und erzählte uns, daß er Andy Karlsson heiße und aus der Pfarre Letala stamme. Er war in die Stadt gekommen, um das Schmiedehandwerk zu erlernen, da er versehentlich den Amboß des Schmiedes in seinem Heimatbezirk zerbrochen und der Mann ihn in seiner Wut aus der Schmiede gejagt hatte.
    »Wie konntest du einen Amboß zerbrechen?« fragte ich bewundernd. Andy wandte mir seine ehrlichen, grauen Augen zu, als er antwortete.
    »Der Schmied gab mir den Hammer in die Hand und hieß mich zuschlagen, und das tat ich denn auch. Dann meinte er: ›Schlag fester zu‹, und ich schlug fester. Aber er fuhr fort: ›Fester, fester‹, und schließlich ergriff ich den größten Hammer und schlug dem Amboß die Nase ab.«
    Jungfer Pirjo maß ihn erstaunt und sprach: »Diese meine Hütte hat sich in einer Ecke gesenkt, so daß der Fußboden jetzt schief liegt. Wenn ich ihn scheure, so läuft alles Wasser in jener Ecke zusammen und läßt die Balken verfaulen. Ich habe oft daran gedacht, den Schaden beheben zu lassen. Könntest du mir die Ecke der Hütte heben, so daß ich ein paar Steine darunterschieben könnte?«
    »Gern«, erwiderte Andy. Sie gingen zusammen hinaus, und bald darauf begann es fürchterlich zu knarren und zu krachen, mein Bett schwankte wie auf stürmischer See, und Jungfer Pirjo rief ängstlich: »Wirf das Haus nicht um, du Dummkopf! Schon gut, schon gut!«
    Als sie wieder eintraten, war Andy nicht einmal außer Atem. Jungfer Pirjo saß, das Kinn in die Hand gestützt, und sah ihn an. Schließlich fragte sie: »Bist du ganz richtig im Kopf, du armer Junge?«
    Nach einigem Nachdenken sah Andy sie an und erwiderte bescheiden: »Ich mag ein bißchen langsam sein, aber ich tue niemals absichtlich unrecht. Natürlich wollte ich vorhin keineswegs Eure Hütte umwerfen. Ich kann nur meine Kraft nicht bezähmen. Das ist mein ganzes Unglück. Das hat mich aus der Heimat vertrieben und aus der Schmiede auch.«
    Ich bat ihn, uns von seinem Elternhaus zu erzählen.
    »Ich komme aus einem armen Ort und einer armen Familie. Mein Vater und meine Mutter hatten nichts – nichts als ihre Kinder. Jedes Jahr eins, manchmal auch zwei zugleich. Wir waren achtzehn Mäuler, die es zu füttern galt, und ich glaube, Mutter wußte unsere Namen nicht ganz genau, denn ihr Gedächtnis fing an nachzulassen, als sie die Zähne verlor. Ich war natürlich brauchbar, weil ich alle Wagen ziehen konnte. Aber wenn ich mich in die Stränge legte, dann hatte Vater mit dem Ausbessern der Wagen so viel zu tun, daß er sagte, ein Pferd käme billiger. Seht Ihr, ich wollte, da ich schon die Arbeit eines Pferdes verrichtete, auch essen wie ein Roß, aber das paßte Vater nicht, denn in einem armen Haus ist die Nahrung knapp, selbst wenn das Brot zur Hälfte aus Rinde besteht.«
    Er wischte sich eine Träne aus dem Auge und fuhr fort:
    »Ich weiß nicht, warum ich mit mehr Kraft gesegnet worden bin, als in einem kleinen Dorf Platz hat. Mein Vater und meine Mutter sind beide schmächtig und klein, und wenn ich mit meinen Brüdern Tauziehen spielte, konnte ich sie alle zehn ausheben, wenn das Seil hielt. Aber es heißt, mein Großvater sei ein starker Mann gewesen, der sich nicht scheute, einen Bären mit der Axt anzufallen; er starb auch in der Umklammerung eines Bären. Mein Vater glaubte, mir würde es als Soldat am besten gehen. Aber ich halte gar nichts davon, denn ich fürchte das Lärmen und Schelten. Die Mutter brach einen Brotlaib entzwei und gab mir einen halben zum Abschied mit; sie flüsterte mir zu, ich solle das Schmiedehandwerk erlernen. Ich will ja tun, was sie mir riet, aber wie wird es mir in dieser großen Stadt ergehen? Vielleicht werde ich nicht einmal genug zu essen haben.«
    Er brach in hilfloses Weinen aus, obgleich er ein erwachsener Mann war, und unter Tränen stammelnd erzählte er, wie er von daheim fortgezogen war.
    »Es war schwer, jenen vertrauten Ort zu verlassen. Ich stand lange am Tor und schaute zurück, bevor ich es übers Herz brachte, mich auf den Weg zu machen. Und dann lief ich unglückseligerweise einem Bären in den Weg. Er bäumte sich auf und ging mich an. Ich hatte Angst, dachte aber an meinen Großvater und an meine Heimatlosigkeit und fühlte, es sei das beste für mich, in der Umklammerung des Tieres zu sterben, denn ich war nur eine Last – selbst für meine eigene Familie.

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