Mick Jagger: Rebell und Rockstar
Recherchen für dieses Buch kontaktierte, erklärte er in einer knappen E-Mail: »Das ist mir einfach zu dämlich.«
Das hier soll bitte nicht als bilderstürmerisch oder herablassend missverstanden werden. Die Morde an Sharon Tate und den sechs anderen Unschuldigen in Südkalifornien im Sommer 69 und der sinnlose Tod von Meredith Hunter waren zweifellos schreckliche Tragödien, in deren Folge gewiss eine Menge utopischer Energie erloschen ist, an deren Stelle teils Ängste und Unsicherheit, teils – was noch viel schlimmer war – Zynismus und Selbstsucht traten. Aber eine Tragödie allein kann nicht das letzte Wort angesichts eines solchen Grauens sein. Wir brauchen eine Komödie, um uns die Möglichkeit zu geben, das alles tatsächlich hinter uns lassen zu können. Daher schlage ich vor, die Sixties am 22. März 1978 um 21:30 Uhr enden zu lassen, genau zu dem Zeitpunkt, als NBC The Rutles – All You Need Is Cash zum ersten Mal zur Primetime ausstrahlte.
© Michael Ochs Archives
The Rutles (v. l. n. r.: Dirk: Eric Idle, Stig: Ricky Fataar, Barry: John Halsey, und Ron: Neil Innes) in All You Need Is Cash .
Die Inspiration zu dem abendfüllenden Film lieferte ein Sketch, der drei Jahre zuvor erstmals in der BBC-Comedy-Show Rutland Weekend Television von Monty-Python-Star Eric Idle gezeigt worden war. Mit einem wahren Pointen-Feuerwerk entlarvte All You Need Is Cash gnadenlos sowohl die Naivität als auch den Hochmut der Youthquake-Generation. Das war eine ganz neue Art von Cold Turkey.
Sowohl der Sketch als auch der Film entstanden vor dem Hintergrund des ersten nennenswerten Sixties-Revivals, mit dem eine ziemlich verklärende Nostalgiewelle ausgelöst wurde. »Die Geburt der Rutles ist der Tatsache zu verdanken, dass irgendwer den Beatles eine enorme Summe bot, damit sie sich wieder zusammentun sollten«, sagt der eng mit der Python-Truppe kooperierende Musiker Neil Innes (der die Lennon-Figur der Rutles, Ron Nasty, spielte). »Es war derart aberwitzig, dass man mit irgendetwas Aberwitzigem reagieren musste; und es war einfach der richtige Moment dafür.«
Am 24. April 1976 bot Lorne Michaels, Moderator und Erfinder von Saturday Night Live , den Fab Four im Verlauf der Sendung dreitausend Dollar dafür, dass sie noch während der Ausstrahlung ins Studio kommen und ihre Reunion bekanntgeben sollten.
»Hier haben wir ihn, genau hier«, erklärte Lorne Michaels mit unbewegter Miene. »Ein Scheck, ausgestellt auf Sie, die Beatles, über dreitausend Dollar. Alles, was Sie dafür tun müssen, ist drei Beatles-Songs zu singen. ›She loves you, yeah, yeah, yeah.‹ Und schon gehören tausend Dollar Ihnen. Sie kennen ja den Text – es wird Ihnen nicht schwer fallen.«
Die meisten Leute wollten noch nicht loslassen, sich noch nicht endgültig von den Sixties verabschieden, doch Lorne Michaels Generation bemühte sich, nach vorne zu schauen und in eine neue Zeit aufzubrechen.
Als Eric Idle am 23. April 1977 zum zweiten Mal Saturday Night Live moderierte, war Innes als musikalischer Gast mit von der Partie. Er spielte erstmals den Rutles-Song »Cheese and Onions« und präsentierte einige Sketche aus Rutland Weekend Television . »Die Reaktionen der Zuschauer waren unglaublich. Die Leute schickten uns Beatles-Alben, auf denen sie den Bandnamen durchgestrichen und durch Rutles ersetzt hatten. Das Publikum war also absolut bereit, den Spaß mitzumachen.«
All You Need Is Cash (allein der Titel suggeriert, dass man langsam begann, ein paar lange schwärende Wunden zu lecken) wurde im Sommer 1978 gedreht. Nach fast einem Jahrzehnt hatte niemand ein größeres Interesse daran, die Vergangenheit hinter sich zu lassen, als die Leute, die die Legende selbst geschmiedet hatten: die Idole der Sixties, die nun wie die Punks versuchten, neue Musik zu machen, um endlich nach vorne blicken zu können.
»George war derjenige, der den Anzug in den Schrank hängen wollte«, erinnert sich Innes. George Harrison arbeitete beim Rutles-Film eng mit Idle und Michaels zusammen und durch ihn gelang es auch, das vielleicht größte Idol der 60er mit ins Boot zu holen.
Eric Idle ist nicht nur einer der Regisseure des Films, sondern spielt auch eine der Hauptrollen. Neil Innes steuerte die exzellenten musikalischen Beatles-Parodien bei:
Aus »Help« wurde »Ouch«,
aus »I Am the Walrus« »Piggy in the Middle«,
und aus »Let It Be« wurde »Let’s Be Natural«.
Die Erfinder der Rutles gingen davon aus, dass die Zuschauer vertraut
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