Microsklaven

Alptraum und einen Kater aus dem Schlaf geschreckt wurde. Vorsicht vor diesen Schicht-Eurodrinks - die werden aus irgendwelchen unheimlichen Bienengift-Likören gemacht!
    W ir alle bekamen E-Mail von Bug.
     
    Hi Kids. Ich bins.
    Wißt ihr noch - damals in der Highschool gab es immer Leute, die in der achten Klasse schon eine Beziehung hatten, und heute haben sie immer noch eine Beziehung. Die kennen die logische Abfolge der Beziehungsphasen. Wenn sie zum Beispiel in der dritten Woche Krach miteinander haben, sagen sie: »Reh, na ja, das ist bloß der Dritte-Woche-Krach«, und dann ist es wieder vorbei. Da ich nie eine Beziehung gehabt habe, weiß ich nicht, wie all die Schritte in einer Beziehung normalerweise ablaufen. Jetzt muß ich diese Schritte lernen, Jahrzehnte später. Aber ich werde es tun. Tut mir leid, daß ich gestern so aus der Rolle gefallen bin. Ich fahre für ein paar Tage in ein B&B in Napa, um über alles nachzudenken. Freizeit und so weiter.
    Merkwürdig, aber notwendig. Lebt und liebt.
    Bye Kids.
    E s sieht so aus, als hätten wir Aussicht auf einen Veröffentlichungs-Deal - mit Maxis, den Sim-City-Leuten. Die Fische beginnen offenbar anzubeißen: Broderbund, Adobe und Alias haben auch ein wenig Interesse gezeigt. Ich schätze also, das, was wir machen, ist doch zu etwas nutze, genauer gesagt: eventuell profitabel. Oh-oh! Geht jetzt etwa meine Integrität flöten, mein Eins-Null-Gespür?
    I ch bin mit Abe und Ethan zu Electronic Arts oben an der 101 in San Mateo gefahren, am Fashion Island Boulevard - ein Geek-Party-Freund von uns wollte uns die Beta-Version eines neuen Spiels testen lassen - und dabei kamen wir über das Autobahnkreuz der Highways 92 und 101, das ich so mag. Wie die meisten Gebäude im Silicon Valley ist die EA-Zentrale, der Century-Two-Komplex, glatt und sauber, eine bei Sony abgeguckte Ästhetik: Im Innern eines glatten, wie eine Maschine geformten Objekts befinden sich magische Bestandteile, die cooles Zeug machen. Susan sagt, das sei eine »männliche« Ästhetik. »Wenn es nach den Männern ginge, würde jedes Gebäude auf der Erde aussehen wie ein Trinitron.« Der EA-Parkplatz war ganz eigenartig - es standen ausschließlich nagelneue Autos darauf. Ich hatte das Gefühl, ich wäre auf dem Parkplatz in Alamo. Im Springbrunnen vor dem Gebäude stand eine große Plaza-Skulptur, und in dem mit Joy-Geschirrspülmittelschaum bekränzten Wasser schwammen ein paar Badewannenspielzeuge aus Gummi. »Ich rieche Nerds«, sagte Abe.
    In der Lobby stand eine Vitrine mit einem von John Madden signierten Football und einem von Michael Jordan signierten Basketball, beides Werbeträger für Computerspiele. Haben den ganzen Nachmittag das neue Spiel gespielt. Es hat fast gar keine Bugs, und es dauert noch Wochen, bis es ausgeliefert wird.
    F ashion Island ist übrigens wirklich toll - all diese riesigen toten Kaufhäuser, die des Baus neuer Freeway-Rampen wegen stillgelegt worden sind ...
    N achdem wir die 101 von San Mateo wieder zurückgefahren waren, hörte ich meinen Anrufbeantworter im Büro ab. Michael bat um Rückruf, und so rief ich ihn an - obwohl er in Spuckweite von mir in seinem Büro saß. Egal. Die Ansage auf seinem Anrufbeantworter war aus alten Japanisch-Lernen-Tapes zusammengestückelt:
     
    (Sonore Berlitz-Stimme:)
    Japanisch im Schnellverfahren
    (Verstörter amerikanischer Tourist:)
    Ich kann mein Gepäck nicht finden.
    (Japanische Girlie-Stimme:)
    Nimotsu ga mitsukarimasen.
    (Candice-Bergen-artiges weibliches Wesen:)
    Mein Gepäck ist hier.
    (MackerhafteToho-Studios-Hauptdarsteller-Stimme:)
    Nimotsu wa, koko desu.
    (Spielshowmaster-Stimme:)
    Gibt es hier in der Nähe eine gute Disco?
    (Nerdige männliche Stimme auf japanisch:)
    Chikaku ni, ii disco ga arimasu ka?
    (Spielshowmaster:)
    Ich habe Krämpfe.
    (Candice:)
    Ich habe Durchfall.
    (Macker:)
    Mit dieser Kamera stimmt etwas nicht.
    (Girlie:)
    Blumenkohl.
    (Spielshowmaster:)
    Aubergine.
    (Candice:)
    Prosciutto mit Melone.
    (Macker:)
    Krabbencocktail.
    BIEP...
     
    Ich sagte Todd, er solle mal Michaels Nummer wählen, und das tat er, und wir mußten beide zugeben, daß Michaels Anrufbeantwortersprüche wirklich immer die freie Welt rocken. Todd, muß ich hinzufügen, mißt wie viele 90er-Jahre-Menschen seinen Selbstwert an der Anzahl der Nachrichten auf seinem Anrufbeantworter. Wenn das rote Lämpchen nicht blinkt... BIST DU EIN VERSAGER. Todds beinahe kybernetische Beziehung zu seinem Anrufbeantworter (um ehrlich zu