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Michelle Obama – Ein amerikanischer Traum

Michelle Obama – Ein amerikanischer Traum

Titel: Michelle Obama – Ein amerikanischer Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph von Marschall
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geraten, das bloß nicht in der Familie Robinson zu erzählen, damit man ihn nicht für verrückt halte. John Belcaster dagegen, der nach Obamas Juraabschluss in Harvard für mehrere Jahre mit ihm in der Bürgerrechtskanzlei Davis, Miner, Barnhill & Galland arbeitete, sagt im persönlichen Gespräch, Barack habe seinerzeit nicht über politische Ambitionen gesprochen. Das habe sich erst 1995/ 96 geändert, also kurz bevor er sich um den Sitz als Landessenator im Regionalparlament von Illinois bewarb.
    Michelle erfuhr jedenfalls noch vor ihrer Verlobung, dass Barack zwei Karrierewege ausschlug, die ihm als herausragen dem Harvard-Absolventen offenstanden. Abner Mikva, damals Richter am Berufungsgerichtshof der Hauptstadt und zuvor Kongressabgeordneter, rief an und bot Barack einen Job als «Clerk» in seinem Büro an. Diese Tätigkeit als Zuarbeiter eines hohen Richters gilt in den USA als Sprungbrett für steile Karrieren. Barack lehnte jedoch ab, was Michelle überraschte, wie sie später sagte. Er habe ihr erklärt, wer die Verhältnisse verändern wolle, der gehe nicht ans Gericht. Sidley Austin hätte ihn ebenfalls gern angestellt. Barack erschien auch zum Gespräch mit einem der Chefs in Michelles Kanzlei, Newton Minow. Doch es verlief anders als von Minow erwartet. Barack wollte nicht nur keine Anstellung für sich, sondern eröffnete dem verblüfften Förderer, dass auch Michelle kündige.
«Wenn ich in vier Monaten sterben müsste»
    Im Jahr 2008 erklärte Michelle ihre Motive, warum sie 1991 von «Corporate America» in den «Public Service» wechselte, gegenüber «Newsweek» so: Unter dem Eindruck des Todes ihres Vaters und ihrer Studienfreundin Suzanne Allele habe sie sich gefragt: «Wenn ich in vier Monaten sterben müsste, wäre das (was ich jetzt tue) das Richtige, wofür ich die verbleibende Zeit nutzen möchte?» Ihr sei damals klar geworden, dass sie sich auf einem «automatischen Karrierepfad» wiederfand, für den sie sich nicht vollen Herzens entschieden hatte.
    Seit geraumer Zeit hatte Michelle unter Baracks Einfluss Bewerbungen für eine Arbeit im Public Service verschickt. Einer dieser Briefe landete auf dem Schreibtisch von Valerie Jarrett, damals stellvertretende Stabschefin des Bürgermeisters von Chicago, Richard M. Daley. Heute ist sie eine der wichtigsten Beraterinnen des Präsidenten und der persönlichen Freunde der Obamas im Weißen Haus. Jarrett lud Michelle zu einem Bewerbungsgespräch ein, das sich zu einem anderthalbstündigen Gedankenaustausch entwickelte. Am Ende bot sie ihr eine Anstellung in der Stadtverwaltung an. «Sie wirkte so selbstbewusst, einsatzfreudig und offen», beschreibt Jarrett die Begegnung. Doch bevor Michelle zusagte, bestand sie darauf, dass auch ihr Verlobter mit Jarrett sprechen solle. Das war ein ungewöhnliches Ansinnen, und später wurden zwei unterschiedliche Gründe dafür angegeben. Das unschuldige Motiv lautete, Barack habe sichergehen wollen, dass Michelle in dem für sie ungewohnten politischen Terrain nicht zwischen zwei Fronten gerate. Michelle pflege eine offene Sprache; sie brauche jemanden, der sie vor unangenehmen Erfahrungen schützte. Doch daneben kursiert auch die Erklärung, Barack habe prüfen wollen, ob Michelles neue Tätigkeit seinen eigenen Ambitionen eher nützen oder schaden werde.
    Wer sich heute anschaut, welche Kontakte Michelle und Barack 1991 und 1992 in Chicago einfädelten und wie sie seine weitere Karriere beeinflusst haben, der kann schon auf die Idee kommen, dass er entweder ein schlafwandlerisches Glück gehabt hat oder dass die beiden mit hoher strategischer Präzision vorgingen. Wie die Stücke eines Puzzles griffen die verschiedenen Elemente ineinander und formten sich zu einem Fundament, auf dem die Obamas schließlich eine erfolgreiche politische Karriere aufbauten. Michelle war ein entscheidendes Bindeglied dabei. Umgekehrt half er ihr mehrfach bei ihrer Karriere. Im Ergebnis entstand aus der Verknüpfung der vielfältigen Kontakte Baracks mit Michelles Verbindungen in Chicago eine breite Koalition: weiße Oberschicht, schwarze Geschäftsleute, Intellektuelle an der Universität, Lokalpolitiker und die zahlreiche afroamerikanische Wählerschaft der South Side.
    Die Familie Robinson war gut vernetzt unter Afroamerikanern in der South Side. Michelle öffnete Barack die Türen bei Bürgerrechtlern wie Jesse Jackson, mit dessen Tochter Santita sie die Schule besucht hatte. Auch Craigs Basketballbekanntschaften halfen.

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