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Michael, der Finne

Michael, der Finne

Titel: Michael, der Finne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Waltari
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gönnen und das Fußvolk nachkommen zu lassen; dann würden sie die Bauernhaufen ungesäumt angreifen und vernichten. Sie wüßten, daß er als Spion gekommen sei; das kümmere sie jedoch nicht, denn ihrer seien zweitausend; und er hatte auch ihre Pferde gesehen, es waren sehr viele. Dann hatte man ihn vor den Markgrafen Philipp gebracht, der nach seinem großartigen Ritt bei strahlender Laune war und ihm auftrug, den Frankenhausern zu sagen, er werde sie schonen, wenn sie ihre Waffen, Fahnen und Führer ausliefern und nach ihren Wohnorten zurückkehren wollten. Überdies müßten sie sich verpflichten, allen Schaden zu ersetzen, den sie auf Burgen und Herrenhäusern angerichtet hätten.
    »Das Tor zur Vergebung steht euch offen, bis meine Pferde ausgeruht sind«, hatte er gesagt. »Heute will ich dich nur verbleuen. Morgen aber werde ich dich und deine Kameraden erschlagen.«
    Der Bauer, der beim Sprechen viele absonderliche Gesichter schnitt und zugleich beschränkt und schlau schien, meinte, er glaube, der Markgraf wisse nicht, daß der Herzog Georg von der anderen Seite heranrücke und ließe sich daher vielleicht zu Verhandlungen herbei. Darauf aber widersprachen die Anwesenden laut; sie wollten die Fürsten zuerst schlagen und dann verhandeln. Da wurde des Burschen Gesicht länger und länger. Er meinte, er sei kein besonders tüchtiger Kriegsmann; außerdem schmerze ihn der Rücken von der empfangenen Tracht Prügel, und der Markgraf habe wirklich sehr viele Reiter. Er wolle daher, mit Verlaub, wieder ruhig nach Hause gehen.
    Da schrie alles empört auf, und viele schwielige Fäuste packten ihn. Zum Glück waren in der Kirche Leute aus seinem Dorf anwesend, die ihn vor der allgemeinen Entrüstung schützten und erklärten, er sei wirklich einfältig. So ließ man ihn in Frieden ziehen, obschon Müntzer ihm nachrief, das Tor der Gnade stehe auch den Fürsten offen, wenn sie bescheiden anklopfen und um Aufnahme in die Gemeinschaft der Auserwählten bitten würden.
5
    Bei Tagesanbruch sollte sich alles auf dem »Hügel der Schlacht« einfinden; ich glaube, ich habe nie einen traurigeren Montagmorgen erlebt. Kühler Regen fiel, wir waren übernächtigt und mißgelaunt.
    Doch mit der aufgehenden Sonne, die Wolken und Regen bis auf einen kurzen Schauer dann und wann verscheuchte, hoben sich auch unsere Lebensgeister. Das durchnäßte Banner trocknete und wehte wieder im Wind. Bald herrschte reges Treiben, da die Männer die Verschanzung verstärkten, die Wagenräder fest in den Boden betteten und bei der Arbeit warm wurden. Unsere Kanoniere hatten während der Nacht ihr Pulver trocken gehalten. Sie hatten auch die besten Stücke von einem Pferd geschnitten, das am Vortag umgekommen war; in der glühenden Asche geröstet, schmeckten sei nicht übel. Doch bald erspähten wir berittene Trupps, die von Osten näher kamen; einige wagten sich ein Stück den Hang herauf, nahe genug, um uns Beschimpfungen und Drohungen zuzurufen. Bald darauf wurden im Osten und im Westen marschierende Heersäulen sichtbar. Bei der großen Entfernung und in dem weiten Tal sahen sie nicht so gewaltig aus; als aber die Sonne die grauen Wolken durchdrang, funkelte sie auf den Lanzenspitzen und Harnischen. Andy beschattete die Augen mit der Hand und bemerkte: »Sie haben Artillerie – schwere Artillerie. Ich kann sechzehn Stück in einem Gespann zählen. Wenn sie fahrbare Kartaunen haben, so ist es hohe Zeit für unseren Meister, zum Herrn um Hilfe zu rufen, denn unser kleines Spielzeug hier vermag nichts dagegen.«
    Gleich darauf luden die Trommeln die Führer zu einem Kriegsrat. Hier verkündete Müntzer, daß Herzog Georg heranziehe und es nur recht und billig sei, ihm eine Botschaft von Gottes Ratschluß zu überbringen. Dann verlas er einen Brief, den die Hauptleute verfaßt hatten, des Inhalts, daß die Bauern nur die Gerechtigkeit Gottes forderten und nutzloses Blutvergießen vermeiden wollten. Ein ähnlicher Brief sollte an den Markgrafen Philipp gehen, darin er aufgefordert wurde, heimzukehren und nicht noch mehr Haß unter anständigen Leuten zu erregen. Die Führer hörten zustimmend auf diese maßvollen Worte und wählten vier handfeste Männer als Boten aus.
    Der Nachmittag verging in Frieden. Markgraf Philipps Truppen schlugen ihr Lager im Westen der Stadt auf, außerhalb der Schußweite unserer Kanonen, während von Osten die vereinten Streitkräfte Herzog Georgs und der Mansfelder Adeligen heranrückten, die ruhig auf dem

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