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Mick Jagger: Rebell und Rockstar

Mick Jagger: Rebell und Rockstar

Titel: Mick Jagger: Rebell und Rockstar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Spitz
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Mick einzulassen, lud er sie förmlich dazu ein, es zu tun. Denn kaum etwas war spießiger als Monogamie. Und die Stones, das hatte Keith ja schon Richter Block während des Redlands-Prozesses klargemacht, waren keine alten Männer. »Kleinkarierte Moralvorstellungen« halfen hier nicht weiter. Gleichzeitig riskierte er, sie für immer zu verlieren, wenn er einfach nur versuchte, sich zu cool zu geben. Dies war einer der wenigen Momente in seinem jungen Leben, in denen er völlig machtlos war, und seine Reaktion darauf war, die Schotten dicht zu machen und abzuwarten. Diese Strategie schützte ihn jedoch in keiner Weise, und so litt er wahre Höllenqualen. Das Resultat war, dass auch Keith zum Junkie wurde, noch bevor die Dreharbeiten abgeschlossen waren.
    »Ich hätte nie gedacht, dass Mick Anita flachlegen würde«, schreibt Marianne Faithfull in ihrer Autobiografie. Sie wohnte während der Dreharbeiten bei ihrer Mutter und ihrem jungen Sohn Nicholas in Irland, wo sie die Geburt ihrer Tochter erwartete. Man muss sich in der Tat fragen, warum Mick seinem besten Freund und Bandkollegen so etwas antat. Seine hedonistische Einstellung mag wohl eine Rolle gespielt haben, Mick folgte einfach dem Motto »Wenn es sich gut anfühlt, dann tu es«, so Faithfull. Aller Wahrscheinlichkeit nach war in diesem Fall allerdings Cammell der Bösewicht, und wenn man Mick etwas vorwerfen kann, dann dass er seine Ambitionen, sein Potenzial als Schauspieler voll auszuschöpfen, über die Loyalität zu seinem Freund stellte.
    Unter den gegebenen Umständen und vor dem Hintergrund des ständigen Ansporns vonseiten Cammells, war es durchaus verlockend sich einzureden, dass sie nicht Mick und Anita sondern Turner und Pherber waren. Andererseits war Mick um einiges standhafter als Cammell. Es widerstrebte ihm grundsätzlich sich irgendeiner Methode völlig unterzuordnen oder sich irgendeiner Vorgabe zu beugen. »Der Einzige, der irgendwelche Hemmungen hätte haben können, war Mick«, schreibt Marianne Faithfull. »Es war nur natürlich, dass [Anita] Mick als Turner unwiderstehlich fand. Die Charaktere, die sie verkörperten, flogen förmlich aufeinander, und sie konnte ohnehin schon schwer zwischen Fantasie und Realität unterscheiden.«
    Die Dreharbeiten begannen mit Innenaufnahmen in einem zweistöckigen Haus am Lowndes Square in Knightsbridge (dessen Räumlichkeiten im Film einem Gebäude am Powis Square zugeordnet werden), und von Anfang an unterwarfen sich alle Beteiligten dem überzeugenden Drehbuch. Performance ist tatsächlich beeindruckend; da sind etwa die perfekt ausgewählten Kunstobjekte zu nennen, seine Ikonografie (eine an die Wand getackerte Fotografie von Martin Luther King hier, eine kleine Robert-Johnson-Melodie da) oder die völlig befremdlich wirkende Ausstattung (der Behälter mit den sich windenden, phallischen Aalen, ein Gartenbeet voller Pilze). Außerdem ist es ein großartiger britischer Gangsterfim, wie es ehemals Brighton Rock und später Filme wie Jack rechnet ab, Rififi am Karfreitag, Bube, Dame, König, grAS und Sexy Beast waren – es wimmelt darin nur so von Brutalität, Nadelstreifen und schwarzem Humor.
    Ausreichend versorgt mit Wein und Hasch begann die Crew im Frühjahr 1968 mit den Proben. Keith Richards war dazu nicht eingeladen, und er war zu stolz, darum zu bitten. Er wartete stattdessen im Blue Lena in der Nähe des Hauses am Lowndes Square und kochte vor Wut, während sein bester Freund und seine Geliebte in einem nicht weit entfernt liegenden Schlafzimmer über ihre Rollen sprachen. In seiner Autobiografie erklärt Keith, während dieser Zeit die bedrohlich klingenden Gitarrenparts von »Gimme Shelter« geschrieben zu haben.
    Als Erstes wurde für Performance eine Liebesszene zwischen Mick, Anita Pallenberg und der androgynen Michèle Breton gedreht. Sieben Tage lang behandelten Donald Cammell und sein Co-Regisseur Nicholas Roeg diese Dreierszene wie einen eigenständigen Film; sie nahmen Jagger, Pallenberg und Breton mit einer Sechzehnmillimeter-Bolex-Handkamera in unterschiedlichen Stellungen auf. Wie auch im Fall der Liebesszene zwischen Julie Christie und Donald Sutherland in Roegs nächster Regiearbeit, Wenn die Gondeln Trauer tragen , hält sich bis heute das Gerücht, Mick und Anita hätten für diese Szene tatsächlich miteinander geschlafen. Man meint den Moment der Penetration tatsächlich zu sehen: Anita Pallenberg kichert, Mick seufzt. Wesentlich wahrscheinlicher ist jedoch, dass sie

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