Michelle Obama – Ein amerikanischer Traum
dieser Diskussionen los – doch dann kam das Dessert, und auf dem Teller lag ein Kästchen mit einem Verlobungsring darin.» Barack fragte triumphierend: «Das macht dich jetzt sprachlos, oder?»
Bei diesem Überzeugungsprozess half in gewisser Weise Michelles Familie. Barack hat verschiedentlich betont, wie sehr ihn der herzliche Umgangston und das Gefühl der Geborgenheit in ihrem Elternhaus beeindruckten. Ihm sei das fast wie in der Vorzeigefamilie in «Leave it to Beaver» vorgekommen, einer populären Fernsehserie der 50er und 60er Jahre, schreibt er in «Audacity»: «Da war Fraser, der freundliche, gutgelaunte Vater, der keinen Tag in der Arbeit und kein Wettkampfspiel seines Sohnes verpasste. Da war Marian, die schöne, sensible Mutter, die Geburtstagskuchen backte, das Haus in Ordnung hielt und freiwillige Dienste in der Schule leistete, um sicherzugehen, dass ihre Kinder sich dort brav verhielten, aber auch die Lehrer ihre Pflichten erfüllten. Da war Craig, der Basketballstar und Bruder, hochgewachsen, freundlich, höflich und witzig; er arbeitete als Investmentbanker, träumte aber von einer Karriere als Trainer eines Tages in der Zukunft. Und da waren Onkels und Tanten und Cousins, die ständig vorbeikamen, um gemeinsam zu essen, bis sie platzten, oder um wilde Geschichten zu erzählen oder Großvaters Jazzplatten zu hören und bis tief in die Nacht zu lachen. Nur der Hund fehlte. Marian wollte keinen, weil er das Haus auf den Kopf gestellt hätte.»
Umgekehrt galt Barack im Hause Robinson nicht von Anfang an als idealer Schwiegersohn. Marian sei zwar stolz auf Obamas Leistungen gewesen, schreibt David Mendell von der «Chicago Tribune» nach Gesprächen mit Familienmitgliedern, die er von 2004 an führte. Aber sie habe Komplikationen wegen Baracks «gemischtrassiger» Abstammung von einer weißen Mutter und einem schwarzen Vater befürchtet. Erstens unterscheide sich die Kultur solcher Elternhäuser vom Aufwachsen in einem rein afroamerikanischen Zuhause. Zweitens argwöhnte Marian, die Umgebung könne mit Vorurteilen auf die Verbindung zwischen einem halbschwarzen Mann und ihrer Tochter Michelle reagieren. Die Wunschvorstellung, Menschen sollten nicht über Rassengrenzen hinweg heiraten, gibt es nicht nur unter Weißen. Sie ist auch unter Schwarzen anzutreffen, in den USA und auf anderen Kontinenten. Baracks Vater, der aus Kenia stammte und Baracks Mutter beim Studium auf Hawaii kennenlernte, erfuhr die Missbilligung seiner Familie, als er von Hawaii aus nach Hause meldete, er beabsichtige, eine Weiße, Ann Dunham, zu heiraten. Sein Vater habe sich in einem Brief aus Kenia beschwert, er solle das Obama-Blut nicht durch eine Weiße verderben lassen. So hat es Barack Obama in seinem Buch «Dreams from My Father» berichtet.
Der Umstand, dass Barack sich für ein afroamerikanisches Mädchen aus Chicagos South Side entschieden habe, brachte ihm später aber viel Vertrauen unter Schwarzen ein. Er hatte früher mal eine weiße Freundin gehabt, sich dann aber für Michelle entschieden. Im Januar 2008 schrieb Kim McLarin in einem Blog für «The Root», eine Webseite für Afroamerikaner, gar, Barack habe durch seine Heirat das Selbstwertgefühl vieler schwarzer Frauen gestärkt. Es sei ein untypisches Bild in den USA, dass ein so erfolgreicher Politiker wie Barack eine Ehefrau mit dunklerer Hautfarbe als er selbst habe und offenkundigen Stolz auf sie zeige. Michelle sei auch kein braunes Fotomodell-Püppchen. Sie sehe ähnlich aus wie viele andere Afroamerikanerinnen. Das Bild, das die beiden im öffentlichen Umgang miteinander bieten, folge nicht dem Klischee, dass Michelle Glück gehabt habe, Barack zu ergattern. Ihr Auftreten demonstriere vielmehr, dass sie, die schwarze Ehefrau, das große Los für ihn sei.
Eine Hochzeit und vier Todesfälle
Im Verlobungsjahr 1991 starb Michelles Vater an den Komplikationen, die auf eine Nierenoperation folgten. Die Art, wie die Robinsons mit dem Verlust umgingen, bestärkte Barack in der Sicht, dass geordnete Familienverhältnisse ein Stabilitätsanker sein können. Er irrt, wie schon erwähnt, mit der Zeitangabe. Fraser starb nicht, «sechs Monate nachdem Michelle und ich uns kennengelernt hatten», wie er in seinem Buch «Audacity» angibt. Tatschlich waren rund zwei Jahre vergangen. Die Gefühle aber, die er beschreibt, sind nachvollziehbar. «In einem Menschen wie mir, der seinen eigenen Vater kaum gekannt hatte, der in seinem Leben von einem Ort zum nächsten
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