Michelle Obama – Ein amerikanischer Traum
ausschließlich weißen Gegend in einen überwiegend von Afroamerikanern bewohnten Stadtteil. Im April 1980 beglaubigte der öffentliche Notar, dass die Witwe Robbie S.Terry alleinige Eigentümerin sei, nachdem ihr Mann William V.Terry verstorben war. Dieser Schritt war offenbar aus juristischen Gründen nötig geworden. Denn schon einige Wochen zuvor, am 17. Januar 1980, hatte Robbie S. Terry die Eigentumsrechte an dem Haus an Michelles Eltern, Fraser und Marian Robinson, übertragen. Die auffallend zittrige Unterschrift der Tante legt nahe, dass sie gesundheitlich angeschlagen war. Das deckt sich mit der Information, dass Michelles Mutter diese Tante im Alter pflegte.
Mit den Namen aus den Grundbüchern kann man nach den Sterbeurkunden suchen. Robbie Terry war demnach am 3. Juli 1908 in Alabama geboren und am 14. Juni 1983 im Alter von 74 Jahren an einem Gehirnschlag gestorben. Ihr Mann William Victor Terry war annähernd 18 Jahre älter. Er war am 24. Mai 1890 in Kentucky zur Welt gekommen und am 28. Februar 1978 im Altenpflegeheim Bayview Nursing Center in Chicago 87-jährig an Herzversagen gestorben. So wurden Michelles Eltern Eigentümer des gesamten Hauses. Die Grundbucharchivare rücken auch ungefragt mit der Information heraus, dass per 29. September 2006 eine Hypothek von 135000 Dollar auf dem Haus lastete, die bis zum Sommer 2009 noch nicht gelöscht war. Als Gläubiger von Michelles Mutter Marian, die seit dem Tod ihres Mannes Fraser 1991 die alleinige Eigentümerin des Hauses ist, steht die Firma Charles Schwab in den Unterlagen, ein landesweit operierender Finanzdienstleister.
Wissenslücken sind das eine. Manche lassen sich durch solche Nachforschungen schließen. Widersprüchliche Informationen sind das andere. Was die Öffentlichkeit heute über Michelle weiß, stammt zum Großteil aus ihrer Selbstdarstellung bei den Auftritten als Kandidatenfrau und nun als First Lady–sowie aus Interviews, die sie selbst, ihre nächsten Familienangehörigen und andere Wegbegleiter aus den Schul-, Studien- und Berufsjahren gegeben haben. Doch zu solchen Gesprächen finden sich Menschen, die sie wirklich näher kennen, in der Regel erst bereit, wenn Michelles Medienberater ihr Einverständnis signalisieren. Die Informationspolitik wurde und wird also gesteuert. Dennoch ist das Bild, das Michelle, ihre Freunde und Verwandten von ihr zeichneten, nicht frei von Widersprüchen. Seit sie im Frühjahr 2007 in den Kampf ums Weiße Haus einstieg, hat sie ihre Kindheit mal als Idyll geschildert, mal dienten die Lebensumstände damals als Anlass für zornige Urteile aus ihrem Mund. Mal will sie eine Frau sein, die den größten Teil ihres Lebens Politik verachtet und zynisch über Politiker gedacht habe, dann wieder ein Mensch mit großem politischem Engagement. Das Verhältnis zu ihrer Mutter beschreibt sie als ein Herz und eine Seele. Doch Marian hat auch Interviews gegeben, die lauter Meinungsverschiedenheiten über die richtige Kindererziehung erkennen lassen, jedenfalls wenn es um den Umgang der Großmutter Marian und der Mutter Michelle mit den beiden Obama-Töchtern Malia und Sasha geht.
Mit anderen Worten: Der Eindruck, dass es nicht eine Michelle, sondern mehrere verschiedene Michelles parallel gebe, beschränkte sich nicht auf die Frage, ob sie im Wahlkampf ein kämpferisches oder ein weiblich-sanftes Profil zeigen wollte. Auch bei der Schilderung prägender Etappen ihrer Biografie ließ sie Klarheit und Eindeutigkeit vermissen.
Sie selbst sagt, es gebe da keine Geheimnisse. Sie sei bereit, ihr Leben vor der Nation auszubreiten. Das mag stimmen. Nur bekommt kaum jemand die Gelegenheit, ihr diese Fragen zu stellen. Sie gibt keine Pressekonferenzen. Sie wird, im Gegensatz zum Präsidenten, auch nicht von einem ständigen Pressekorps begleitet. Soweit ihre Auftritte als öffentlich gelten, bedeutet das nur: Eine Journalistin oder ein Journalist darf stellvertretend für alle Medien dabei sein – und meist auch nur Teile des jeweiligen Programms beobachten. Die übrigen sind, wenn sie berichten wollen, auf diesen «Pool»Bericht angewiesen, der zudem über das Pressebüro des Weißen Hauses verteilt wird. Das bedeutet nicht automatisch eine Zensur. Aber zu einem gewissen Grad können die First Lady und ihre Mitarbeiter steuern, was über Michelle bekannt wird und was nicht.
Im Kontrast zum öffentlichen Eindruck ist die Informationspolitik restriktiv. Seit dem Einzug ins Weiße Haus ist sie noch strenger geworden.
Weitere Kostenlose Bücher