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Michael, der Finne

Michael, der Finne

Titel: Michael, der Finne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Waltari
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hochmütigen Adeligen wirklich nichts zu danken hätten; hatten jene doch nichts anderes getan, als sie unterdrückt und ihre Rechte beschnitten. Ein großer Trost lag in dem Gedanken an die vielen städtischen Ämter, die nun in der schönen Stadt frei geworden waren.
4
    Ich begann wieder Mut zu fassen, aber der Gedanke, dem Domkapitel meine Aufwartung zu machen, widerstrebte mir. Ich wollte sie nie wieder sehen. Doch wagte ich nicht, auf eigene Faust das Priesterkleid anzulegen oder die Tonsur zu nehmen. Am Sonntagabend jedoch wurde ich geholt und in ein Zimmer des Palastes geführt, wo Meister Slagheck eben dabei war, Bischof Vincentius’ Mitra anzuprobieren. Er hatte sich die Gewänder des guten Bischofs gesichert, um die Auslagen für neue zu ersparen.
    Bei meinem Eintritt unterbrach Meister Slagheck diese ruchlose Beschäftigung, legte die Mitra beiseite und sprach: »Nun, Michael! Seid Ihr ein aufrichtiger Mann des Königs oder ein müßiger Taugenichts? Antwortet, damit ich weiß, wie man mit Euch verfahren soll!«
    Ich erwiderte, ich hätte nun einmal auf des Königs Pferd gesetzt und müsse wohl trachten, im Sattel zu bleiben, wie halsbrecherisch die Reise auch dahingehen möge.
    Dies gefiel ihm gar wohl, und er sprach: »Seine Majestät wünscht Euch zu empfangen und Euch mit einer wichtigen Aufgabe zu betrauen. Ihr braucht den Weg, den Ihr eingeschlagen habt, nicht zu bereuen, sondern sollt der Gunst des Königs versichert sein, solange Ihr Eure Pflicht treu und redlich erfüllt.«
    Er ging mir voraus, über eine Treppe in der dicken Mauer, die in ein geheimnisvolles Gemach führte, wo der König selber mit gerunzelten Brauen saß und offenbar gewaltig unter den Nachwirkungen der Festlichkeiten litt.
    Seine Majestät wandte sich an mich mit den Worten: »Ihr seid ein Finne, nicht wahr? Ihr ward der Schreiber des kirchlichen Gerichts, das mich in die peinliche Notwendigkeit versetzte, die Häupter der edelsten Familien Schwedens abschlagen zu lassen. Wenige Könige sind je zu einem grausameren Entschluß gezwungen worden. Doch glaube ich, daß alle rechtdenkenden Menschen meine schwierige Lage verstanden haben und mich unterstützen werden.«
    Ich antwortete, ich für meinen Teil verstünde vollkommen und böte ihm als treuer Untertan meine Dienste an.
    Allein ich fügte hinzu: »Da ich durch die Gunst des Erzbischofs geweihter Priester bin, sehe ich mich als gehorsamer Sohn der Kirche gezwungen, darauf hinzuweisen, daß die Bischöfe Matthias und Vincentius heilige Männer waren, die selbst das kirchliche Gericht für schuldlos befand. Es war daher eine große Sünde und ein Verbrechen gegen die heilige Kirche, sie hinrichten und ihre Leichen verbrennen zu lassen, ohne ihnen auch nur den Empfang der Sakramente oder eine Verteidigung vor Gericht zu gestatten.«
    Der König warf mir aus seinen großen Augen einen feindseligen Blick zu und rief: »Ich wünsche keine Antworten auf Fragen, die ich nicht gestellt habe, und Ihr werdet gut daran tun, das nicht zu vergessen. Diese Herren, die Ihr heilig nennt, waren Mitglieder einer Pulververschwörung gegen mein Leben; und das mögt Ihr allen in Finnland erzählen, die Euch fragen. Doch erzählt es mit gebührender Vorsicht als ein Geheimnis, da eine solche Bedrohung meines Lebens unter den königstreuen Bürgern Unruhe hervorrufen könnte.«
    Über diese Neuigkeit war ich redlich bestürzt und erkannte, daß die beiden Bischöfe in der Tat ihr Schicksal verdient hatten, wenn sie die Pflichten ihres heiligen Standes so sehr hatten vergessen können. Dafür hatte ich keinen weiteren Beweis als das Wort Seiner Majestät und die Grimassen von Meister Slagheck; doch brachte ich es nicht über mich, zu glauben, daß mir der König mit einer wissentlichen Lüge auf den Lippen so ruhig in die Augen hätte sehen können.
    Er beobachtete aufmerksam die Wirkung seiner Worte auf mich und fuhr fort: »Eine Königskrone ist keine leichte Last, und viele Sorgen machen sie noch schwerer. Gott – und nur Gott allein – muß ich Rechenschaft über alle meine Handlungen ablegen. Als Schreiber des Gerichtes werdet Ihr wissen, daß Electus Hemming Gadh Namen und Siegel unter jenes ketzerische Dokument setzte; das hat mich tief erschüttert. Ich wünschte, von ihm wegen seines Eifers für meine Sache meine gute Meinung behalten zu können. Allein er ist offensichtlich ein Erzketzer. Ich habe Grund, anzunehmen, daß sein Eifer nur das Ergebnis einer ketzerischen Neigung zu

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