Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Microsklaven

Microsklaven

Titel: Microsklaven Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
Vom Netzwerk:
Gap-Träger vom Jetzt distanzieren und in ein nebulöses Damals eintreten, wann auch immer er dieses Damals ansiedeln möchte ... irgendwo zwischen den 20er Jahren Picassos und den 60ern der Hippies.« Todd war nicht da, sonst hätten wir ihn gefragt, ob Lenin auch Khakis getragen hat.
    Karla wies daraufhin, daß es neben Gap noch andere Gaps gibt. »J. Crew ist eigentlich ein ziemlich unverhohlener Gap-Verschnitt. Wie auch Eddie Bauer. Banana Republic gehört sogar denselben Leuten wie Gap. Armani A/X ist eine Art EuroGap.
    Brooks Brothers ist ein Gap für Leute mit dem nötigen Kleingeld, deren Körper der Verhüllung, der Aufwertung und der Standardisierung bedürfen. Victoria's Secret ist ein Gap für Damen auf der Suche nach kalkulierter Frivolität. McDonald's ist der Gap der Hamburger. LensCrafters ist der Gap für Brillenträger. Mrs. Fields ist der Gap der Kekse. Und so weiter.« Susan sagte, der rote Faden, der sich durch alle diese Gappiness ziehe, seien natürlich das Tabellenkalkulationsprogramm und das strichcodegestützte Lagerbestandsverzeichnis. »Wenn daher ein großstadtmüder Kosmopolit an der Upper West Side ein Jeanshemd im Kaff-in-Nebraska-Stil (Farbe ›Hafergrau‹) kauft, melden die Gap-Computer« (bestimmt gut versteckt in einer ehemaligen NORAD-Kommandozentrale irgendwo in den Roddes), »sofort an die Textilfabriken in Asien: Nebraska-Jeanshemden sind DER RENNER. Oder andersrum: Wenn sich irgendein Landei da draußen in Nebraska aus Sehnsucht nach einem Leben jenseits des Getreidesilos bei Gap vor Ort ein Oxford-Hemd mit Button-Down-Kragen kauft, rüsten die von Gap finanzierten computergesteuerten Webstühle in Asien automatisch auf das Popper-Revival um.«
    Bug sagte: »Im Grunde geht man zu Gap, weil man dort etwas zu finden hofft, was es in anderen Gap-Läden nicht gibt ... Selbst die winzigste Abweichung von der hochstandardisierten inventarisierten Gap-Norm bekommt einen immensen Wert. Das ist das gleiche, als wenn bei McDonald's Lamb McNuggets oder so was verkauft werden, um den Markt dafür zu testen, und man weiß, daß es nur ein Experiment ist.« Ethan schloß sich Bug an: »Ich habe letzten Dezember im Eaton's Centre in Toronto ein Commander-Picard-mäßiges, rot-schwarzes ›GP 2000‹-Sweatshirt gekauft, das ich bisher noch bei keinem anderen Gap gesehen habe. War das nun ein Test-Marketing für eine neue Kollektion, die wieder gekippt wurde, oder ein Artikel, der einfach gefloppt ist? Was meint ihr!«
    Dann erinnerte Michael daran, daß vor ein paar Jahren Kritik am Firmenethos von Dairy Queen laut wurde, weil der Betrieb an seine Franchise-Läden pseudo-zufällig geformte Fleischklopse mit unregelmäßigen Rändern verschickte, um beim Burger-Konsumenten den Eindruck zu erwecken, er äße einen »handgeformten« Burger. »Da fragt man sich doch, ob Gap nicht genauso willkürlich nicht-standardisierte Kleidungsstücke auf seine Geschäfte verteilt, um die Illusion regionaler Unterschiede zu schaffen.«
    Bevor wir alle in Trance fielen, rief ich schnell: »Gap-Check!«, und jeder im Büro mußte schlechten Gewissens zugeben, wie viele Gap-Teile er gerade anhatte. Karla, die einzige unver-Gapte Seele, trug für den Rest des Tages das selbstgefällige, siegesgewisse Grinsen von jemandem zur Schau, der dem hungrigen Maul des Strichcode-Industrialismus entronnen ist. Wir Gap-Opfer hingegen beamten uns schon mal in eine durch-McNuggetisierte Welt voller undeppenhafter, standardisierter Konsumeinheiten. Wir machten uns wieder an die Arbeit, und Dusty grübelte: »Es scheint, als würde es langsam zu einem politischen Statement, ein Depp zu sein - ein anderer Ausdruck für: ›Ich habe mich entschieden, mich nicht mit den dunklen Mächten amoralischer multinationaler, strichcodierter, GATT-konformer Handelspraktiken zu verbundene«
    »Also laßt uns Deppen sein«, sagte ich. »Aber wie wird man ein Depp, Dan?«
    »Na ja, man könnte vielleicht seine Klamotten selber machen«, sagte Bug, aber wir antworteten wie aus einem Mund: »Neeee ...«, und sei es auch nur aus dem Grund, daß im Moment keiner Zeit für so was hat.
    »Man könnte Sachen kaufen, die noch aus der Zeit vor der computergestützten Lagerhaltung stammen«, schlug Susan vor, aber Bug entgegnete, dann werde man zu einem Retro-Fashion-Victim.
    Schließlich kamen wir überein, die einzige Chance, ein Depp zu werden, wäre, sich seine Klamotten von seiner Mutter bei so was wie Sears oder JC Penny kaufen zu lassen. Oder von

Weitere Kostenlose Bücher