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Michael, der Finne

Michael, der Finne

Titel: Michael, der Finne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Waltari
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Kreuz nehmen und gegen die Türken auf Rhodos kämpfen wolle, so sei dies ein löblicher Entschluß, der ihn überdies, wenn er ihn ausführe, schnurstracks ins Paradies bringe. Außerdem liege darin offenbar der einzige Weg, ins Heilige Land zu gelangen.
    Wir wurden jedoch eines weiteren Wortwechsels enthoben, denn es zeigte sich, daß ich in jenem Wirtshaus mit meiner Börse zuviel Aufsehen erregt hatte. Als wir am nächsten Tag in der Dämmerung unsere Reise zum »starken Zaun« fortsetzten, befiel uns das Unheil. Andy hatte über Magenverstimmung geklagt und sich hinter einen Haselstrauch zurückgezogen, um sich da zu erleichtern. Als ich auf der Straße seiner harrte, kamen zwei Reiter von der Stadt her im Galopp auf mich zu. Der eine hieb mich über den Kopf, der andere, der Schatzmeister aus Rhodos, versetzte mir einen Hieb in den Nacken und warf mich über seinen Sattel – so glaube ich wenigstens; denn ich wußte nichts mehr von mir, bis ich am Mittag in einer von Gesträuch bewachsenen Mulde tief im Walde die Besinnung wiedererlangte. Ich hatte eine tiefe Wunde am Kopf und fror erbärmlich, denn der Mann hatte mich splitternackt ausgezogen, und die dichten Zweige, mit denen sie mich bedeckt hatten, spendeten keine Wärme. Ich hatte nicht nur meine Börse, sondern auch einige Goldstücke, die ich aus Angst vor Räubern mühsam in mein Gewand eingenäht hatte, verloren.
    Das Lied eines Vogels weckte mich. Er sang einfache Worte in meiner Muttersprache: »Nichts nutz, nichts nutz, wieder heim, wieder heim!« So bildete ich mir ein, ich sei wieder ein kleiner Junge, und erwachte eben aus dem Schlaf auf dem Anger vor Abo, wo ich Jungfer Pirjos Schweine hütete. Dann fühlte ich die Eiseskälte und den Schmerz in der Wunde, schob die Zweige beiseite und versuchte, mich aufzurichten.
    Da hörte ich eine liebe Stimme sagen: »Gott sei gelobt, daß Ihr lebt, schöner Jüngling! Ich bin all die Zeit bei Euch gesessen, betend und flehend, Ihr möget dem Leben wiedergeschenkt werden, obgleich ich Euch für tot hielt. Aber schont meiner Sittsamkeit und schiebt die Zweige nicht weg; ich habe Euch schon zu lange betrachtet.«
    Ich konnte mir nicht denken, wo ich mich befand oder wie ich in den Wald gekommen war, und hatte im Augenblick selbst vergessen, wer ich war und wohin ich wollte. Da ich eben den Vogel zu mir sprechen gehört hatte, war mir, als käme diese liebe Stimme aus der uralten Eiche zu meinen Häupten und als verstünde ich die Stimmen der Vögel so gut, wie wenn ich die Zunge eines weißen Raben verschluckt hätte. Da es mir aber trotz des Schwindels und der heftigen Schmerzen gelang, den Kopf zu wenden, erblickte ich eine Frau, die neben mir auf dem Waldboden kniete und ihre rotgestreiften Röcke anmutig um sich gebreitet hatte. Sie schien ganz jung zu sein und sah mich aus ihren gelbgrünen Katzenaugen hingebungsvoll an.
    Ich schämte mich meiner Blöße und breitete eilends die Zweige wieder über mich; dann fragte ich: »Wo bin ich, und was ist geschehen? Wer seid Ihr? Was tut Ihr hier im Wald, und wie heißt Ihr?«
    Sie antwortete: »Ich bin Barbara Büchsenmeisterin, das Kind ehrlicher Eltern aus der guten Stadt Memmingen, wo mein Vater Büchsenmacher ist. Ich bin hierhergekommen, um meinen lieben Onkel zu besuchen. Wir sind nicht fern von der Stadt, und ich sammle Wermut hier im Wald. Wer seid Ihr? Seid Ihr ein Mensch oder ein heidnischer Waldelf, der Menschengestalt angenommen hat, um mich zu verführen?«
    Sie streckte die Hand aus und berührte mich an der Schulter, um sich zu vergewissern, daß ich wirklich ein Wesen von Fleisch und Blut sei; ihre Berührung war nicht unsanft.
    »Ich bin ein Mensch«, erwiderte ich, »und heiße Michael Pelzfuß – so glaube ich wenigstens, obwohl ich mich im Augenblick nur schwer besinnen kann. Ich bin geschlagen, ausgeraubt und im Wald ausgesetzt worden, so nackt, wie mich der Herrgott geschaffen hat – und wohl auch so arm und ebenso des Mitleids bedürftig.«
    Die Frau faltete die Hände, lobte und dankte Gott und sprach: »So hat der allmächtige Vater mein Gebet erhört, und mein Traum ist in Erfüllung gegangen. Schon lange plagt mich die Unruhe, und deshalb kam ich hierher, um meinen Onkel in dieser Stadt zu besuchen, in der Hoffnung, hier einen Gatten zu finden, denn in meinem Heimatstädtchen, wo alle mich kennen, fand ich keinen. Doch wollte es mir auch hier nicht gelingen, da ich meine besten Jahre hinter mir habe. Neulich träumte mir nun, mir

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