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Mick Jagger: Rebell und Rockstar

Mick Jagger: Rebell und Rockstar

Titel: Mick Jagger: Rebell und Rockstar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Spitz
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während der »Proben« tatsächlich Sex hatten. Cammell führte Regie wie der Maler, der er ja auch war: Das Licht musste perfekt sein; durch die Wolldecken fällt ein warmes, zitronenfarbenes Sonnenlicht.
    Ein Stück die Straße rauf saß Keith Richards Bier trinkend und rauchend in einem Pub, während er sich bemühte, nicht darüber nachzudenken, was gerade geschah. Er verfluchte Cammell, der in seinen Augen ein niederträchtiger Manipulator war. »Intimer Verrat, da geht ihm einer ab«, schrieb er Jahre später in seiner Biografie. Marianne Faithfull kam tapfer zum Set und versuchte, die ganze Sache locker zu sehen. Auch sie fühlte sich sexuell zu Anita hingezogen und hatte eines Nachts sogar versucht, mit ihr zu schlafen. »Solange die Filmarbeiten andauerten, sagte ich nichts zu Micks Intimitäten mit Anita, weil ich wusste, dass es nur funktionieren konnte, wenn sie ihn wirklich begehrenswert fand«, erklärte sie. Um seinen Schmerz zu betäuben, griff Keith, der sich in der nahe beim Drehort gelegenen Wohnung seines Freundes Robert Fraser eingemietet hatte, zunehmend zu Heroin. Er spielte auf seiner Akustikgitarre und sang voller Melancholie und Sehnsucht seine neue Nummer »You Got the Silver« (paradoxerweise war dies einer der letzten Stones-Songs, dem Brian Jones bei der späteren Aufnahme einen Hauch seines immer mehr verblassenden Zaubers verlieh). Keith war sauer auf Mick, der niemals zugegeben hat, dass während des Drehs irgendetwas vorgefallen war, das ihn betraf. Anita Pallenberg, die wie Mick merkwürdig verschlossen von den Dreharbeiten zurückkehrte, hatte ihn zutiefst verletzt. Als sie herausfand, dass sie schwanger war, musste Keith, wenn auch nur vorübergehend, die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass Mick der Vater des Kindes sein konnte. Wie sich herausstellte, war das nicht der Fall, doch auch wenn ein Zweifel wie dieser nur wenige Sekunden im Raum steht, kann er selbst einen so hartgesottenen Kerl wie Keith völlig zermürben. »Der sonst so unerschrockene Keith konnte damit überhaupt nicht umgehen«, schrieb Marianne Faithfull.
    Gerüchten zufolge soll Mick sich in Anita verliebt haben, was seine Verschlossenheit sicher erklären würde. Wahrscheinlicher ist, dass er sich in die Vorstellung verliebt hatte, ein überwältigendes Leinwanddebüt hinzulegen, und entschlossen war, Donald Cammell in jeden Abgrund zu folgen, den dieser hinabzusteigen beschloss, wie tief auch immer er sein mochte. Mick hatte ein Seil, an dem er aus den imaginären Untiefen in die Realität zurückklettern konnte. Sich in Anita zu verlieben, hätte bedeutet, für immer ein Gefangener des Hauses am Powis Square zu sein. »So remember who you say you are and keep your noses clean«, singt Mick in »Memo from Turner«, sein musikalischer Beitrag zu Jack Nitzsches Soundtrack für Performance .
    Nitzsche hatte unter anderem mit Phil Spector zusammengearbeitet und in der T.A.M.I. Show -Big-Band mitgespielt. In nicht allzu ferner Zukunft sollte er außerdem wesentlich zu einigen der besten Stones-Nummern beitragen, vor allem arrangierte er den Kinderchor auf »You Can’t Always Get What You Want«. »Memo from Turner«, ein Song, der nach dem Ende der Dreharbeiten geschrieben wurde, ist in dem monumentalen CD-Box-Set The London Years zu finden, das auch andere rare Singles und B-Seiten der Stones enthält; es ist der erste echte Stones-Song, der kein Stones-Song ist. Statt Keith, der sich weigerte, an dem Soundtrack mitzuwirken, spielt Ry Cooder Slide-Gitarre, und Mick, in seiner Rolle als Turner, singt einen zusammenhangslosen Text, der nach dem Muster der Cut-up-Technik von William S. Burroughs entstand (die damals alle drei Kernmitglieder der Stones beeinflusste).
    James Fox, der die Rolle des Chas nach dem Ende der Dreharbeiten noch lange nicht abschütteln konnte, vergaß, wer er war. Er schloss sich den Navigatoren an, einer Gemeinschaft evangelikaler Christen, und hing die Schauspielerei für knapp zehn Jahre an den Nagel. »Er machte eine sehr schwere Zeit durch«, sagte Mick später. »Das passiert eben manchmal; er glaubte, die Bühne sei ein Ort für Sünder, daher trat er ab.« Ebenso wie die Liebesszene, die wir mit dem Wissen darüber, was die Zukunft für alle Beteiligten brachte, heute mit ganz anderen Augen anschauen, wirkt es heute beunruhigend, wenn Fox in seiner Rolle als Chas ausruft: »Ich bin normal! Mir fehlt nichts!«
    Michèle Breton versackte im Drogensumpf und drehte keinen weiteren

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