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Mick Jagger: Rebell und Rockstar

Mick Jagger: Rebell und Rockstar

Titel: Mick Jagger: Rebell und Rockstar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Spitz
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frühen Sounds war. Außerdem waren die Stones mit Little Richard und den Everly Brothers auf Tour gewesen, Stars der 50er- und frühen 60er-Jahre, die bei den Jugendlichen inzwischen keine hysterischen Begeisterungsausbrüche mehr auslösten. 1964 befanden sich die Stones daher in einem sonderbaren Dilemma: Wie konnten sie mit dem überraschenden Erfolg ihrer so stark von anderen beeinflussten Musik umgehen, ohne ihre großen Idole zu verraten? »Es war das erste Mal, dass wir die Typen trafen, deren Musik wir die ganze Zeit spielten«, so Keith. Die Gefahr war groß, eine Peinlichkeit nach der anderen zu begehen. Die USA, die die Stones im Frühjahr 1964 zum ersten Mal besuchten, waren – um es mit den Worten Martin Luther Kings zu sagen – ein »Berg der Verzweiflung«. Der Civil Rights Act, der die augenfälligsten Formen der Rassen- und Geschlechterdiskriminierung für illegal erklärte und das allgemeine Wahlrecht für alle garantierte, sollte erst im kommenden Juli verabschiedet werden; in vielen Teilen des Landes änderte sich allerdings auch danach nicht viel. Schilder mit der Aufschrift »Nur für Weiße« hingen noch immer an Restaurants, Springbrunnen und öffentlichen Toiletten. Es gab weiterhin Lynchmorde und Kreuzverbrennungen. Ein Schwarzer riskierte immer noch sein Leben, wenn er einem Weißen direkt in die Augen sah oder ihm in irgendeiner Weise Kontra gab. Protestaktionen wie Demonstrationsmärsche und Streiks nahmen zu. Afroamerikaner – viele davon im selben Alter wie die jungen Stones-Fans – trotzten tapfer den Polizeihunden, die auf sie gehetzt, und den Wasserwerfern, die auf sie gerichtet wurden. Doch im Grunde war es immer noch eine Welt der Weißen; die Idee der Gleichberechtigung wurde nur sehr langsam gelebte Realität. Es stellte sich für die Stones die Frage, wie sie in Amerika Erfolg haben konnten, ohne selbst zu einem Teil des Problems zu werden und die schwierige Lage der Musiker, die sie verehrten, noch zu verschärfen?
    Wie die Beatles zuvor im Februar, landeten die Rolling Stones im Juni 1964 auf dem John F. Kennedy Airport, wo sie von rund fünfhundert kreischenden Fans empfangen wurden. Wie die Beatles gaben auch sie direkt im Anschluss daran eine Pressekonferenz, bei der sie Fragen über ihre langen Haare (»Tragt ihr Jungs Perücken?«), ihren Einfluss auf die amerikanische Jugend und die Beatles, die Beatles und noch mal die Beatles (»Spielt ihr dieselbe Art von Musik?«) über sich ergehen lassen mussten. Und wie bei den Beatles verschaffte sich DJ Murray the K, der selbsternannte »fünfte Beatle«, Zugang zu ihrem engen Kreis. Als sie nach Manhattan kamen, mussten sie feststellen, dass das Astor Hotel am Times Square, wo Zimmer für sie gebucht waren, von etwa zweihundert kreischenden Fans belagert wurde. Am Abend feierte sie die New Yorker High Society. Die Stones tanzten in der Peppermint Lounge und schauten auf einer Party von Society-Lady und Warhol-Star »Baby« Jane Holzer vorbei. Die ganze Geschichte mit Holzer und den Stones dokumentierte der zunächst als Journalist gefeierte spätere Erfolgsautor Tom Wolfe in seiner Reportage »Girl of the Year«. Wolfe arbeitete wunderbar heraus, dass Mick Jagger damals nicht nur für die Rolling Stones zum Aushängeschild geworden war, sondern auch für schnellen, frechen und harten Sixties generell. »Warte, bis du die Stones gesehen hast«, wird Holzer zitiert. »Sie sind so sexy! Purer Sex. Sie sind göttlich! Die Beatles, na ja, du weißt schon, Paul McCartney – der süße Paul McCartney. Du weißt, was ich meine. Er ist so ein netter Kerl. Aber die Stones sind einfach hart. Sie kommen alle aus der Arbeiterschicht. Vom East End. Mick Jagger – nun, er ist einfach Mick. Weißt du, was man über seine Lippen sagt? Man sagt, seine Lippen seien teuflisch. Das stand in irgendeinem Magazin.«
    Micks »teuflische« Lippen konnten die US-amerikanischen Fernsehzuschauer zum ersten Mal in der Les Crane Show bewundern. Die Sendung wurde allerdings ziemlich spät ausgestrahlt und der Auftritt konnte kaum mit dem der Beatles in der Ed Sullivan Show konkurrieren. In den darauffolgenden Wochen wurde den Stones erst richtig bewusst, wie riesig die Staaten waren und wie schwer sie sich erobern ließen. Auf die zunächst beschwingte Stimmung folgte rasch eine ziemlich bescheidene Erwartungshaltung. Zunächst flog die Band nach Los Angeles, wo sie – was die kulturellen Gegebenheiten anbelangte – ebenfalls weich landete. Auch LA

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