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Microsklaven

Microsklaven

Titel: Microsklaven Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
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alles, was ich weiß.«
    »Versteh ich dich richtig: Du hast dich in jemanden verliebt, aber du hast keine Ahnung, wer dieser Jemand ist?«
    »Genau. Gestern abend habt ihr euch darüber unterhalten, daß ihr euch Strichcodes tätowieren lassen wollt, und ihr habt immer wieder das Wort ›Strichcode‹ gesagt, und ich wurde fast rasend vor Liebe. Ich konnte mich kaum beherrschen. Und dann, als Bug so offen und ehrlich von sich erzählt hat, dachte ich, ich sterbe, und da ist mir klargeworden, daß die Dinge nicht so weitergehen können wie bisher.« Michaels Scotch kam. Er rollte das Eis herum und schluckte - jetzt ist er von Robitussin zum richtig harten Zeug gewechselt.
    »StrichCode ißt auch nur flaches Essen. Und sie- Schrägstrich- er hat ein Oop! -ähnliches Flachländer-Programm mit einem immensen Spielepotential geschrieben. StrichCode und ich, wir sind verwandte Seelen. Es gibt dort draußen nur einen Menschen für mich, und den habe ich gefunden. StrichCode ist auf dieser Welt mein Verbündeter und...« Er schwieg und blickte quer durchs Restaurant. »Manchmal, wenn ich sehr, sehr einsam bin und das Leben völlig trostlos aussieht, dann will ich nicht mehr hier sein. Auf der Erde, meine ich. Ich will... da draußen sein.« Er deutete auf die Sonne, die zum Fenster hereinschien, einen Strahl, der herunterleuchtete, und den Himmel über der Bay. »Der Gedanke an StrichCode ist das einzige, was mich noch auf der Erde hält.«
    »Und was willst du jetzt tun, Michael?«
    Er seufzte und sah die anderen Geschäftsleute im Restaurant an.
    »Was willst du denn jetzt tun!« fragte ich noch mal. Er blickte zu mir auf. »Bin ich deswegen hier, Michael? Willst du mich da reinziehen?«
    »Kannst du mir einen Gefallen tun, Daniel?« Ich wußte es. »Was?«
    »Sieh mich an.«
    »Tu ich.«
    »Nein, richtig.«
    Michael unterm Mikroskop: untersetzt, Brillenträger, schlecht gekleidet, kurzärmeliges Hemd, so gelb wie gelbes Rechnungspapier, blasser Teint, Vertekutierer-Frisur - der typische Nerd, der schon beinahe gar nicht mehr existiert; ein kleiner Konstruktionszeichner bei Lockheed, ungefähr in der McCarthy-Ära. Wenn nicht seine fast Cerenkov-mäßig strahlende Intelligenz wäre, könnte man ihn für geistig minderbemittelt oder, wie Ethan sagen würde, für einen Vollidioten halten. Ich sagte: »Was soll ich denn sehen?«
    »Schau mich doch an, Daniel - wie soll sich bloß jemand in mich verlieben?«
    »Das ist doch albern, Michael. Liebe hat fast gar nichts mit dem Aussehen zu tun. Es geht darum, daß das Innere von zwei Menschen verschmilzt.«
    »Nichts mit Aussehen zu tun? Das sagt sich für euch alle so leicht. Ich muß schließlich Tag für Tag in unserer Körper-freak-Welt arbeiten. Bei uns geht es zu wie in einer Aaron-Spelling-Produktion. Meinst du, ich merke das nicht?«
    »Und was willst du damit sagen? Soviel ich weiß, bestehen ziemlich gute Chancen, daß, wenn einer etwas fühlt, der andere das gleiche fühlt. Da spielt das Aussehen keine Rolle.«
    »Aber wenn sie oder er mich dann sieht - meinen Körper -, ist es gleich wieder vorbei.«
    Irgendwie fing ich an, ein bißchen die Geduld zu verlieren, aber schließlich habe ich nun wirklich keinen Grund, mich als Fachmann in Liebesdingen aufzuspielen. »Ich finde, du bist absolut liebenswert. Unser Büro ist ein Kuriositätenkabinett und alles andere als repräsentativ für die Welt im allgemeinen.«
    »Das sagst du wie ein Vater, dessen Sohn gerade eine Zahnspange mit Außenbügel bekommen hat.«
    »Was soll ich denn tun, Michael.«
    Er schwieg und blickte nach links und nach rechts und dann wieder zu mir: »Ich möchte, daß du für mich nach Waterloo fährst. Dich mit StrichCode triffst. Diesem ... Es ... einen Job anbietest. StrichCode ist der oder die cleverste Programmiererin, mit dem/der ich je zu tun hatte.«
    »Warum fährst du denn nicht, Michael?« Er sah an sich hinunter, schlang die Arme um die Brust und sagte: »Ich kann nicht. Ich werde bloß ... abblitzen.« Nun ja, wenn ich etwas in- und auswendig kenne, dann ist es Michael und sein Starrsinn. »Michael, wenn ich das tun sollte, wäre ich unter keinen Umständen bereit, auch nur für eine Mi'fcrosekunde, so zu tun, als sei ich du.«
    »Nein! Das müßtest du auch gar nicht! Sag einfach, ich sei verhindert, und du seist statt meiner gekommen.«
    »Und was ist, wenn StrichCode sich als 48jähriger Mann in Windeln entpuppt - Windeln mit Spaghettiträgern?«
    »So ist das eben in der Liebe -

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