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Michael, der Finne

Michael, der Finne

Titel: Michael, der Finne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Waltari
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sind.«
    »Bruder Andy«, antwortete ich, »es ist ohne Zweifel der Wille des Schöpfers, daß ich unter dem Schutz dieser tugendsamen Jungfrau bleibe. Ohne Geld kann ich meine Pilgerfahrt nicht fortsetzen, und ich bin so schwach, daß ich kaum einen Finger rühren kann. Sollte sie von mir ein Entgelt für Unterkunft, Kost, ärztliche Betreuung und Aderlaß fordern, so bleibt mir keine andere Wahl, als sie zu heiraten. Ich verdanke ihr mein Leben. Es ist die einfachste Lösung aller meiner Sorgen, denn im Augenblick sehne ich mich nur nach Ruhe. Daher mußt auch du hingehen und dir ein gutes Weib suchen, ein Heim gründen und deiner ehrlichen Arbeit nachgehen.«
    Andy hob abwehrend die Hände. »Ich sehe, dein Verstand ist noch ein wenig verwirrt. Deinen Bruder in dieselbe Grube zu locken, in die du gefallen bist, ziemt sich nicht. Sorge dich nicht um mich; auch ich hab’ ein Liebchen und muß dir Lebewohl sagen, um ihm zu folgen.«
    Erst auf eindringliche Fragen erfuhr ich, daß Andy Jungfer Barbaras schmale Kost sattbekommen und sich in eine Schenke gestohlen hatte, wo er von einem Werber drei Gulden angenommen hatte. Die hatte er mitsamt seinem eigenen Geld vertrunken, und der Werber hatte ihm so erstaunliche Geschichten von Italien und dem Herzogtum Mailand erzählt, daß er darauf brannte, diese Wunder mit eigenen Augen zu sehen.
    »Verzeih mir«, meinte er, »daß ich lieber neben meiner Kanone als neben einer bösen Sieben liege.«
    So geschah es, daß Andy den kaiserlichen Fahnen nach Italien und Frankreich folgte, während ich unter Jungfer Barbaras Obhut zurückblieb. Sie pflegte mich liebevoll und wollte mich kein Stündlein aus den Augen verlieren. Sobald ich wieder gehen konnte, setzte sie mich in einen Ochsenwagen auf ihren Reisekoffer und brachte mich in ihr Elternhaus in der guten Stadt Memmingen. Barbara war das fünfte und jüngste Kind des Büchsenmachers und seine einzige Tochter. Ihre drei älteren Brüder standen als Kanoniere in kaiserlichen Diensten; der vierte, ein mürrischer Bursche, war Lehrling bei seinem Vater und sollte einmal als Meister das Geschäft übernehmen.
    Ich war immer noch benommen und konnte mich nur an weniges aus meiner Vergangenheit erinnern, die mir allmählich erst wieder zu Bewußtsein kam. Barbara ging sanft, aber entschieden vor; sie traf alle Anstalten für mich, so daß ich um meinen Lebensunterhalt nicht zu sorgen brauchte. So vergingen zwei Monate, und das Laub im Garten färbte sich rot.
    Eine Tages näherte sich mir Barbara scheu und zögernd, heftete ihre grünen Augen auf mich und sagte: »Ihr seid nun wieder wohlauf und stark, Michael, und müßt mir sagen, was Ihr tun wollt. Als Fremder könnt Ihr nicht gut weiterhin im Hause meiner Eltern wohnen und ihr Brot essen. Es steht Euch frei, uns zu verlassen, und ich fordere keinen Lohn. Doch ich bin einsam und verlassen. Warum solltet Ihr nicht bleiben und meine Verlobungsgeschenke annehmen, so daß wir am Allerheiligentag getraut werden können?«
    Sie reichte mir ein Hemd, das sie mit eigener Hand schön bestickt hatte; um den Hals hängte sie mir eine Kupfermünze, daran ein Heiligenbild hing. Ihre Hände lagen zögernd auf meinen Schultern, ihr Gesicht war meinem nahe. Ihr wurde warm. Sie errötete so, daß ihre Gesichtszüge weich wurden. Ihre Sommersprossen verschwanden, und ich sah nur ihre grünen, zwingenden Augen, die mir alle Kraft raubten und sie begehrenswert machten.
    Ohne recht zu wissen, wie mir zumute war, umarmte ich sie, drückte sie an mich, küßte sie auf den Mund und sagte: »Ich bin in deiner Macht, Barbara; mir bleibt keine Wahl. Ich sehne mich, das Brautbett mit dir zu teilen, wenn du dein Schicksal an meines ketten und es nicht bereuen willst – denn es mag wohl sein, daß ein Fluch auf mir liegt, der denen Unheil bringt, die ich liebe.«
    Sie küßte mich leidenschaftlich viele Male und sprach: »Ich freue mich von ganzem Herzen, daß du mich zur Frau gewählt hast, und verspreche, dir ein gutes und treues Weib zu sein. Nun mußt du sogleich mit meinem Vater meine Mitgift regeln, und ich will für dich sprechen, denn du bist scheu und nicht wortgewandt.«
    So empfing ich ihre Verlobungsgeschenke. Und ich bereute es nicht, obgleich ich noch oft, bevor Allerheiligen herannahte, sie von der Seite betrachtete und nur zu deutlich bemerkte, daß sie nicht mehr jung war. Doch dann brauchte sie nur ihre gelbgrünen Katzenaugen auf mich zu heften, und ich war verwandelt: dann war sie

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