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Microsklaven

Microsklaven

Titel: Microsklaven Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
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sein - das gilt für uns alle) deutet offenbar auf eine nicht allzuweit entfernte Zukunft hin, in der die Menschen mit Düsen, Dioden, Summern und Klingeln ausgestattet sind, die uns darüber unterrichten, wie warm und wie spät es im Kerguelen-Archipel ist und ob Fergie genau in diesem Moment an einer Tasse Tee nippt oder nicht.
    Todd sagt, mit E-Mail habe man zumindest ein »Versager-Sicherungssystem«: Wenn schon nichts auf dem Anrufbeantworter ist, hat man vielleicht wenigstens E-Mail. Wie auch immer, drei Minuten später klingelte mein Telefon, und es war Michael. Er fragte, ob er mich auf einen Spätnachmittag-Snack einladen könne, doch dabei klang seine Stimme so unsicher, wie es sonst gar nicht seine Art ist. Er stotterte sogar, und ich geriet ein wenig in Panik, so wie es einem geht, wenn man, auch ohne irgendwas zu verbergen zu haben, an derGrenze an einem Zollbeamten vorbeimuß. Ich sagte ja und machte mich auf garantiert schreckliche Neuigkeiten gefaßt.
    W ir fuhren die 101 nach Burlingame rauf und fuhren und fuhren und fuhren und fuhren und fuhren, und mir wurde bewußt, daß im Valley tatsächlich die Formel gilt: KEIN AUTO = KEIN LEBEN. Wir hielten ausgerechnet beim SFO Airport Hyatt Regency, und ich fragte ihn, was um alles in der Welt wir da wollten.
    »Daniel, ich liebe dieses Gebäude. Es sieht aus wie der pißeleganteste Atomreaktor der Welt - schau dir nur das kupferoxydfarbene Dach an, das turmartige Teil in der Mitte und die herrliche Lage an der Bayside, die immer Kühlwasser für all die mollig warmen Transuranbrennstäbe garantiert.« Sein Gesichtsausdruck blieb während dieses ganzen Sermons unverändert.
    Wir redeten über die Spiele bei Electronic Arts, doch ich war mit den Gedanken die ganze Zeit bei der Frage, ob ich bei Oop! auch wirklich genug leiste. Alle haben in letzer Zeit so toll gearbeitet - die Freiheit und Ungebundenheit, die dem intellektuellen Darwinismus innewohnt, spornt uns alle zu Höchstleistungen an - und vielleicht findet Michael meine Arbeit nicht so toll wie die der anderen. Da bin ich aber anderer Ansicht. Ich meine, nicht nur daß bei meiner Programmierarbeit für Oop! ziemlich klasse Sachen herauskommen, sondern ich glaube auch, daß meine Raumstation ein echter Killer wird. Wie ungerecht das alles ist - besonders, nachdem wir durch Abe wieder flüssig sind.
    Michael schnitt sich die Fingernägel und schnipste die dabei anfallenden Keratin-Sicheln in seine Hemdtasche, und ich wurde langsam PaRAnOId.
    Wir setzten uns ins Swift Water Cafe, und Michael bestellte ein entschieden nichtzweidimensionales Stück Apfelkuchen -ein Verrat an seinem Flachländer-Eßcode, direkt vor meinen Augen. In letzter Zeit scheint er sich nicht mehr daran zu halten. Wie ein Alkoholiker, der wieder anfängt zu trinken. Er ist dabei, sich zu verändern ...
    Und dann, aus heiterem Himmel, fragte er mich: »Daniel, mache ich den Eindruck, als sei ich lebendig?« Ich war völlig verblüfft. Ich glaube, das ist die merkwürdigste Frage, die mir je gestellt wurde.
    Ich sagte: »Was für 'ne dumme Frage. Ich meine - natürlich -manchmal wirkst du ein bißchen wie eine Maschine, aber...« Er sagte: »Ich bin lebendig, weißt du. Vielleicht habe ich kein Leben, aber zumindest bin ich lebendig.«
    »Du klingst wie Abe.«
    »Ich habe mich immer gefragt, ob sich Maschinen jemals einsam fühlen. Wir beide haben uns einmal über Maschinen unterhalten, und da habe ich längst nicht alles gesagt, was ich zu sagen hatte. Ich weiß noch, wie wütend ich war, als ich gelesen habe, daß in japanischen Autofabriken das Licht ausgeschaltet wird, damit die Roboter im Dunkeln arbeiten können.« Er aß seinen Apfelkuchen, bestellte einen Single-Malt-Scotch bei der Kellnerin und sagte: »Aber ich glaube - ja, ich fühle mich einsam. Sehr allein. Ja. Allein.«
    Ich sagte nichts.
    »Zumindest tat ich das.«
    Tat... »Tat? Bis wann?« fragte ich.
    »Ich...«
    »Was?«
    »Ich bin verliebt, Daniel.« O Mann, was für 'ne Klatschbombe. (Und Gott sei Dank, daß ich nicht gefeuert bin.) »Das ist ja toll, Michael. Herzlichen Glückwünsch. In wen?«
    »Weiß ich nicht.«
    »Wie meinst du das?«
    »Naja, einerseits weiß ich's, andererseits wieder nicht. Ich bin in ein Etwas namens ›StrichCode‹ verliebt. Und ich weiß nicht, wer er-Schrägstrich- sie ist, wie alt oder sonstwas. Aber ich bin in ... es verliebt. Das StrichCode-Etwas wohnt in Waterloo, Ontario, Kanada. Ich glaube, es studiert an der Uni. Das ist

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