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Michael, der Finne

Michael, der Finne

Titel: Michael, der Finne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Waltari
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Hitzkopf, und Ihr müßt ihn festigen. Ich weiß, er ist nicht zum Kürschner geboren, denn seiner Hand liegt der Gänsekiel besser als das Messer. Ich hoffte, er würde sich der Rechtspflege widmen, und verschaffte ihm die Stelle des hiesigen Gerichtsschreibers, allein er verlor sie durch seine Überheblichkeit und seine Neigung zu kecker Widerrede. Ich bin ein freisinniger Mann und möchte jeden denken lassen, was ihm beliebt – aber mein junger Sohn kennt den Unterschied zwischen Denken und laut Denken noch nicht.«
    Sebastian umarmte seinen Vater und lächelte strahlend. Sein stolzes Haupt und seine edle Haltung zeigten mir, daß weder sein Vater noch sonst jemand Sebastian wirklich grollen konnte, sondern seine unbedachten Worte immer wieder verzeihen mußte. Er führte mich auf seine Stube, in der es viele Bücher und einen graublau gekachelten Ofen gab; auf dem Bett lag eine Decke aus schimmernden Pelzen. Ich erkannte, daß er der verwöhnte Sohn eines wohlhabenden Mannes war, der noch nie Kälte oder Not gelitten hatte. Aus diesem Grunde konnte er leicht mit Gedanken liebäugeln, die andere um Kost und Quartier und vielleicht auf den Scheiterhaufen bringen konnten. Er sprach mit großer Begeisterung und ließ mich kaum ein Wort einwerfen.
    Als er schließlich schwieg, sagte ich: »Sebastian, Ihr wißt, daß ich am Samstag Barbara, des Büchsenmachers Tochter, freien soll. Als Fremdling habe ich hier keinen Freund, der mich zum Altar geleiten könnte. Wenn Euch, wie Ihr sagt, an meiner Freundschaft liegt, so seid mein Beistand und dann mein Gast im Hause, so daß ich mich vor all den Leuten nicht zu schämen brauche.«
    Ein Schatten flog über sein Gesicht; er biß sich auf die Lippen und wandte den Blick ab. Nach einer kleinen Weile meinte er: »Michael, wißt Ihr auch, was Ihr da tut? Wißt Ihr überhaupt etwas über die rothaarige Barbara und ihre Familie? Sie hat einen üblen Ruf – schlimm genug, um zwischen ihren Eltern und allen anderen Bürgern eine Scheidewand zu errichten. Sie mußte einst vor dem geistlichen Gericht den Reinigungseid leisten. Glaubt mir, sie hat in dieser Stadt einen üblen Leumund, und niemand kann glauben, daß sie einen Mann wie Euch auf natürliche Weise für sich gewonnen hat. Ich sage Euch dies zur Warnung, damit Ihr ganz erfaßt, was Ihr tun wollt.«
    Seine Worte erklärten mir vieles, was ich wohl bemerkt, in meiner Krankheit aber wenig bedacht hatte. Doch bedrückte mich diese Warnung auch, da ich mich bereits mit dem Glauben abgefunden hatte, die Vorsehung habe mich zu ihrem Gatten bestimmt. So erzählte ich ihm von unserer ersten Begegnung im Wald, soviel ich für gut hielt, und fragte dann Sebastian nach Gründen für seine schlechte Meinung von ihr.
    Er erwiderte zögernd: »Sie ist von Kindesbeinen an anders als andere Leute, und niemand kann sich die geheimnisvolle Macht erklären, die sie über ihre Eltern hat.«
    Ich befühlte die Kupfermünze, die Barbara mir geschenkt hatte, und erwiderte: »Auch Ihr seid anders, Sebastian. Ihr habt eine erstaunliche Macht über Euren Vater. Er schilt Euch nie, obwohl er gute Gründe dazu gehabt haben muß.«
    Sebastian mußte lachen, fuhr aber fort: »Ihr versteht mich nicht oder wollt mich nicht verstehen. Einmal verhexte Barbara einen Jungen. Alle anderen Kinder gingen ihr aus dem Weg, schlugen sie und zogen sie an den Haaren, wenn sie mit ihnen spielen wollte. Diesen Jungen erschlug der Blitz. Ihr bloßer Blick kann die Brüste einer jungen Mutter versiegen lassen. Und einmal, als Barbara sich mit dem Weib des Gewürzkrämers gezankt hatte, streckte sie die Hand aus, und auf dem Arm der Frau erschienen drei schwarze Flecke. Daher wagt ihr niemand in die Augen zu sehen; und ihre Augen haben Euch, Michael, gewiß bezaubert. Hat sie doch ihre besten Jahre weit hinter sich; außerdem ist sie häßlich, hat rotes Haar und wurmstichige Zähne.«
    »Das mag alles zutreffen, Sebastian«, antwortete ich. »Doch ist vielleicht auch die gewöhnliche Liebe nichts anderes als Blindheit und Zauberei, denn eine Mutter wird noch ihr häßlichstes Kind lieben und es hübsch finden. Jedes Eurer Worte trifft mich ins Herz, denn in meinen Augen ist Barbara nicht häßlich. Für mich ist ihr Gesicht warm und weiß; ich liebe ihre grünen Augen. Ich trachte auch nicht nach dem Geld ihres Vaters; ich will für sie sorgen, wie es einem Gatten geziemt, sobald ich eine Arbeit gefunden habe, die meinen Gaben entspricht. Wenn Ihr mein Freund sein

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