Mick Jagger: Rebell und Rockstar
interessierte damals wie heute nach fast vierzig Jahren viele die Frage, ob Carly Simon eine Affäre mit Mick Jagger hatte.
Zu denen, die davon überzeugt waren, dass zwischen den beiden etwas vorgefallen war, gehörte Bianca Jagger. Sie rief James Taylor am Abend vor seiner Hochzeit mit Carly Simon an, um ihn zu warnen: »Mein Mann hat eine Affäre mit Ihrer Frau.« Nach all den Jahren verrät Carly Simon immer noch nicht, von wem der Song eigentlich handelt, doch sie schwört, nie eine Affäre mit Mick Jagger gehabt zu haben. »Bianca war wirklich eifersüchtig, aber sie ging von etwas aus, das nicht den Tatsachen entsprach«, sagt sie. »Sie glaubte, dass sich zwischen Mick und mir mehr abspielte, als tatsächlich der Fall war. Sie war überzeugt, dass wir eine Affäre miteinander hätten. Und das war es auch, was sie James an dem Abend, bevor wir heirateten, erzählte. James war wunderbar. Er wusste, dass er mir vertrauen konnte, und er glaubte mir, dass meine Beziehung zu Mick rein musikalischer Natur war. Dummerweise habe ich irgendwann einen schlimmen Fehler begangen, nachdem James mich einmal sehr verletzt hat. Ich rächte mich, indem ich ihm eine Lüge auftischte. Ich erzählte ihm nämlich, dass da doch etwas gewesen sei. Ich setzte das als Waffe ein. Ich griff Biancas Geschichte auf, um James zu verletzten, nur um ihn zu verletzen. Wenn ich heute darüber nachdenke und sehe, zu was ich mich habe hinreißen lassen, bin ich erschrocken und schäme mich sehr.«
Unzweifelhaft haben Carly Simon und Mick Jagger eine Menge Spaß gehabt. Sie arbeiteten an dem fraglichen Abend noch im Studio und alberten zwischen den einzelnen Aufnahmen am Klavier herum, wobei etwas herauskam, das beinahe ein weiteres Duett geworden wäre. »Wir schrieben gemeinsam einen Song, der auf das nächste Stones-Album kam, und den wir ›The Next Time We Say Goodbye‹ nannten. Ich war davon ausgegangen, dass das ein Gemeinschaftswerk ist, aber Mick hat sich nie bei mir gemeldet, um nachzufragen, wie wir die Aufteilung der Tantiemen handhaben sollen.« Der »Till the Next Goodbye« genannte Song auf It’s Only Rock’n’Roll wird dort dem Songwriter-Duo Jagger/Richards zugeschrieben. »Das Mindeste, was ich tun kann, ist Mick dafür zu danken, dass er aus irgendeinem beliebigen Song für mich einen Hit gemacht hat, der über die Jahre zum Kultsong geworden ist. Also soll er um Gottes Willen alle meine Songs nehmen und behaupten, er hätte sie geschrieben.«
Mit »You’re So Vain« hat sich Mick Jagger zum ersten Mal völlig unabhängig von Stones musikalisch behauptet. Die Single kam Anfang 73 auf den Markt und wurde ein noch größerer Hit als der Stones-eigene Chartbreaker des Jahres 73, die wunderbare Ballade »Angie«, die allerdings die Fans in zwei Lager spaltete und neben Begeisterung bei den einen auch helle Empörung bei den anderen hervorrief. Musikalisch gesehen ist der von Keith geschriebene Song mit Charlies zurückhaltendem Beat und Mick Taylors gefühlvoller Pianobegleitung einfach perfekt. Das ist wie flüssiges Gold, 70er-Sound in Vollendung. Doch anders als die meisten Titel auf Goats Head Soup, It’s Only Rock’n’Roll und Black and Blue ist »You’re So Vain« ein zeitloser Song. Selbst Kate Hudson konnte ihm nichts anhaben, als sie ihn für Matthew McConaughey in Wie werde ich ihn los – in 10 Tagen trällerte. Carly Simons Hit war ein gigantischer kommerzieller Erfolg; auf beiden Seiten des Atlantiks stürmte »You’re So Vain« an die Spitze der Charts, die Single wurde millionenfach verkauft und das Album No Secrets stand anderthalb Monate lang auf Platz eins. Wichtiger noch: Der Song markiert einen der wenigen faszinierenden Momente zu Beginn einer Phase, die Lester Bangs abfällig als die »flatterhafte Periode« der Stones bezeichnete.
DIE
ANTWORT
DES
SÜDENS
AUF DIE
RUTLES
KAPITEL 13
V ergessen wir einmal die von Musikjournalisten immer wieder gern aufgestellte These, das katastrophale Konzert am Altamont Speedway am 6. Dezember 1969 (oder auch die Tate-LaBianca-Morde am 8. /9. August desselben Jahres) markiere das »Ende der Sixties«. Mick hat dieser Sicht der Dinge schon vor Langem eine Absage erteilt: »Vielleicht war es das Ende ihrer Ära, das Ende ihrer Naivität. Ich glaube, dass es schon lange vor Altamont zu Ende war.« Und auch der Hells-Angels-Boss Sonny Barger hat kein Interesse daran, noch einmal über den 6. Dezember 69 zu sprechen; als ich ihn im Zusammenhang mit meinen
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