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Mick Jagger: Rebell und Rockstar

Mick Jagger: Rebell und Rockstar

Titel: Mick Jagger: Rebell und Rockstar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Spitz
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klopfte an der Tür. Mick zuckte zusammen. Er öffnete und war völlig verdattert, als er erkannte, dass Marvin Gaye ihm gegenüberstand. Der etwa fünf Jahre ältere Sänger sah blendend aus in seinem dunklen Anzug. Wie alle anderen Motown-Stars, die an der Veranstaltung teilnahmen – darunter die Supremes und Smokey Robinson – begrüßte er die Band herzlich. Alle brachten zum Ausdruck, dass ihnen das Auftreten und der Sound der Stones gefielen. Die Engländer wiederum konnten die Komplimente, die ihnen gemacht wurden, nur erwidern und ließen alle wissen, dass sie während ihrer US-Tour fast ausschließlich Mowtown-Songs hörten, die zu jener Zeit ohnehin von allen Radiosendern rauf- und runtergespielt wurden. »Macht euch keine Gedanken wegen James Brown«, sagte Gaye, während er sich bückte, um Mick Mut zuzusprechen. »Die Leute lieben euch für das, was ihr auf der Bühne macht.« Auch Gaye war damals noch nicht die Ikone der amerikanischen Soulmusik, als die er heute angesehen wird. Wie Diana Ross, Smokey Robinson und eben auch die Stones stand er gerade erst am Anfang seiner Karriere und konnte auf kaum mehr als eine Handvoll Hits zurückblicken. Doch was er sagte, bedeutete der Band viel. Auch seine Songs hatten sie gecovert, etwa »Hitch Hike« und »Can I Get a Witness«. Den meisten Weißen sagte der Name James Brown damals noch nicht viel, aber die Stones wussten, was es bedeutet, nach ihm auf die Bühne zu gehen. Zu Beginn ihrer US-Tour hatten sie ihn live gesehen. Ronnie Bennet, mit der die Stones bereits in England aufgetreten waren und die später als Ronnie Spector von den Ronettes bekannt wurde, hatte für die jungen Briten die Gastgeberin gespielt. Keith und Ronnie waren heimlich liiert, und Mick erfreute sich an der Gesellschaft von Ronnies Cousine und Ronette-Partnerin Estelle. »Sie waren so weit weg von zu Hause, ich glaube, sie brauchten manchmal einfach so was wie eine Familie um sich herum«, schrieb Ronnie Spector in ihrer Autobiografie Be My Baby . Mick und Keith bekamen ein frisch zubereitetes amerikanisches Frühstück serviert, hörten Platten und sahen fern. Eines Abends während ihres kurzen Aufenthalts in New York zeigte Ronnie Mick und Keith das legendäre Apollo Theater in Harlem; James Brown war an diesem Abend der Headliner. »Mick Jagger war der größte James-Brown-Fan überhaupt«, erinnert sich Spector. »Als wir durch England tourten, fragte er uns zum Thema James Brown die halbe Nacht lang Löcher in den Bauch. Wie er privat war? Wo er das Tanzen gelernt hatte? Wie viel er übte? Schließlich musste ich ihn bremsen: ›Hör auf, das reicht. Ich kenne James Brown überhaupt nicht. Ich bin eine Ronette, erinnerst du dich?‹«
    Mick und Keith trafen Brown backstage nach seinem frenetisch bejubelten Konzert im Apollo Theater und Ronnie stellte die drei einander kurz vor. »Ich glaube, James Brown hatte keine Ahnung, wer diese seltsamen Typen aus England waren, aber Mick und Keith waren völlig aus dem Häuschen.«
    Je näher die Stunde ihres Auftritts in Santa Monica rückte, desto schwieriger wurde es, sich wegen James Brown nicht verrückt zu machen. Abgesehen von Chuck Berry, der als Erster auf die Bühne ging, war alles, was die T.A.M.I . Show zu bieten hatte, neu. Die Technik – ein Kamerasystem namens »Electrono-vision« – war neu. Die Sounds waren neu: Surf Rock (die Beach Boys), Girl Groups (die bereits erwähnten Supremes), Pop Soul (Marvin Gaye, Smokey Robinson and the Miracles), Teenie-Pop (Lesley Gore), British Invasion (Billy J. Kramer and the Dakotas, Gerry and the Peacemakers) und der amerikanische Garage Rock, der von Letzterem inspiriert wurde (die Barbarians). Schwarze und Weiße, Amerikaner und Briten, alle spielten auf derselben Bühne vor demselben Publikum. Falls sich die Welt tatsächlich geändert hatte, dann lag es an Mick, das zu beweisen. Im Hinblick auf ihre weitere Karriere war der Auftritt, der vor ihnen lag, kein unbedeutender für die Stones. Sie hatten auch in Amerika schon ein paar Hits gelandet, doch sie spielten noch lange nicht in derselben Liga wie die Beatles. Der Film über die T.A.M.I. Show sollte landesweit in mehr als tausend Kinos gezeigt werden, wodurch ihr Bekanntheitsgrad enorm zunehmen würde.
    Als Brown zum Civic Center kam, erfuhr er sofort, was die Stones schon lange wussten. »Ich erinnere mich wie James zu mir kam und sagte: ›Ich bin doch gewiss der Headliner der Veranstaltung‹«, so Steve Binder, der Regisseur

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