Michael, der Finne
Pescara getan.«
Die Hauptleute betrachteten den Hügel und meinten, Andy habe vernünftig gesprochen; nach weiterer Beratung wurde der Plan ausgeführt.
Oben angelangt, pflanzte Müntzer das Regenbogenbanner auf und taufte, durch die Aussicht und den frischen Wind aufgemuntert, den Ort den »Hügel der Schlacht«. Die Bauern, denen die Wälder in ihrem Rücken ein großer Trost waren, gingen willig ans Werk, fällten Bäume, spitzten Pflöcke zu und errichteten die Verschanzung, während Andy die Aufstellung der Geschütze überwachte. Als er die Stellung gründlich untersucht hatte, bemerkte er, wenn die Fürsten nicht weit überlegene Kräfte hätten, würden sie diese Festung nicht einmal zu nehmen versuchen, sondern lieber verhandeln. So hielt er es für ratsam, zur Stadt zurückzukehren, wie Müntzer und viele andere, und sich dort nach einigen weiteren brauchbaren Geschützen umzusehen. Zusammen wanderten wir das geschützte Tal hinab, wo Ochsenfuhrwerke und Wagen schon eine gangbare Straße hinterlassen hatten, und erst jetzt fiel mir ein, Andy zu fragen, was er mit Madame Geneviève getan habe.
Er antwortete: »Die Mutter unseres Sohnes ist ein mutwilliges, leichtfertiges Geschöpf. Sie meinte, ihretwegen könnten wir zur Hölle fahren; sie denke nicht daran, mit Taugenichtsen in den Krieg zu ziehen und all ihre Habe zu verlieren. Sie hatte sich bei einem reichen Bauern eingenistet und schläft süß im Bett seines Weibes, denn er hat seine Familie fortgeschickt und ist in der Brauerei zurückgeblieben, um nach dem Rechten zu sehen.«
Ich fragte ihn, ob er glaube, dieser Mann würde Madame Genevièves guten Ruf schützen, was eigentlich uns als den Vätern ihres Sohnes zukäme. Andy aber meinte, der Brauer habe in der Tat für nichts anderes mehr Zeit und habe selbst das Bier sauer werden lassen.
Als wir zu Frankenhausen in unserem Quartier anlangten, brachte Andy ein Bündel zum Vorschein, das er am Morgen in eine Ecke geworfen hatte. Er öffnete es und zeigte mir ein feines Samtwams, eine Mütze mit einer Feder und enganliegende Hosen und sagte mir, er habe sie in Mühlhausen billig für mich gekauft, daß ich mich nötigenfalls meinem Stand gemäß kleiden könne – zum Beispiel, wenn ich des Herzogs Geleitbrief benützte. Er hatte nur einen Gulden und zwei Schillinge für die Kleider bezahlt, die in leidlich gutem Zustand waren, und ich war entzückt darüber, war ich doch nur die schlichte Tracht des Scholaren gewöhnt.
Mir war jedoch nach der Entlohnung meiner Kanoniere nur wenig Geld geblieben, und da ich kaum hoffte, das Gewand tragen zu können, das Angehörigen meines Standes verboten war›überwand ich die Versuchung.
Andy rollte die Kleider wieder zusammen und verstaute sie unter dem Backtrog. Er meinte: »Wie du willst. Aber vergiß nicht, die Nachfrage bestimmt den Wert, und wenn ich sie dir heute zum Selbstkostenpreis verkaufen wollte, könnte ich ein anderes Mal, wenn du sie nötig brauchst, fünf Gulden dafür verlangen und so das Geld wieder bekommen, das du mir auf dem Weg von Weimar abgepreßt hast. Aber das ist schließlich deine Sache.«
Dann untersuchten wir die Kanonen, die herrenlos vor dem Rathause lagen; aber Andy schüttelte nur den Kopf dazu. So suchten wir ein Wirtshaus auf, das gedrängt voll war. Geld und gute Worte verschafften uns einen Humpen Dünnbier und einen Happen Schweinefleisch; während wir unseren ärgsten Hunger stillten, hörten wir auf die Reden der Bauern. Wer ihnen lauschte, hätte glauben können, sie hätten tausend gewappnete Reiter mit bloßen Fäusten in die Flucht geschlagen, und die Zahl der Toten des Feindes war schon auf zweihundert gestiegen. Das Wichtige daran war jedoch, daß sie sich nur zutrauten, mit den fürstlichen Truppen fertig zu werden, wie stark sie auch seien. Nachdem wir ihnen ein Weilchen zugehört hatten, begaben wir uns in die Kirche, um wirkliche Neuigkeiten zu hören.
Der Bauer, der nach Vorräten ausgezogen war, war zu aller Erstaunen wieder zurück. Er berichtete, sein Haus sei zwar vom Feind besetzt, jedoch unbeschädigt geblieben; seine Familie habe sich mit dem Vieh in die Wälder geschlagen. Die in seinem Haus einquartierten Soldaten erzählten ihm, sie ständen in Markgraf Philipps Diensten, mit dem der Herzog von Braunschweig sich verbündet habe. Sie waren sehr stolz darauf, daß sie in einer einzigen Nacht von Eisenach bis Frankenhausen geritten waren, und meinten, sie warteten nur, um ihren Pferden Rast zu
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