Michel muss mehr Männchen machen
nach, denn jetzt war mit Papa doch nicht zu reden, weil er voller Sahne war, und außerdem konnte Gottfried sich nicht von Lukas trennen.
Draußen an der Gartenpforte wartete Michel, um ihm auf Wiedersehen zu sagen.
»Hast du ein Glück«, sagte Gottfried und streichelte Lukas ein letztes Mal.
»Ja, das hab ich«, sagte Michel.
Gottfried seufzte.
»Aber wir werden jedenfalls ein Feuerwerk haben«, sagte er, wie um sich selbst zu trösten. »Das da.«
Er zeigte Michel all die Feuerwerkskörper, die auf dem Gartentisch in der Fliederlaube lagen, und bei Michel zündete es sofort. Sicher hatte er es eilig – aber er hatte in seinem ganzen armen Leben auch noch nie ein Feuerwerk gesehen.
»Ich könnte einen zur Probe anstecken«, sagte er. »Um festzustellen, ob er in Ordnung ist.«
Gottfried dachte nicht lange nach. Er nahm einen Feuerwerkskörper aus dem Haufen heraus.
»Ja, aber nur diesen kleinen Knallfrosch«, sagte er.
Michel nickte und kletterte vom Pferd. »Ja, nur diesen kleinen Knallfrosch. Kann ich ein Streichholz haben?«
Das bekam er. Und – piff, paff – machte sich der kleine leuchtende Knallfrosch auf den Weg. Ja, der war in Ordnung! Hin und her schoss er und zum Schluss hopste er auf den Gartentisch zurück und legte sich wieder zwischen all die anderen Feuerwerkskörper. Er wollte wohl nicht allein sein, könnte ich mir denken.
Aber davon bemerkten weder Michel noch Gottfried etwas, denn sie hörten auf einmal lautes Rufen hinter sich. Das war der Bürgermeister, der auf die Treppe herausgelaufen kam und mit ihnen reden wollte. Er war nun fast frei von Sahne, nur der Bart schimmerte noch weiß im Oktoberdunkel.
Auf den Straßen von Vimmerby gingen die Vimmerbyer immer noch spazieren und lachten, johlten und schrien und wussten nicht, ob sie auf etwas Lustiges oder auf etwas Schreckliches warteten.
Und da kam es! Da kam das Schreckliche, auf das sie insgeheim mit Schaudern gewartet hatten. Plötzlich stand über dem Bürgermeisterhaus der ganze Himmel in Flammen. Plötzlich war die Welt voll von glühenden, zischenden Schlangen und leuchtenden Kugeln und herabstürzendem Feuer. Es krachte und knatterte und puffte und zischte und wurde so schauerlich, dass die armen Vimmerbyer vor Schreck erbleichten.
»Der Komet!«, schrien sie. »Hilfe! Wir sterben!« Es wurde ein Geschrei und ein Weinen, wie man es nie zuvor in der Stadt gehört hatte, denn alle glaubten, ihre letzte Stunde sei gekommen. Arme Menschen, kein Wunder, dass sie kreischten und haufenweise auf den Straßen ohnmächtig wurden. Nur Frau Petrell saß völlig ruhig in ihrer Glasveranda und sah die Feuerkugeln draußen herumwirbeln.
»An Kometen glaube ich nicht länger«, sagte sie zu ihrer Katze. »Ich wette, das ist dieser Michel, der wieder in Fahrt ist.«
Damit sprach Frau Petrell ein wahres Wort. Natürlich waren es Michel und sein kleiner Knallfrosch, die das ganze Geburtstagsfeuerwerk »in Ordnung« gebracht und alles auf einmal in die Luft geknallt hatten.
Aber natürlich war es ein Glück, dass der Bürgermeister gerade im richtigen Augenblick herausgekommen
war. Sonst hätte er von seinem großartigen Feuerwerk vielleicht nichts gesehen. Jetzt aber stand er dort, wo es am meisten wirbelte und knallte, und er hatte wirklich damit zu tun jedes Mal zur Seite zu springen, wenn ihm eine Feuerkugel um die Ohren pfiff. Michel und Gottfried begriffen, dass er es lustig fand, denn er stieß bei jedem Hopser kleine fröhliche Schreie aus.
Nur als eine Rakete zischend in eines seiner Hosenbeine fuhr, da wurde er sichtlich wütend. Warum sonst hätte er so ein kolossales Gebrüll angestimmt und das Gezeter so eigensinnig fortgesetzt, während er zur Wassertonne an der Hausecke lief und dort wie ein Rasender das Bein eintauchte? So was kann man mit Raketen nicht machen, die verlöschen dann ja, das hätte er sich doch denken können.
»Aber jetzt hab ich endlich ein Feuerwerk gesehen«, sagte Michel, der versteckt neben Gottfried hinter dem Holzschuppen des Bürgermeisters lag.
»Ja, jetzt hast du wirklich ein Feuerwerk gesehen«, sagte Gottfried.
Danach schwiegen sie und warteten. Auf nichts Besonderes, nur darauf, dass der Bürgermeister aufhören würde, wie eine große böse Hummel im Garten herumzuschwirren.
Aber als dann eine Weile später der Katthultwagen heim nach Lönneberga rollte, waren alle Sonnen und Feuerkugeln längst erloschen. Da leuchteten nur noch die Sterne über den Tannenspitzen.
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