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Michael, der Finne

Michael, der Finne

Titel: Michael, der Finne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Waltari
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ihn scherzend, was er tun solle.
    Der Soldat grüßte ihn mit einer tiefen Verbeugung und antwortete ehrfurchtsvoll: »Nichts Gutes, edler Herr! Ich bitte Euch um Vergebung, aber der Befehl ist ergangen, daß Euer Gnaden Haupt verfallen ist.«
    Ich denke nicht, daß sie ihm glaubten, sondern daß sie gleich mir, der ich den sonderbaren Humor der Deutschen kannte, seine Worte für einen grimmigen Scherz nahmen. Wie dem auch sei, die Bischöfe wurden aus dem Palast geführt, und die Soldaten drängten mich wieder hinein. Ich kehrte in den Speisesaal zurück, erzählte, was ich gehört und gesehen hatte, und setzte hinzu, daß es gewiß irgendein rauher Spaß sei. Doch viele der Prälaten erbleichten. Bischof Jens drückte die Hand an die Brust und klagte über Atemnot, während ein paar andere einem plötzlichen Unwohlsein zum Opfer fielen. Diese wies der Dominikanerprior, der im Palast Bescheid wußte, an einen stillen Ort. Als nach ihrer Rückkehr alle wieder im Speisesaal versammelt waren, kam einer von Bischof Matthias’ Dienern herbeigelaufen, der bitterlich weinte, seinen Rock zerrissen hatte und dem Blut aus der Nase floß, und erzählte uns, daß auf dem Großen Platz ein Blutgerüst und ringsherum eine Anzahl Galgen errichtet worden seien. Die beiden Bischöfe, sagte er, knieten eben vor dem Block, und viele andere Gefangene seien dahin unterwegs.
    Darüber schrien viele Herren vor Schreck auf und vergruben das Gesicht in den Händen.
    Bischof Jens aber sprach: »Eilen wir zum König und flehen wir ihn an, die Schuld einer solchen Greueltat nicht auf sich zu laden!«
    Bis auf den Erzbischof verließ alles eilends den Raum, und ich folgte ihnen, stumm vor Schreck. Aber Meister Slagheck trat uns mit ausgebreiteten Armen entgegen und untersagte uns mit vielen deutschen Flüchen, Seine Majestät zu stören, die schon von Kummer über die Maßnahmen geplagt werde, die der kirchliche Gerichtshof sie zu unternehmen gezwungen habe.
    Den Prälaten blieb nichts anderes übrig, als in den Speisesaal zurückzukehren, wo sie laut zu Gott um Gnade beteten. Sie wagten nicht, einander ins Gesicht zu sehen, und mir ging es nicht besser; eisige Schauer und brennende Hitze überliefen mich abwechselnd, und ich erkannte nun, warum es so schwer gewesen war, einen Schreiber zu finden, der die Erkenntnisse des Gerichtshofes niederlegte. Doch konnte ich das Schlimmste nicht glauben und bildete mir ein, der König wolle die Adeligen nur erschrecken – er wolle einige enthaupten und die anderen ziehen lassen. Davon wollte ich mich selbst überzeugen und suchte zu diesem Zweck Meister Slagheck auf. Er schlug mir kräftig auf die Schulter und hieß mich unter schallendem Gelächter guten Mutes sein; nur Schurken sollten ihre wohlverdiente Strafe erhalten. Auf meinen Wunsch befahl er einem Hellebardier, mich zu geleiten, so daß ich sicher und unbehelligt auf den Großen Platz gelangen und dort das Urteil vollstrecken sehen könnte.
    Zu Tode erschrocken, trottete ich hinter dem Fußsoldaten durch verlassene Seitengäßchen auf den Platz, wo eine große Volksmenge entgeistert wartete. Rings um das Blutgerüst, hinter einem Wald von Lanzen, standen die Adeligen Schwedens. Die Zahl der Verurteilten nahm ständig zu, denn viele, welche die Stadt schon verlassen hatten, kehrten zurück, nur um am Tor aus dem Sattel gezerrt und auf den Platz geschleppt zu werden. Auch viele Bürger waren darunter, die man bei ihrer ehrlichen Beschäftigung ergriffen hatte, den einen an seinem Pökelfaß, den anderen an seiner Waage. Viele hatten noch ihre Lederschürzen um und die Hemdärmel hochgekrempelt. Auf dem Balkon des Rathauses standen einige Ratgeber Seiner Majestät, die hin und wieder dem Volke zuriefen, sich über die Strafe, die Verbrecher, Verschwörer und Ketzer treffen sollte, nicht zu entsetzen. Doch viele Bürger unter den Angeklagten riefen dagegen, dies sei Lüge und Verrat.
    »Ihr guten, ehrenwerten Männer Schwedens!« riefen sie. »Nehmt euch das Unrecht und die Ungerechtigkeit, die uns widerfährt, wohl zu Herzen, denn dasselbe Schicksal erwartet alle, die den Worten von Gewaltherrschern Glauben schenken und sich schändlich betrügen lassen. Schlagt diesen Tyrannen zu Boden! Wir werden im Himmel um Kraft für euch beten, und aus den Rinnsteinen Stockholms wird unser Blut nach Rache schreien!«
    Dem Generalprofos mißfielen die fortgesetzten Aufschreie, und er ließ die Trommler einschlagen, um sie zu übertönen, wodurch er die

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