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Michelle Obama – Ein amerikanischer Traum

Michelle Obama – Ein amerikanischer Traum

Titel: Michelle Obama – Ein amerikanischer Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph von Marschall
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Schon im Wahlkampf ließ Michelle keine «Travelling Press» mit sich reisen, wie es ihr Mann tat. Interessierte Journalisten hatten die Freiheit, aus eigener Initiative zu ihren Auftritten zu kommen. Berichterstattung war ja erwünscht, um über die anwesenden Zuhörer hinaus weitere potenzielle Obama-Wähler zu erreichen. Einigen wenigen – fast ausschließlich amerikanischen – Journalisten wurde die Ehre eines Interviews mit Michelle gewährt. Einzelne durften auch ihre Mutter Marian oder ihren Bruder Craig befragen. Verwandte, Freunde und selbst entferntere Bekannte wurden erfolgreich vergattert, nicht mit Medienvertretern zu reden – es sei denn, Obamas Kampagne wünschte ausdrücklich, dass sie sich zur Verfügung stellen.
    Wer heute in der Straße, in der Michelle aufwuchs, Nachbarn befragen möchte, kommt nicht weit. Entweder behaupten die Betreffenden, sie könnten sich an rein gar nichts erinnern – außer daran, dass Michelle ein nettes, höfliches und fleißiges Mädchen war. Oder sie sagen, sie müssten erst nachfragen, ob sie Auskunft geben dürfen. Sie lassen sich dann die Kontaktdaten des Journalisten geben und melden sich nie wieder.
    Insofern ist die Quellenlage für die Berichterstattung über Michelle Obama oder gar ein Buch über sie eine ganz andere als im Falle ihres Mannes. Der Präsident kann sich den Fragen der Journalisten nicht entziehen. Er muss Auskunft geben, auch über Persönliches. Zudem hatte Barack 1994/95, kurz vor Beginn seiner Politikerkarriere, selbst ein ganzes Buch geschrieben, mit dem er erklären wollte, woher er kommt und was ihn geprägt hat: «Dreams from My Father». 2006 erschien sein zweites Buch, «The Audacity of Hope», im dem er sein politisches Programm ausbreitet und Einblicke in das Familienleben gibt. Als er im Februar 2007 seine Kandidatur erklärte, gab es kein Zurück hinter diesen öffentlichen Wissensstand.
    In Michelles Fall lagen und liegen die Dinge anders. Das allgemeine Wissen über ihre Biografie und ihren familiären Hintergrund war zu Beginn des Wahlkampfs eng begrenzt. Für die Manager der Kampagne ergab sich daraus die Gelegenheit, ihre öffentliche Wahrnehmung durch eine bewusste Informationspolitik zu steuern. Die Anzahl der von oben abgesegneten Interviews mit Michelle, ihrer Mutter Marian, ihrem Bruder Craig und einzelnen Wegbegleitern ist überschaubar geblieben. In der Summe liefern sie freilich eine Menge von Informationen, die sich zu einem Bild zusammen fügen, woher die Familie kommt, was sie geprägt und wie das alles Michelles Charakter beeinflusst hat. Nur bleibt mitunter der Eindruck zurück, bestimmte Details und Anekdoten sollten betont werden, weil das zum jeweiligen Zeitpunkt helfen konnte, das gewünschte Bild von der Kandidatenfrau und, später, der angehenden First Lady zu zeichnen.
    Im Verlauf von zwei Jahren Leben im Licht der Öffentlichkeit hat das mitunter zu widersprüchlichen Botschaften geführt, weil die Bedürfnisse der Kampagne mit dem Übergang von einer Wahlkampfphase zur nächsten wechselten. Auf diese Weise haben Michelle und ihre Umgebung dazu beigetragen, dass ein ambivalentes Bild von ihrer Persönlichkeit, ihrer Einstellung zur Familiengeschichte und ihren Charakterzügen entstanden ist.
    Kann man unter diesen Umständen überhaupt eine einigermaßen verlässliche Biografie über Michelle schreiben? Durchaus! Man sollte dabei freilich einige Techniken anwenden, die studierten Historikern vertraut sind, zum Beispiel Quellenkritik: Woher stammt eine bestimmte Information und in welchen zeitlichen Zusammenhang ist sie einzuordnen? Ist die Quelle zuverlässig oder verbanden die Urheber womöglich eigene Interessen mit der Veröffentlichung? Gibt es andere Informationen, die der gängigen Darstellung widersprechen? Generationen von Historikern sind so vor gegangen, wenn sie an Biografien wichtiger Persönlichkeiten in der Geschichte arbeiteten, die sie nicht (mehr) befragen konnten.
    Es ist ja nicht so, dass Michelle, Barack und ihre Berater mit Lügen gearbeitet hätten. Es geht meist um die Korrektur von Übertreibungen, die der jeweiligen Wahlkampfsituation geschuldet waren. Oder um Gedächtnisirrtümer, die sich beim aufmerksamen Abgleich mit anderen Informationen herausfinden lassen. Dieser kritische Umgang mit Quellen, ob das nun Aussagen von Weggefährten oder schriftliche Unterlagen sind, sollte eigentlich auch zum Arbeitsalltag der Journalisten gehören, die regelmäßig über Michelle geschrieben

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