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Microsklaven

Microsklaven

Titel: Microsklaven Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
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kommentieren und kritisieren. Dann dürften sie durch einen halb durchlässigen Spiegel zusehen, wie der nächste Gewinner auseinandergenommen wird. Schluß mit den Rice-a-Roni-Jahresrationen und Schlafzimmergarnituren.
    Wir unterhielten uns mit einer anderen Frau, die auch Lisa hieß (was leicht zu behalten war, weil wirklich jede Frau, die wir dort trafen, Lisa hieß). »Letztes Jahr haben sich all die Studiobosse in Sachen Multimedia noch so durchgemogelt«, sagte sie, »aber dieses Jahr kriegen sie alle Schiß - sie haben das, was sie tun, nicht im Griff, und das macht sich langsam bemerkbar. Fehler kosten einen Haufen Geld - zum Beispiel der Versuch, Myst zu einem abendfüllenden Film aufzublasen oder Filme auf CD-ROMs zu pfropfen. Das ist ganz schön in die Hose gegangen. Und in New York haben sie immer noch keine Ahnung. Normalerweise sind sie dort immer die ersten, aber in Sachen Multimedia hinken sie meilenweit hinterher, und darüber ärgern sie sich schwarz. Die Leute, die wirklich wissen, wo's langgeht, sind diejenigen, die nicht als Visionäre posieren.« Ich dachte darüber nach und kam zu dem Schluß, daß sie recht hat - kein Geek fliegt runter nach L. A., um mit irgendwelchen Studiobossen bei Spago essen zu gehen. Spago muß zu den Geeks kommen. Ich wette, Spago haßt das. Plötzlich meldete sich Amy zu Wort und sagte zu dem Lisa-Unit: »Genau. Ich arbeite für Castle Rock an Tetris, und es ist unglaublich, wie viele Knallköpfe in einem Medium, von dem sie keine Ahnung haben, den Ton angeben! Die tun alle nur so als ob!«
    Lisa glaubte ihr das - Wort für Wort. Offenbar hatte sie Tetris im ganzen Leben noch nicht gesehen. Das war ein Spaß! Amy fuhr fort: »In der Geschichte der verfilmten Spiele hat meiner Meinung nach nur Tron angedeutet, was möglich ist... Und der ist '82 rausgekommen. Bloß weil ein Spiel Figuren hat, heißt das noch lange nicht, daß sich daraus eine Geschichte machen läßt... Zum Beispiel Super Mario Bros. Wer auch immer das 45-Millionen-Dollar-Budget für dieses unsägliche Machwerk genehmigt hat, ist bestimmt ganz schön ins Schwitzen gekommen.«
    Lisa nickte und sagte: »Und wie hoch ist euer Budget?« Amy lächelte und sagte: »Die Realfilm-Sequenzen machen 'ne Menge aus - ich glaube, wir haben etwa 30 Millionen.« Lisa: »Hast du 'ne Karte? Hier ist meine ...« Am anderen Ende des Raumes war Anatole gerade dabei, ein Lisa-Unit aufzureißen, wobei er überflüssigerweise versuchte, sie mit seinen »außergewöhnlichen Kenntnissen« über Sony-Produkte zu beeindrucken.
    »Das Gute an Sony-Produkten«, sagte Anatole, »ist, daß vorne immer genau draufsteht, worum es sich handelt. Zum Beispiel der CD-Radiorekorder CFD-758 oder der Stereo-Transmitter TMR-IF310 oder der UKW/MW/KW-9-Band-Receiver ICF-SW15.«
    Doch offensichtlich verlieh sein frongsösischer Akzent dem obigen Monolog einen verführerischen Klang, und er und seine Lisa klebten den ganzen Abend zusammen. Karla sagte: »Ist dir schon mal aufgefallen, wie Anatoles Akzent immer stärker wird, sobald er mit Frauen zusammen ist?« Susan plauderte, nur um Emmett zu quälen, mit einem männlichen Lisa-Unit, aber daran hat er sich inzwischen gewöhnt. Susan war auf der Party eine richtige Sensation. Durch Chyx ist sie zu einer echten Kultfigur geworden. Es war, als würde Jim Morrison den Raum betreten, und sie war sofort von Verehrern umlagert.
    Dann sagte Amy hochnotpeinlicherweise ganz laut: »Scheiße, was ist hier eigentlich los? Jedes verdammte Mädel hier heißt Lisa.« Michael glitt herüber, um die Sache schnell wieder auszubügeln: »Sie kommt aus Kanada.«
    »Michael, du hast versprochen, mit mir Martinis zu trinken und hundert Dollar beim Roulette zu verlieren. Außerdem ist das Essen hier das Letzte, und das weißt du genau.«
    »Wo du recht hast, hast du recht.« Und die zwei sausten davon zum MGM Grand. Karla und ich und ein paar Lisas überlegten, was wohl die Scharade-Geste für »interaktives Multimedia-Produkt« wäre. Für »Film« kurbelt man an der Kamera, für »Lied« hält man die Hand an die Lippen; für »Buch« stellt man mit den Handflächen die aufgeschlagenen Seiten dar. Alles, was uns für Multimedia einfiel, war, mit beiden Händen im Raum herumzuzappeln. Es muß auf jeden Fall noch ein eindeutiges Interface gefunden werden, und sei es nur, damit es in fünf Jahren nicht so schwer ist, Scharade zu spielen.
    N achdem wir die Sony-Party verlassen hatten, wanderten wir noch ein wenig in der

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