Michael, der Finne
und habe ihre Krankheiten studiert –, so deutlich sehe ich auch, daß König Christian mit jedem Schwerthieb des Scharfrichters seine eigene herrliche Krone in Trümmer schlägt. Ich bemerkte auf meinen Reisen, daß sich Männer in den Wäldern versteckt halten – Männer, die dem versprochenen Pardon des Königs nicht trauen –, und wenn sich unter ihnen ein geeigneter Führer findet, so werden sie ihn zu ihrem König wählen. Er braucht keine Nebenbuhler zu fürchten; König Christian in seiner Torheit hat sie ihm alle aus dem Wege geräumt.«
Ich antwortete, daß nun an keinen anderen Monarchen mehr zu denken sei, wo König Christian gekrönt und gesalbt war und die Stände mit Eid und Siegel Schweden auf immer zu seinem und seiner Erben Besitz erklärt hatten.
Und ich setzte hinzu: »Das Volk mag saure Gesichter ziehen, aber es hat sich die Suppe selbst eingebrockt und muß sie nun auslöffeln.«
Meister Paracelsus maß mich in der zunehmenden Dämmerung mit den schrecklichen Augen des Sehers und bemerkte: »Ich möchte ganz gerne wissen, welches Süpplein Ihr habt mitkochen helfen, Michael Pelzfuß! Vergeßt nicht, wenn man dem Teufel den kleinen Finger reicht, nimmt er die ganze Hand!«
Seine Bemerkung ließ mich verstummen, und ich bekreuzigte mich mehrmals. Doch nun schwiegen endlich die Trommeln, die Menge verlief sich und der Scharfrichter sank, keuchend vor Anstrengung, auf die Stufen des Blutgerüstes. Er war vom Scheitel bis zur Sohle blutgetränkt und mußte seine Schuhe ausziehen, um sie zu leeren. Selbst die Söldner wichen angewidert vor ihm zurück.
Aber Doktor Paracelsus führte mich vor ihn und sagte: »Verkauft mir Euer Schwert, Meister Jörgen, auf daß ich eine kostbare Erinnerung an Schweden besitze. Ich verspreche, es nach Gebühr in Ehren zu halten, denn es gibt gewiß in der ganzen Christenheit kein Schwert, das so voller Kraft steckt wie Eures jetzt!«
Meister Jörgen betrachtete die Waffe, einen breiten Bihänder mit Kreuzgriff und einem großen, runden Knauf obendrauf.
»Offen gesagt«, erwiderte er, »ich bin ein gottesfürchtiger Mensch, und wenn ich nun darüber nachdenke, so fürchte ich mein eigenes Schwert, weil ich ahne, daß in ihm alle Geister und Kräfte wohnen, die es heute losgelassen hat. Es ist auch schartig, und wenn ich es an den Schleifstein hielte, so würde es mir, fürchte ich, die Finger abbeißen. Nehmt es, Meister Paracelsus, und tragt es im Gedenken an mich. Ich will kein Geld, nur ein anderes, ähnliches und frisch geschliffenes Schwert. Doch darüber können wir später reden. Meine Kleider fangen an, mir am Leibe anzufrieren, und ich werde mir den Tod holen, wenn ich nicht in die Badestube eile und trockene Sachen anlege!«
So erwarb Doktor Paracelsus das Henkerschwert, das in so viel Kraft getaucht war und das er bis an sein Lebensende trug. Ihm verschlug es nichts, daß man ihn wegen dessen Länge verspottete, die ihn beständig darüber stolpern ließ, denn er behauptete, der Klinge wohne Zauberkraft inne. Viele haben sich schon über das Geheimnis dieser Waffe den Kopf zerbrochen; daher habe ich getreulich berichtet, wie sie in seinen Besitz gelangte.
Aber ich erkrankte, und als ich endlich ins Bett kam, übergab ich mich fortwährend, und ein heftiges Fieber schüttelte mich. In jener Nacht wurde in Stockholm kaum ein Auge zugetan. Aus jedem Haus hörte man es schluchzen. Söldner erbrachen die Häuser der Gerichteten, zwangen die Frauen, die Schlüssel herauszugeben, und plünderten dann Kasten und Truhen, so daß die Witwen und Waisen nun auch der bitteren Armut preisgegeben waren. Ich glaube jedoch nicht, daß dies auf Befehl des Königs geschah, wie viele behaupteten, die ihm nun an allem die Schuld zuschreiben wollten.
Den ganzen nächsten Tag lagen die geköpften Leichen auf dem Großen Platz, zum größten Entsetzen der Bevölkerung; aber der König ließ Holz in die südlichen Vorstädte schaffen und dort zu einem Stoß aufschichten. Am Samstag wurden die Toten auf Karren geladen und zur Verbrennung dorthin geschafft. Auch Sten Stures Leiche wurde ausgegraben, um mit den übrigen Ketzern verbrannt zu werden. Die Absicht des Königs war, darzutun, daß es sich um die von der Kirche für Ketzerei vorgesehene Strafe und keineswegs um einen persönlichen Racheakt handelte. Seine Anhänger bemühten sich nach Kräften, diese Auslegung im Volk zu verbreiten, und es dauerte nicht lange, bis viele Bürger zueinander bemerkten, daß sie jenen
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