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Microsklaven

Microsklaven

Titel: Microsklaven Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
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Michael.
    N och deutlicher könnte Susan ihre Verknalltheit in Emmett beim besten Willen nicht zeigen. Aber Emmett ist dermaßen dusselig, daß er es trotzdem nicht schnallt. Ein Wunder, daß es den Menschen überhaupt gelingt, sich fortzupflanzen. Heute trägt Susan Hot pants und ein Barbarella-Netzhemd- chen, große Plastikohrringe und eine Perücke wie aus dem Tal der Puppen. Sie sieht aus wie eine Li/e-Titelseite von 1967. Dann ist es heute auch noch sehr warm, Todd arbeitet oben ohne, und Dusty probiert für den Iron-Rose-IV-Wettkampf (Karla und Susan lassen sich zeigen, wie die Posen gehen) -im Büro stinkt es förmlich nach Sex. Das ist doch nicht normal!

MITTWOCH
    A be:
     
    Irgend jemand hat hier auf den Fußboden der Klokabine geschmiert: WEIBER HALTEN EINEN BLOSS AUF Darunter hat jemand anders geschrieben: ÜBERSTUNDEN SIND POLYGAMIE
    MICROSOFT! Ihr wißt ja, wie es hier zugeht - die Singles machen Überstunden, um Eindruck zu schinden, aber die Verheirateten werden Manager und steigen viel schneller auf. Elearnor Rigbies werden hier nicht gebraucht.
    Habe dein Faz von gestern erhalten. (Ich hatte ihm die Bauanleitung für eine Lego-Raumstation 9129 gefaxt.) Ich glaube, dein Fax war seit Jahren das erste, das ich bekommen habe. Faxe sind wie E-Mail uon 1987. Danke.
    S usan kam heute nach dem Abendessen mit ein paar Schrott-Gegenständen in der Hand bei uns an: einer verbogenen Gabel, einem angegammelten Apfel, dem Kopf einer Barbie und dem Plastikdeckel zu einem Tylenol-Fläschchen. Sie reihte die Sachen auf dem Fußboden auf und fragte Todd: »He Todd, was ist das?«
    Wir schauten uns diese traurige kleine Müllsammlung an und hatten keinen Schimmer. Todd sagte: »Weiß ich nicht.« Sie sagte: »Das ist ein russischer Garage Sale.« Wir alle sagten: »Uuuuh ...« und warteten darauf, daß Todd einen Wutanfall kriegte, und er war auch tatsächlich beleidigt.
    »Ich weiß, ich weiß«, kam sie ihm zuvor. »Eigentlich sind die Russen jetzt unsere Freunde. Aber gib's doch zu, Todd - die werden's nie kapieren. Den Kapitalismus muß man im Blut haben. Wenn man eine Marktwirtschaft aufbauen will, kann man nicht einfach den Entschluß dazu fassen und über Nacht zum Kapitalisten werden. Man muß als Kind in den Peanuts von Lucys ›Psychiatrische-Behandlung-für-5-Cent‹-Stand lesen, Spielshows sehen, sich Sea Monkeys schicken lassen -sonst wird man nie ein richtiger Kapitalist.« Sie nahm den Barbie-Kopf aus der Reihe von Gegenständen: »Der ist doch zu gut.«
    S päter fingen Susan und Karla plötzlich an zu kichern. Ich fragte sie, weswegen, und sie guckten sich gegenseitig schuldbewußt an.
    »Barbies«, sagte Karla.
    Susan fügte hinzu: »Offenbar hat jedes Mädchen, das ich kenne, irgendwelchen unfaßbar kranken Sex-Scheiß mit seiner Barbie angestellt, bis ihr schließlich der Kopf und/oder Arme und Beine abfielen und man sie verstecken mußte. Doch natürlich fand Mom die verstümmelte Barbie doch und fragte: ›Mein Gott, Schatz - was ist denn mit deiner Barbie passiert?‹„
    »O Gott - und man starb fast vor Scham bei dem Gedanken an die Exzesse, die sie in diese bedauernswerte Verfassung gebracht hatten ...« (Erneutes Gekicher.)
    »Ich weiß noch, wie meine Barbie die G.I. Joes meines Bruders entdeckte«, sagte Karla. »Da ging's hoch her. Innerhalb einer Stunde war sie komplett zerlegt.«
    »O Gott - meine auch!« sagte Susan. »Auch keine Haare mehr?«
    »Genau.«
    Ich fühlte mich ein bißchen außen vor, zog mich diskret zurück und ließ die Mädels weiter kichern. Unfaßbar, daß sie beide genau die gleichen Sachen gemacht hatten.
    M ittlerweile tut mir nicht mehr alles weh, wenn ich aus dem Fitneßstudio komme. Trotzdem habe ich heute etwas sehr Erniedrigendes erlebt: Mein Idealgewicht beträgt 78 Kilo, aber ich wiege nur 69. Die Frau vom Fitneßstudio hat das Verhältnis von Fett, Wasser, Fleisch und Knochen in meinem Körper berechnet, und da sie dabei sichtbar schluckte, fragte ich sie, ob etwas nicht in Ordnung sei. Sie sagte (nach einer zögerlichen »Sie-haben-Krebs«-Pause): »Sie sind das, was wir einen schlanken Fettleibigen nennen.«
    Mann, war das erniedrigend. Nicht nur, daß ich so ein halbes Hemd bin - nein, das bißchen Fleisch, das ich auf den Knochen habe, ist noch nicht mal Fleisch, sondern Speck. Den muß ich erst mal verbrennen, bevor ich überhaupt anfangen kann, Muskeln anzusetzen. Ich verdiene es nicht mal, mich als Organismus auf Kohlenstoffbasis zu bezeichnen,

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