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Mick Jagger: Rebell und Rockstar

Mick Jagger: Rebell und Rockstar

Titel: Mick Jagger: Rebell und Rockstar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Spitz
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der T.A.M.I. Show . »Darauf erklärte ich ihm: ›Nein, die Rolling Stones kommen noch nach dir.‹ James sah mich an, grinste und sagte: ›Niemand kommt nach James Brown.‹«

    © 2269 Productions, Inc./Courtesy NFAgallery.com
    Backstage mit seinem Konkurrenten und Vorbild James Brown während der Aufzeichnung der T.A.M.I. Show , 1964.
    Rein optisch hatten die Stones alles, was nötig war, um die Show zu einem Erfolg zu machen. Wie nur wenige der British-Invasion-Bands wirkten sie vor der Kamera außerordentlich faszinierend. Ihre Ausstrahlung übertraf sogar die der Beatles; das ließ sich eher mit Elvis vergleichen. Die Kamera schien jede Regung einzufangen und jede noch so subtile Doppeldeutigkeit direkt ins Unterbewusstsein der Zuschauer zu transportieren. Zu diesem Zeitpunkt waren die Stones bereits alte Hasen in Sachen Fernsehaufnahmen: Ihren ersten TV-Auftritt hatten sie 1963 in der britischen Musiksendung Ready, Steady, Go , und zuletzt waren sie den Spuren der Beatles ins New Yorker Ed Sullivan Theater nachgefolgt. Falls ihnen ihre Nerven keinen Strich durch die Rechnung machten, hatten sie hier eine echte Chance, den irrsinnigen Hype zu rechtfertigen, den Wochenschaubeiträge mit in Ohnmacht fallenden Teenagern und eilig bestiegenen Limousinen um sie herum initiiert hatten.
    Weil die einzelnen Künstler bei den Aufnahmen zur T.A.M.I. Show keine separaten Garderoben hatten, war der große Gemeinschaftsraum der Ort, an dem man fachsimpelte, Freundschaften schloss, seine Bewunderung zum Ausdruck brachte, Zigaretten schnorrte etc. Wenn eine Band probte, beobachteten die anderen sie von den Bühnenaufgängen aus. Nur James Brown war nirgends zu sehen. Seine Abwesenheit fiel auf.
    »The Rolling Stones from Liverpool are gonna be there – the fab-looking guys with the moppy long hair«, lautete eine Zeile des Titelsongs zur T.A.M.I. Show , »The T.A.M.I. Show Theme«, gesungen vom Surfmusik-Duo Jan and Dean, das die Veranstaltung moderierte. Diese gut gemeinten Worte belegen, wie schwer es 1964 war, sich von den Beatles abzugrenzen. Jede Band, die mit britischem Akzent sang, schien für die Amerikaner zwangsläufig aus Liverpool zu kommen.
    Nach der Eröffnung mit dem Titelsong kündeten die beiden Moderatoren Chuck Berry an, der sich im Duckwalk durch »Maybelline« spielte, bevor Gerry and the Peacemakers zu ihm auf die Bühne kamen. Nach einem kurzen Gemeinschaftsauftritt trugen diese ihre Ballade »Don’t Let the Sun Catch You Crying« vor. Ihnen folgten Smokey Robinson and the Miracles mit »You Really Got a Hold on Me« und »Mickey’s Monkey«; der Bandleader klang zwar ein bisschen heiser, doch seine Tanzeinlagen waren mitreißend wie eh und je. Der elegante Marvin Gaye stand mit »Hitch Hike« auf der Bühne. Lesley Gore unterhielt das Publikum mit »You Don’t Own Me«, einem lupenreinen Teenager-Drama. Dann kehrten Jan and Dean mit ihrer Skateboard-Ode »Sidewalk Surfin’« ins Rampenlicht zurück.
    Die Beach Boys, eine der Hauptattraktionen der Veranstaltung, gaben ihr Standardprogramm zum Besten und stellten als Highlight ihre neue Single »I Get Around« vor. Nach all den endlosen Tourneen und Rechtsstreitigkeiten kann man sich heute kaum noch vorstellen, dass die Beach Boys damals genauso große Teenie-Idole waren wie die Beatles und die Rolling Stones. Bei ihrem T.A.M.I. Show -Auftritt präsentierte sich Mike Love als selbstsicherer, aber nicht wirklich mitreißender Frontman; dem stets lächelnden Brian Wilson stand sein Nervenzusammenbruch noch bevor. Nach den Beach Boys traten Billy J. Kramer and the Dakotas auf, dann kamen die Supremes und schließlich die Barbarians, eine unbedeutende, aber unterhaltsame Garage-Rock-Band. Mit dem Song »Are You a Boy or Are You a Girl«, der auf dem geradezu monumentalen Nuggets -Sampler erschienen war, hatten die Barbarians ihren einzigen großen Hit gelandet. Schon kurze Zeit nach ihrem Auftritt bei dieser Show waren sie Geschichte.
    Dean sagte den nächsten Künstler an: »Meine Damen und Herren, James Brown«. Unterdessen blickten hinter der Bühne fünf Rolling Stones – abgekämpft vom endlosen Touren und Tausende Meilen fern der Heimat – aus der Wäsche wie ertappte Verbrecher, die auf ihr Exekutionskommando warten. Schweigend tauschten sie ein paar Blicke und beschlossen dann, sich der Herausforderung zu stellen: geschlossen zum Bühnenaufgang zu gehen und ihrem Schicksal in die Augen zu sehen.
    »Wir waren ein bisschen nervös, als wir da

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