Mick Jagger: Rebell und Rockstar
Song zu schreiben; später kamen sie wieder zurück und spielten ihn uns vor und … oh Mann, war der schrecklich, daher haben wir uns nie die Mühe gemacht, ihn einzuspielen.«
Mick über das Beatles-Konzert im Shea Stadium (oder »Che Stadium«, wie es im Film genannt wird): »[Sie nahmen] einen Hubschrauber zurück zum Warwick Hotel. Jeder mit zwei Schnuckelchen im Schlepptau.«
Über die Erfahrungen mit transzendentaler Meditation unter Anleitung eines Maharishi (in All You Need Is Cash ist es der auf dem Oujiabrett trommelnde »Bognor«) im indischen Bangor, die Jagger zusammen mit Marianne Faithfull gesammelt hatte: »Wir waren ebenso begierig wie alle anderen, herauszufinden, was es mit diesem trommelnden ›Bognor‹ auf sich hatte.« Es gibt sogar eine Anspielung auf die berühmt-berüchtigte Drogenrazzia bei Keith Richards in Redlands: Im Verlauf der Sequenz, in der gezeigt wird, dass die Rutles und die Stones eine Zeit lang unter dem Einfluss von »Tee« standen, wird ein Zeitungsartikel mit der Headline »Stones verhaftet. Nacktes Mädchen und Teekanne!« eingeblendet. Auch Altamont wird in dem Film nicht ausgespart: In der entsprechenden Szene mimt Ron Wood einen ahnungslosen Hell’s Angel. Die Ehre, das letzte Wort zu haben, wird Mick Jagger zuteil. Als der von Idle gespielte Journalist ihn fragt: »Warum haben sich die Rutles getrennt?«, antwortet er: »Frauen. Ganz einfach Frauen. Sie haben alles durcheinandergebracht. Cherchez la femme .« »Glauben Sie, dass sie irgendwann wieder zusammenkommen werden?«, fragt Idle weiter. »Ich hoffe nicht«, entgegnet Mick.
Sogar Bianca Jagger, über deren nicht vorhandenen Sinn für Humor sich Keith Richards bis heute wundert, ist bei dieser Gaudi mit von der Partie, und zwar in der Rolle einer der Frauen, die Mick für das Rutles-Ende verantwortlich machte (McQuigleys Muse Martini, eine Französin, die kein Englisch spricht und nur sehr wenig Französisch).
»Als ich die Szenen mit ihm sah, dachte ich: ›Das kommt richtig gut rüber‹«, sagt Innes. »Es machte ihm Spaß, sich über die Sixties lustig zu machen. Darum konnte er sich so gut davon lösen.« Der andere Grund für seine brillante Darbietung ist elementarer: Mick ist von Natur aus witzig, vielleicht ist er sogar der talentierteste Mime und Comedian unter den Rock’n’Rollern. »Er hatte ein gutes Timing und wirkte absolut natürlich«, stimmt Weiss zu. Es gibt eine längere Szene in Peter Whiteheads Tour-Doku Charlie Is My Darling , in der Jagger, der neben Richards am Klavier steht, spontan eine Elvis-Imitation zum Besten gibt.
Mick Jagger mag sich bei Pressekonferenzen als witziger Typ präsentiert haben, bis dato hatte man ihn in Film und Fernsehen jedoch noch nicht von seiner wirklich lustigen Seite erlebt. Er hatte ein paar witzige Songtexte über das Rock’n’Roll-Business geschrieben (»The Under Assistant West Coast Promo Man«) und war längst ein Meister darin, die Doppelmoral der Generation seiner Eltern zu entlarven (»Mother’s Little Helper«) wie auch die seiner eigenen Londoner Schickimicki-Mischpoke (»19th Nervous Breakdown«). Im selben Jahr, in dem All You Need Is Cash Premiere feierte, lenkte er in »Shattered« seinen kritischen Blick auf das im Niedergang begriffene Manhattan, doch bis dahin waren seine Sixties, und ganz sicher die der Beatles – die immer die Alphaband zur Betaband der Stones gewesen waren – unantastbar gewesen. Michaels und die anderen Gründungsmitglieder und Autoren von Saturday Night Live waren nicht zuletzt deshalb so erfolgreich, weil sie als Erwachsene, die ihren Lebensunterhalt bestreiten mussten, versuchten, an den Idealen ihrer Jugend festzuhalten. Dabei setzten sie sich durchaus kritisch auseinander mit der Zeit, in der sie aufgewachsen waren, und die geprägt wurde von Ereignissen wie dem Ende der Beatles, der Eskalation des Vietnamkriegs und Watergate. Ihr Humor war dementsprechend derber, härter und manchmal auch gemeiner, als man es gewohnt war. Sie hatten sozusagen weniger von den Beatles als von den Stones, und daher passte auch Mick Jagger, der in den 70ern an der Spitze der unangefochtenen Alphaband der Epoche stand und sich im Einklang mit dem Zeitgeist befand, perfekt dazu.
© Ron Galella Collection/WireImage
Mick Jagger nach den Proben für seinen Auftritt in Saturday Night Live im Oktober 1978.
All You Need Is Cash markiert den Anfang von Micks langjähriger Mitwirkung bei Saturday Night Live und seiner
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