Microsklaven
steht: Doug Duncan, Product Developer , MATTEL ... oder NASA , SIEMENSNIXDORF , OGILVY & MATHER , UCLA und so weiter. Alle flitzen von Meeting zu Meeting und decken sich dabei mit Gratis-Promo-Merchandise-Kram ein: Software-Samplern, Buttons, Bechern, Anstecknadeln und Wasserflaschen. Die Messestände sind mit Tausenden solcher Typen besetzt, die auf der High-School gut aussahen, aber für alles nur eine 3+ bekamen. Und jetzt sind sie Vertreter für Stereoanlagen und müssen den Nerds, die sie auf der High-School immer gepiesackt haben, in den Arsch kriechen.
Wir Oop!ster waren den ganzen Tag auf Meetings - meistens ernste Gespräche, die in kleinen Räumen über dem Messegeschoß geführt wurden. Die Konferenzräume sehen in jedem Hotel gleich aus: Mietmöbel aus Chrom und Glas, Telefone und ein Trinkwasserspender. Und die Leute, die sich darin treffen, im ersten guten Anzug ihres Lebens. Sie altern direkt vor deiner Nase.
Da wir schon einen Vertrieb gefunden haben, waren wir eigentlich nur da, um Kontakte zu knüpfen, PR zu machen und Leute für die Entwicklung von Oop!-Startmodulen zu gewinnen. Nichts Besonderes.
Aber ich muß schon sagen, die falsche Aufrichtigkeit und das synthetische Wohlwollen der Meetings, die kalkulierten Späßchen und die affenartige Ranghöheres-Männchen/Rangtieferes-Männchen-Körpersprache haben etwas Zeitloses. Immerhin bewahrte uns die Anwesenheit von Karla, Susan und Amy vor den unvermeidlichen Stripperinnen-Witzen. Karla meinte, daß bei den Marketing-Meetings bei Microsoft immer alle versucht hätten, möglichst aufgekratzt zu wirken und so zu tun, als hätten sie jede Menge Ideen, während sich auf der CES alle bemühten, möglichst aufrichtig zu wirken und so auszusehen, als wären sie nicht gerade verzweifelt hinter irgend etwas her.
Später, in einigen der wenigen ruhigen Momente, hab ich mir noch durchs Fenster die Meetings anderer Leute angeschaut, und die sahen aus wie die Leute auf den Dutch-Master-Zigarrenkisten, nur modernisiert. Alt, aber neu ... wie ein schnurloses Telefon neben einer Schale Äpfel. Wir machten eine »Hock-Mittagspause« im Gang vor dem Intel-Kino, um unsere Eindrücke von den bisherigen Meetings auszutauschen. Im Convention Center wird das schlechteste Essen der Welt so demütigend, stuhl- und würdelos serviert, wie es nur geht. Die Menschen sahen aus wie Hunde, wie sie so durch die Gegend humpelten und ihren natriumreichen, abfallprodukthaltigen, fetttriefenden Fraß aßen. Convention-Center-Essen im Magen zu haben ist genauso giftig wie fünfzigmal Thoraxröntgen. Für den Rest des Tages wurde »Thoraxröntgen« unsere offizielle Maßeinheit für alles, was bestimmt sehr schlecht für einen ist, das Leben verkürzt, aber erst viel später seinen Tribut fordert. Wenn wir jemand absolut Gräßlichen kennenlernten, sagten wir, er sei wie »zehnmal Thoraxröntgen«, und wir würden wahrscheinlich drei Tage früher sterben, als wenn wir ihn nicht kennengelernt hätten. Nach dem Essen sahen wir uns in dem Kino, das Intel in der Haupt-Lobby eingerichtet hat, den Pentium-Film an. Es ging darum, wie die Interaktivität in Zukunft das Leben verbessern wird, und wir mußten die ganze Zeit kichern, weil im Internet so viele Pentium-Witze über Dezimalzahlen kursieren. Wir waren sicher, daß es allen anderen, die sich die Vorführung ansahen, genauso ging.
»0,999999985621«, flüsterte ich, und alle kriegten einen Lachkrampf, und schließlich mußten wir gehen, weil wir mit unserem Gekicher zu viele Leute störten. Ich schätze, wenn man Witze über Dezimalstellen interessant findet, ist man wirklich ein Geek.
Am Nachmittag verbrachte Susan die meiste Zeit zwischen den Meetings im SEGA-Nintendo-Gebäude und kundschaftete mit ihren Chyx-Kolleginnen die Interaktive Minibar von Virgin aus. Es hieß, das Supermodel Fabio gebe in einem anderen Gebäude Autogramme, also sausten Susan und Karla hinüber, um sich das anzusehen. Tatsächlich, Seine Haarheit persönlich signierte zwischen den dröhnenden AutoHiFi-Anlagen Kalender und Taschenbücher. Susan und Karla standen eine Stunde lang an und bekamen schließlich jede ihren »zauberhaften Augenblick«: ein paar Fetzen vertraulicher Unterhaltung, besiegelt mit einem Kuß, und, was viel wichtiger ist, einem Polaroid. Susan will ihres ins Net schicken. Ich fragte Karla, was er zu ihr gesagt hätte, und sie antwortete: »Stereoanlagen sind meine Leidenschaft ... aber erst nach dir.« Würg.
Todd kriegte schlechte
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